30. [793] Faustinæ ungebürliche Liebe.

Daß die Liebes-Begierden einen Menschen offt wunderbarlich verleiten / solches bezeugen gar viel Exempel. Nur eines zu berühren / aus dem Suetonio Tranquillo in Vit. Cæsarum, da gedencket er der Faustinæ der Käyserin / wie sie verblendet von ihren eigenen Begierden und Lüsten / nicht achtend die schuldige Pflicht / die sie ihrem Ehe-Herrn dem Käyser versprochen / sich ungebührlich verliebet habe in einen geringen Fechter. Wie aber die Eltern und Freunde solches vermercket / haben sie denselbigen Fechtmeister umbringen lassen. Das ward der Faustinæ kund gethan /daß ihr unzeitiger und unglücklicher Buhler todt / darauf hat sie zu ihren Dienerinnen gesaget: Verschaffet mir etwas von seinem Blute / als hätte sie wollen sagen: Dieweil ich nun meines Liebhabers beraubet bin / nicht mehr mag seine Gegenwart geniessen / und mich derselbigen erfreuen / so holet mir etwas seines Blutes / damit ich mein mattes Hertz damit erquicke /und die in mir brennende Liebes-Flamme lesche.


Die Liebe ist blind / sie fällt sobald auf das Ungestalte /als auf das Wolgestalte. Viel Christen verlassen GOtt und verlieben sich in die Welt: Aber O thörichte Menschen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 793.
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