33. Die Siebenschläffer.

[412] An den Papistischen Legenden finden wir / (wie dann auch beym Volateran l. 9.) daß im Jahr nach Christi Geburt 447. sieben Männer gewesen / mit Nahmen Maximianus, Malchus, Martianus, Dionysius, Johannes, Serapion, und Constantinus, welche / wie sie des Tyrannen Decii Verfolgung entfliehen wollen /sich von Epheso[412] auf den Berg Cœlium verfüget /allda in eine tieffe Höle verkrochen / und sich verborgen: Und ob sie schon kein Essen bey sich gehabt /seynd sie durch GOttes Vorsehung vom Hunger nicht angefochten worden / sondern bald in einen süssen Schlaff gefallen / und also schlaffend liegen blieben gantzer 196. Jahr. Nach geendetem Schlaff haben sie sich unter einander beredt / und sind eins worden / um Christi willen die Marter gerne auszustehen / derohalben nach Verfliessung der 196. Jahre / im 30. Jahr der Regierung Käysers Theodosii, aus des Berges Klufft herfür getreten / und am Ostertage in die Stadt Ephesum gegangen / nicht anders meynend / als hätten sie nur einen Tag und Nacht geschlaffen: Man hat aber aus der alten / und daselbst nunmehr ungewöhnlichen Kleidung: Aus ihrer veränderten Sprache / und andern Umständen gemuthmasset / und endlich aus ihrer eigenen Nachsage befunden / was sie für Leute gewesen / und wie lange sie geschlaffen.

Im gleichen Fall / daß zu Lübeck ein Schüler auch sieben gantzer Jahr geschlaffen / und hernach ohngefehr gefunden und aufgewecket worden / bezeuget Cranzius im 8. Buch / Cap. 39.

Die Alten / als Plinius, Apulejus, in flor. Laert. Gellius und mehr / setzen eine ebenmäßige Geschicht vom Epimenide, aus der Insul Creta bürtig / welcher zur Zeit des Pythagoræ von seinem Vatter ausgeschicket / daß er ein verlohrnes Schaaf solte wieder suchen. Dieser ist in der Mittags-Hitze in eine Klufft gestiegen / darinnen er geschlaffen 57. Jahr / ausm Schlaff wieder aufwachend / hat er noch sein Schaaf gesucht / welches er doch nicht gefunden / und sich[413] drum wieder nach seines Vatters Hause begeben /allda er alles gantz und gar verändert gefunden: Doch ist er endlich von seinem jüngsten Bruder / (der nunmehr ein alter Mann war) erkannt worden. Von diesem ist gezogen das Sprichwort / schläffriger als Epimenides.


Der weise Mann sagt: Schlaffen hat seine Zeit. Menschen und Thiere können ohne Ruhe und Schlaf nicht ausharren / aber solcher Schlaf / wie jetzt gedacht / ist nicht natürlich / thut auch weder dem Leibe noch dem Gemüthe wohl: Es sey dann / daß GOtt übernatürlich darbey wircke.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 412-414.
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