95. [503] Philoctetes.

Dieser ist des Herculis Geselle und Reise-Bruder gewesen: Welcher (Hercules) wie er auf dem[503] Berge Oeta sterben wolte / gab zur Gedächtniß seine Pfeile gantz vergifftet vom Blute Hydræ Lerneæ diesem seinem Freunde / der ihm mit einem Eyd schweren muste / daß er keinem Menschen anzeigen wolte / wo er Hercules gestorben oder begraben. Es geschach aber /daß / wie die Griechen mit der Stadt Troja Belägerung zu thun hatten / der Abgott zu Delphis seine Weissagung herfür brachte / und vermeldete / Troja könte nicht erobert werden / es wäre dann / daß Herculis vergiffte Pfeile in der Belägerung von den Griechen gebraucht würden. Da hat man den Herculem hin und wieder gesuchet: Endlich den Philocterem funden /der anfänglich zwar starck geleugnet / und geantwortet / er wüste nichts von dem Hercule, noch seinen Pfeilen. Doch endlich wie man ihn hart gedrungen /hat er seinen Eyd gebrochen / Herculis Tod bekant /und zwar nicht mit dem Munde ausgeredet / sondern mit dem Fuß auf die Erde gestossen / und also Herculis Grab angezeiget. Er hat auch mit nach Troja gemust / und ist ihm unterwegens ohngefehr einer von den vergifften Pfeilen auf den Fuß gefallen / mit welchem er Herculis Grab verrathen hatte. Diese Wunde hat dermassen gestuncken / daß kein Mensch hat um ihn bleiben können: Daher die Griechen bewogen /ihn nach der Insul Lemno zu schicken und von sich abzusondern.


Meineyd / Untreu / Verrätherey bleibet nicht ungestrafft / und muß man auch den Todten / was man ihnen im Leben versprochen / fest halten.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 503-504.
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