1. Der Artzt [173] Democedes curiret den König Darium.

Der König Darius, als er einsmals auf der Jagt gewesen / und / indem er von dem Pferde gesprungen / seinen Fuß verrencket / daß er zu Bette liegen / und grossen Schmertzen leiden müssen: Da hat er alle Aertzte aus Egypten zu sich fordern / und ihres Raths begehren lassen; Von denen allen aber keiner ihm helffen können. Zur selbigen Zeit ist unter des Darii Gefangenen auch ein Grieche gewesen / mit Nahmen Democedes, von Crotone bürtig / ein sehr kunstreicher /und bey den Griechen berühmter Artzt / welchen Darius, so bald er von ihm gehöret / gleicher Gestalt zu sich holen lassen / und als er in zerissenen Kleidern mit eisernen Fesseln und Banden an den Füssen erschiene / ihn gefraget: Ob er die Kunst könte / verruckte Glieder wieder zu recht zu bringen? Democedes sich fürchtend / wo er seine Kunst würde zu erkennen geben / daß er nimmer wieder in sein Väterliches Griechenland kommen möchte / hat geleugnet und verneinet / daß er solches könte. Darius hat befohlen / man solte die Pein-Banck und Ruthen und Peitschen herbringen. Da hat sich Democedes gefürchtet / und bekannt / daß er die Kunst wüste. Hat auch den Darium[173] in kurtzem wieder zu recht gebracht: Der ihm dann für die Cur die eiserne Fessel abnehmen / und an statt derselben zwey güldene Fessel verehren lassen. Democedes hat Darium gefraget /ob er ihme wolte ein zwey faches Ubel anthun (auf die Fuß-Helden sehend) dafür daß er ihn gesund gemacht hatte? Darius hat sich dieser Antwort belustiget / und weil er viel Frauen hatte / hat er den Democedem zu ihnen gesandt / daß sie auch sehen solten den Mann /der dem Könige das Leben erhalten hätte. Die Frauen aber des Darii haben Democedi so viel güldene Geschirr geschencket / daß Democedis Knecht / wie er die Geschirr im Sacke nach Hause getragen / einen grossen Klumpen Goldes gesammlet / welches von den Geschirren im Sacke war abgeschabet worden. Durch diese Cur ist Democedes so hoch gestiegen /daß er beym Dario zu Tische gesessen / und einen grossen Pallast / auch viel Goldes und Silbers die Fülle verehret bekommen. Die Egyptischen Aertzte aber / die dem Dario nicht hatten helffen können / hat er alle aufhencken lassen. Durch so grossen Reichthum und Ehre ist dennoch Democedes beym Dario zu bleiben nicht zu bewegen gewesen / sondern er hat sich heimlich davon / und wieder in sein Vaterland gemacht / und alle sein Gut bey Dario verlassen / und nachmahls des Milonis Crotoniatæ Tochter gefreyet.


An Ehre / Reichthum und Freunden mangelts einem Artzt / der seiner Kunst erfahren und mächtig ist / niemahlen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 173-174.
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