99. Auf Gesundheit einem zutrincken.

[508] Es wird gefraget / ob es Christlich und wol vergönnet sey / ein Ehren- und Lust-Trincklein zu thun auf grosser Herren oder sonsten guter Freunde Gesundheit? Wann kein Uberfluß und Mißbrauch dabey / so könte sich solches wol behaupten lassen / so wol aus Heil. Schrifft / als Profan-Historien. Jerem. Cap. 16. v. 5. 7. lesen wir / daß die Jüden nach vollendeter Leich-Bestattung / ins Trauer-Haus gegangen / sich allda untereinander getröstet / und aus einem besondern Trost-Becher getruncken.

Da ist warlich zu vermuthen / daß sie den überbliebenen Freunden im Trincken Gesundhiet und das Leben gewünschet.

Der Nehemias war Schencke des Königs Artaxerxis / Nehem. c. 1. v. 11. und Cap. 2. v. 13. So offt er[508] eingeschenckt / und den Becher credentzen wolte /sprach er / GOtt gebe dir König ein langes Leben. Was ist das anders / als Gesundheit trincken? Der Prophet und König David trinckt ihm selber einen geistlichen Gesund-Becher zu / im 116. Ps. Welches GOtt der HErr auch thut allen seinen Lieben im 75. Psalm. Endlich hat unser Heyland Christus selber seinen Jüngern den Valets-Becher zugebracht am vorigen Abend seiner Passion / Matth. 25. Luc. 22.

Dafern man sich auch in weltlichen Historien umsiehet / wird man befinden / daß dem Rath zu Rom der Käyser Augustus unter andern die Ehre vergönnet und zugeeignet / daß in den Gastereyen zum unterthänigsten Wolgefallen / auf Gesundheit seiner Majestät ein Freuden-Trunck gebracht werde. Da wird manches schöner Becherlein seyn ausgeleeret worden.


Mäßige Lust und Fröhlichkeit kan GOTT wohl leyden: Insonderheit wann sie geschicht ohn Schaden des Nechsten und unser selbst.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 508-509.
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