1. [762] Archidamus legt bey Streit zwischen zween streitenden Freunden.

Bey dem Plutarco in Lacon, lieset man folgende Historie. Es ward Archidamus von zween Freunden / die mit einander in Streit und Mißverstand gerathen / zu einem Unterhändler erbeten. Darüber ward er Anfangs etwas bestürtzt / und wuste nicht / was zu thun wäre. Solte ers abschlagen / so besorgte er / sie würden ihm solches übel aufnehmen. Solte er aber über ihre Sache seine Meynung frey heraus drücken / fürchte er / solche würde dem einen zuwider gehen / und dadurch von einem Danck und Freundschafft / vom andern Undanck / Zorn und Unwillen zu Lohn empfangen. Nachdem er nun lange Zeit die Sache reifflich erwogen hatte / fiel ihm folgendes bequemes Mittel ein. Er führete sie beyde in einen Wald / welcher der Göttin Minervæ geheiliget war / und forderte allda von ihnen den Eyd / daß sie es bey seinem Urtheil wolten beruhen lassen. Nachdem sie den begehrten Eyd willig abgeleget hatten / sprach er: Das ist mein Auspruch /daß ihr euch nicht ehe von dieser heiligen Stätte machet / biß daß ihr alle[762] Feindschafft abgeleget / und euch mit einander vertragen habt. Dieß liessen sie ihnen beyderseits gefallen / vertrugen sich und wurden wiederum gute Freunde.


Wir Christen sollen dieß Exempel zur Christlichen Nachfolge gebrauchen / und versöhnlich seyn mit unserm Neben-Christen / Aber leider! Es leben viele in solcher Verbitterung mit einander / daß kein Friede und Eintracht bey solchen Starrköpffen zu hoffen ist.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 762-763.
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