37. [693] Thales Milesius hat einen klugen Maul-Esel.

Thales Milesius hatte einen Maul-Esel / welcher fast klüger war / als seine Natur mitbrachte. Denn als ihn sein Herr mit Saltz beladen hatte / und er damit durchs Wasser gehen solte / legte er sich nieder / und weil das Saltz im Wasser guten Theils verschmoltzen / befand er im auffstehen und herausgehen / daß seine Last viel leichter worden war. Darum gedacht er in seinem viehischen Verstand / das wäre gut / er wolte dergleichen mehr practiciren. Das merckete sein Herr der Thales, und damit er List möchte mit List vergelten / so legte er dem Esel eine Last auff von Wolle und Schwämmen / und ließ ihn damit hinwandern. Der Esel meynete / er wolte ihm wiederum eine Leichterung schaffen / wie zuvor / und legte sich abermal ins Wasser. Aber die Wolle und Schwämme zogen das Wasser an sich / und machten die Last viel schwerer / als sie zuvor gewesen war. Also erfuhr der gute Esel / daß er nicht viel gutes damit ausgerichtet hatte / und von der Zeit an legte er sich keinmal mehr nieder; sondern trug das Saltz allemal unversehret durchs Wasser hindurch.


1. Bey den Thieren findet sich offt grosser Witz.

2. Füchse muß man mit Füchsen fangen.

3. GOtt legt uns eine Creutz-Last auff / die müssen wir in Ungedult nicht abwerffen / sonst häuffen wir nur die Plagen.

4. Darum fasset eure Seele mit Gedult.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 693.
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