87. Von [494] Amadys.

Die Historien von Trystan, vom Lancelot und dergleichen / sind alte Römische Gedichte / damit sich die mußige Jugend nun in die 500. Jahr belustigt. Der Amadys aber ist etwas neuer / in den nechst abgewichenen 100. Jahren erstmals in Hispanien erdacht und ausgebrütet. Hernach haben die Frantzosen diese Geburt schön ausgeputzet / und ihr einen neuen Rock angezogen / eben zu der Zeit / wie König Henricus II. in Franckreich regierte / da dann der Amadys in so grossem Preiß gewesen / daß man ehe den Livium, als den Amadys verachtet und verworffen hätte. Der Erfinder und Erdichter ist ein Spanischer[494] Höffling gewesen / ein trefflicher Meister in der schwartzen Kunst /der unterm Scheine einer anmuthigen Historien sein Gifft andern anschmieren / beybringen / und dadurch seine Teuffels-Kunst fortpflantzen wollen. Ist gewesen ein Mahometist oder Saracener / welches Glaubens es zu der Zeit in Spanien viel gegeben. Der Alquiff / die Uganda und dergleichen Zäuberer / werden von ihm die Weisen genennet / und ihre Kunst die vollkommene Weißheit. Niemals hat der Jupiter, noch die Minerva so viel Wunders gethan: Niemahls ist der Abgott Apollo zu Delphis so geehret und gefraget worden / als eben die obbenannten beym Amadys, welcher öffentlich heraus saget / daß diese Kunst löblich / gut und wol vergönnet sey. Derentwegen hat er eine andere Art Zauberer / als Archelaum, Meliam, etc. die nur immer was Böses stifften. Er meldet auch / daß die weise Urganda ihre Weißheit und Kunst von einem Meister mit Nahmen Apollyon, gelernet / ist ohne Zweiffel gewesen der Apollyon, dessen in der Offenbahrung Johannis gedacht wird / nemlich der Satanas selbst.


Derhalben soll ein jegliches Christliches und Tugendreiches Gemüth für dem Amadys einen Abscheu tragen /und denselben wie ein gifftiges Thier fliehen. Viele aber seynd fertiger darinn / dann in der Bibel bewandert.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 494-495.
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