74. Vom Triumph oder [304] Ovation der alten Römer.

Es haben die Römer so wol mit ihren Nachbarn / als fremden abgelegenen Völckern / viel und grosse Kriege geführet / und dahero Anlaß und Ursache genommen / den obersten Siegs-Herrn nach geendetem Kriege und erlangter Uberwindung mit grossen Ehren zu empfangen / und in die Stadt zu begleiten. Diese Sieges-Ehre ist zweyerley gewesen. Eine aus dermassen hoch und grosse / Triumphus geheissen / und eine geringere / genennet Ovatio. Der Triumph ist auf folgende Art angestellet und gehalten worden. Wann eine blutige Schlacht mit dem Feinde gehalten / und der Kriegs-Herr den Sieg erlanget / so haben erstlich die Soldaten / darnach der Rath zu Rom / zum dritten der gemeine Mann beschlossen und angeordnet / daß der Siegs-Herr solte mit der höchsten Ehre und Solennität begabet werden / welche daher Triumphus genennet / weil es durch dreyerley Stimmen und Urtheil beschlossen / nemlich der Soldaten / des Raths / und des gemeinen Pöbels. Als ist der Triumphator auf einen vergüldeten Wagen gesessen / dafür vier schneeweisse Pferde gegangen / an[304] dem Haupt tragend einen Lorbeer-Krantz mit Golde durchflochten /um den Leib angethan mit einen Purpur-Mantel voller güldener Sternen: In der einen Hand habend einen Lorbeer-Zweig / in der andern einen Elffenbeinern Scepter. Für ihm seynd hergegangen / erstlich Trompeter und Posauner / mit Kräntzen gezieret / darnach schöne aufgeputzte Wagen beladen mit Raub / so den Feinden abgenommen. Bald darauf seynd gefolget gantz von Holtz künstlich gemachte Städte und Thürme / an Gestalt den Uberwundenen gleich / auf Rädern fortgezogen. Dabey gelegen grosse Stücke ungemüntztes Goldes und Silbers. Item, Kräntze und Kronen / so den Siegs-Fürsten von den Uberwundenen verehret. Hernach seynd geführet viel paar-weisse Ochsen und Elephanten. Nach diesem folgeten die überwundene Feinde / so wol Könige / als andere Fürsten und Kriegs-Helden mit Ketten angebunden. Darauf seynd die Stadt-Knechte (Lictores) mit Purpur-Mänteln angethan / gegangen / und nicht weit von denselben ist einer herein getreten mit einem langen Mantel / besetzet mit güldenen Posamenten und Edelgesteinen / welcher seltzame Possen und Geberden getrieben / damit der Uberwundenen und Gefangenen gespottet / und also ein Gelächter unter dem Volck erreget. Nechst für dem Triumphator ist der gantze Rath von Rom gegangen. Hinter ihm her seynd gefolget die Menge der Soldaten / mit vollem Harnisch angethan / Lorbeer-Kräntze auf dem Haupt habend / und sind also in- und durch die Stadt Rom gezogen: Allda der Triumphator in das oberste Schloß Capitolium in des Jupiters Tempel geführet worden: Dem man zu Ehren einen weissen Ochsen geopfert /[305] darauf alsbald ein herrlich Mahl angerichtet / und der gantze Rath /und die andern Freunde vom Triumphatore köstlich tractiret / auch ein jeglicher mit einem Stück gemüntztes Golds zum Gedächtniß begabet worden. Diß ist die grösseste Ehre / die jemals der Rath zu Rom ausgetheilet / oder den ihrigen erzeiget hat.

Mit der Ovation hats solche Gelegenheit gehabt: Wann zwar ein Krieg geendet / und der Sieg erhalten /aber nicht mit Blutvergiessen oder einer grossen Haupt-Schlacht / sondern entweder durch Accord oder freundliche Vergleichung / oder daß man nicht zu thun gehabt mit mächtigen fremden Feinden / sondern nur mit leibeigenen aufrührischen Knechten / mit See-Räubern und dergleichen / da hat man solchen Siegs-Herrn mit dem Triumph nicht begabet / sondern ihm eine ehrliche / aber dennoch geringere Ehre vergönnet; Als nemlich / er ist nicht auf einem Wagen gesessen sondern zu Fusse gangen (nach Plutarchi Aussage) mit Pantoffeln angethan. Für ihm seynd hergegangen nicht Trompeter / sondern Pfeiffer und Schalmey-Blaser / aufm Haupt hat er gehabt einen Krantz vom Myrten-Baum / wann man ins Capitolium kommen / hat man keinen Ochsen / sondern nur ein Schaaf geopffert / daher dieser Eintritt Ovatio genennet / vom Schaafe. Also ist alles angeordnet / nicht auf grausame Kriegs-Art / wie im Triumph / sondern fein friedsam / gleich einem Spiel und Freuden-Feste. Dann die Flöten der Lustigkeit / der Myrten-Baum aber der Veneri zugeeignet.


Löbliche Thaten seynd billig lobens und ehrens werth.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 304-306.
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