48. Zwey Geschichte oder rühmliche Thaten des Griechischen Königs [436] Antiochi.

Antiochus, der die Parther mit Kriegsheer überzogen /ist auf einmal (als beym Plutarho in Apophtheg zu lesen) auf die Jagt geritten / und wie er dem Wilde nachgeeilet von seinen Dienern und Gefehrden abkommen / und in die Irre gerathen. Da hat er ohngefehr ein kleines Bauerhäuslein / darinnen gantz arme Leute gewohnet / angetroffen: Ist hinein gegangen und hat bey den Leuten sich niedergesetzet / die ihn dann nicht gekannt noch gewust / daß er der König wäre. Unter diesen Bauern ist Rede fürgefallen vom Könige / und hat einer sich verlauten lassen / der König wäre wohl fromm und gut genug / hätte aber zween Mängel an sich. Eins / daß er aus allzugrosser Liebe und Begierd zur Jagt die Regierung versäumete /[436] und hochwichtige Sachen hindan setzte. Zweytens / daß er bösen falschen Leuten die meisten Reichsgeschäffte zu verrichten anbefehle. Der König schwieg stille hierzu / und ließ sich nichts mercken. Des Morgens gerathen die Diener und andere Gefehrten / so mit auf der Jagt gewesen / und die ganze Nacht den König gesucht an das Bauerhäußlein / finden den König / und bringen ihm seinen Purpur und Krone / daraus denn die Bauren gemercket und gesehen / daß er der König wäre: Er hat sich aber zu seinem Gesinde gewendet und gesaget: Seithero daß ihr bey mir in meinen Diensten verharret / habe ich nie so viel warhafftiges von mir erzehlen hören / als eben dißmal / von diesen Bauersleuten.


Das war ein herrlich und Königlich Wort: Man findet aber wenig / die es vor gut halten / wann man ihnen die Warheit von ihnen selber berichtet.


Derselbige Antiochus hatte die Stadt Jerusalem belägert; Es ward aber eben zu der Zeit ein hohes Fest von den Jüden gefeyret / da schickten sie an Antiochum, baten um Anstand bis auf 7. Tage. Antiochus bewilliget nicht allein / und gewehret ihnen diese Bitte / sondern ließ auch gar viel grosse schöne Ochsen herbringen / und denen selben die Hörner vergülden / dabeneben eine grosse Menge Gewürtz / schickte solches alles mit grossem Gepränge an das Stadt-Thor / den Juden zur Verehrung auf ihr Fest / und zog wieder nach seinem Läger. Hierüber haben die Juden sich höchlich verwundert / und diese Gutthat gepriesen. Nach verlauffenen 7. Tagen wie das Fest zum Ende / sind sie gutwillig gekommen und dem Antiocho die Stadt / mit allem was drinnen / übergeben.


[437] Mancher richtet mehr aus mit Willfertigkeit / als mit Wehr und Waffen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 436-438.
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