14. Vom [668] Victorino und Simpliciano.

Victorinus der berühmte Redner zu Rom kam zum Simpliciano, einen alten verständigen Liebhaber JEsu / und sprach: du solt wissen / daß ich ietz- und auch ein Christ bin. Darauff antwortete Simplicianus: Ich werde es nicht ehe glauben / biß ich dich unter den Christen in der Kirchen sehe. Victorinus, als deme noch tieff das Heidenthum im Hertzen steckete / lachte seiner und fragte: Ob dann die Wände und Mauren einen Christen machten? Da er aber durch fleißiges Lesen in Heil. Schrifft zum rechten Erkäntniß und Glauben kommen war / ermahnete er selbst Simplicianum, und sprach: Wol auff! laß uns in die Kirche gehen / ich will ein Christ werden / und hat da öffentlich den Christlichen Glauben bekannt / und dadurch bey allem Volck eine grosse Freude erwecket.


1. Es ist nicht viel zu halten von denen / die gute Christen seyn wollen / und doch nicht zur Kirchen kommen.

2. Ob wol das Kirchen gehen / niemand in den Himmel hebet / so muß man doch die Versammlung nicht verlassen.

3. Der Kirchgang kan auff gewisse Maaß ein Kenn-und Merckzeichen des Christenthums genannt werden.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 668.
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