65. Wundersame Bäume.

[463] Es wächset in Italien ein Baum mit gantz breiten Blättern / (daher er auch bey den Griechen und Römern Platanus genennet wird /) ist eine Art von Lönen / nemlich Welschlönen: Dieser Baum bekömmet so eine übermäßige Dicke / Höhe und ausgebreitete Länge / daß / wie Plinius im 12. Buch cap. 1 bezeuget / zu seiner Zeit in Lycia solch ein Platanus am Wege gestanden / solcher Dicke / daß dessen hohler Stamm gleich einem gewölbten Losament / habe in sich gehalten im Umgang 81. Fuß / und sey der Gipffel desselben so grün von Blattern und Zweigen bewachsen gewesen / daß dieser eine Baum einem gantzen Walde ähnlich gewesen / und ein groß Stück Landes mit seinem Schatten bedecket. Er thut ferner hinzu / daß Lucinius Murianus, drittens Bürgermeister / sey in diesen holen grünen Baum gestiegen /darein Tische setzen / für sich anrichten lassen / und mit achtzehen andern Männern gar gemächlich sich gelagert (nach ihrer Weise) und Mahlzeit gehalten. Nicht viel geringer / als dieser Platanus, müssen etliche Bäume in neu Spanien seyn / davon die Indienschreiber vermelden / daß einer von den Spaniern sey gemessen / und dessen inwendige Höle befunden 5. unserer Faden / im Umgang des Stammen Dicke aber 16. Faden.[463]

Gleichergestalt sind auch etliche Bäume / welche viel hundert Jahr grün / blühend und fruchtbar bleiben. Plinius im 16. Buch / Cap. 44. schreibet / daß der Baum Lotus, auf dem Platz Lucinæ zu Rom / damahls sey 450. Jahr alt gewesen / der Ilex aber / ein Geschlechte der Eichen / sey älter als die Stadt Rom selber.

Ein sonderlicher Baum wird gefunden / (nach Aussage und Zeugniß der Indienschreiber) in der Insul Fero, (ist eine den Canarischen) welcher Frucht träget / wie die Eichen / hat Blätter wie ein Welscher Nuß-Baum / sehr schön und wohlriechend / immerdar und das gantze Jahr durch grün: Dieses Baums Eigenschafft ist diese: Weil in der gantzen Insul kein Fluß /oder Bach / oder Brunn / oder Sod / oder einiges Wasser zu finden / auch kein Regen vom Himmel fällt / (wie dann auch in Egypten /) so träuffet aus den Blättern gedachtes Baums immerfort so viel reines /gesundes und schmackhafftes Wasser / daß alles Vieh und Menschen in der gantzen grossen Insul dahin kommen zu trincken / und Wassers die Fülle bekommen. Ist warlich ein Wunderwerck in der Natur / dessen Ursachen dennoch wohl können gegeben und erkläret werden.


Wer kan die Wunder der Natur genug ergründen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 463-464.
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