9. Auftritt

[52] Vorige. Friederike.


ALFRED bei Friederikens Eintreten leise zu Kißling. Bitte, verdufte!

KISSLING. Das ist sie also?

ALFRED. Frage nicht! Verschwinde!

KISSLING mit Verbeugung. Dir zuliebe will ich in den sauren Apfel beißen. Ab hinten.

FRIEDERIKE. Ich habe Sie doch hoffentlich nicht gestört und Ihren Freund vertrieben?

ALFRED. Aber ich bitte Sie, Kißling ist ein leidenschaftlicher Musikfreund, sobald er nur Klavier hört, ist er nicht mehr zu halten. Kleine Pause. Für sich. Wenn ich nur wüßte, wo ich anfangen soll.

FRIEDERIKE. Sagten Sie mir nicht vorhin, Sie hätten mir eine wichtige Mitteilung zu machen?

ALFRED. Das ist auch der Fall. Apropos, Fräulein Friederike, habe ich Ihnen denn schon gesagt, wie sehr ich mich gefreut habe, Sie nach so langer Zeit hier wieder zu sehen?

FRIEDERIKE. Sie waren so freundlich, sich meiner noch zu erinnern?

ALFRED. Hatten Sie denn auch mich nicht vergessen?

FRIEDERIKE. Ich habe Sie doch sofort, trotz des Bartes, wiedererkannt und begrüßt.[53]

ALFRED. Ja, das ist wahr. Aber mein Fräulein, ich – habe ich Ihnen schon gesagt, daß ich im Begriff stehe, mich selbständig zu machen, mir ein Geschäft zu gründen?

FRIEDERIKE. Da gratuliere ich Ihnen aber von Herzen.

ALFRED. Ein großes Detail-Geschäft für Küchengerätschaften und Haushaltungsgegenstände aller Art vom größten bis zum kleinsten, nur reele Prima- Ware zu den billigsten Preisen, unter Zusicherung promptester und kulantester Bedienung. Und deshalb, mein Fräulein, darf ich wohl auch die Frage an Sie richten, ob Sie sich entschließen könnten, – Sie lachen? –

FRIEDERIKE. Weil Sie so viel Worte machen. Warum fassen Sie sich denn nicht kürzer?

ALFRED verblüfft. Ich soll mich kürzer fassen? Freudig. Ja, haben Sie denn erraten, um was ich Sie bitten wollte?

FRIEDERIKE. Wir sollen Ihnen unsere Kundschaft zuwenden und Sie in unseren Bekanntenkreisen empfehlen. Ist's nicht so?

ALFRED. Nicht so ganz, ich hätte eigentlich eine andere Bitte an Sie.

FRIEDERIKE. Und die wäre?

ALFRED. Habe ich Ihnen schon gesagt? – Aber nein, das weiß ich ja selbst, daß ich es Ihnen noch nicht gesagt habe – also bitte, zürnen Sie mir nicht, einmal muß ich es Ihnen ja doch sagen, seien Sie so freundlich und machen Sie die Augen zu, dann habe ich mehr Kurage.[54]

FRIEDERIKE. Sie sind ein drolliger Mensch. Schließt die Augen.

ALFRED. Sind sie auch ganz fest zu?

FRIEDERIKE. Ganz fest!

ALFRED zieht schnell aus der Tasche einen Zettel und liest mit wachsender Erregung und Wärme. Ja, mein Fräulein, lassen Sie es mich Ihnen gestehen, was ich seit den anderthalb Jahren, seit ich Sie zum ersten Male sah, einzig und allein gefühlt und gedacht habe.

FRIEDERIKE mäßig erregt. Das ist ja eine Liebeserklärung, wenn ich das gewußt hätte, hätte ich die Augen schon früher zugemacht.

ALFRED für sich. Sie hat die Augen noch zu, das ist ein gutes Zeichen. Lesend, mit Begeisterung. Unablässig, im Wachen wie im Traume begleitete mich Ihr liebes, holdes Bild, und heitere Zukunftspläne von Liebe und Glück umgaukelten mich. Hat eine ihrer Hände ergriffen.

FRIEDERIKE mühsam atmend. O mein Gott!

ALFRED. Ja, Fräulein Friederike, lassen Sie es mich Ihnen gestehen, was ich schon solange in tiefster Herzensfalte verborgen trage, lassen Sie es mich hinausjauchzen in alle Welt, mein süßes Geheimnis – Friederike, Herzensschatz – süßes Mädchen, ich liebe dich! – Ausrufungszeichen, Gedankenstrich! –

FRIEDERIKE rasch die Augen öffnend. Wie?[55]

ALFRED seinen Fehler erkennend. Gerechter Himmel, ich bin blamiert!

FRIEDERIKE hat sich losgerissen und ist nach der Tür im Hintergrund gelaufen, lachend für sich. Er hats abgelesen!

ALFRED. Sie spotten jetzt wohl meiner?

FRIEDERIKE schüttelt lächelnd den Kopf.

ALFRED. Und Ihre Antwort auf meine Frage, meine Bitte?

FRIEDERIKE neckisch. Die will ich mir jetzt rasch aufschreiben. Eilt ab hinten rechts.

ALFRED glücklich. O, du süßer Schelm! Die will ich mündlich haben! Eilt ihr nach, ab.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 52-56.
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