51. Vom H. [816] Laurentio.

Der Heilige Märtyrer Laurentius, (wie die Kirchen-Historien vermelden /) hat gelebt um das Jahr Christi ungefehr zweyhundert funfftzig. Ist bürtig gewesen aus Spanien. Von seinen Eltern / wer sie gewesen /und wie sie geheissen / wird nichts gründliches gefunden; Doch ist er ohne allen Zweiffel / von solchen Eltern entsprossen / die ihn zur H. Tauffe befördert /und ihn Laurentius nennen lassen / vom Lorbeer-Baum / der Winter und Sommer grünet. Wie er zu seinen Jahren kommen / hat er sich in den[816] geistlichen Stand begeben / und ist Diaconus oder Caplan der Römischen Kirchen / auch zu einem Kasten-Herrn der geistlichen Güter verordnet worden. Der damahlige Bischoff zu Rom hieß Sixtus, wie derselbige zur Marter geführet ward / ist deßwegen Laurentius Traurens voll geworden / und hat angefangen bitterlich zu weinen / auch ihn mit diesen Liebes-Worten angeredet: O lieber Vater! Wo gehet ihr hin / wollet ihr denn euren Sohn nicht mitnehmen? Habt ihr mich im Amte stets um und bey euch gehabt? Warum wolt ihr mich nicht auch zu einem Gesellen des Todes annehmen? Sixtus hat ihm geantwortet: O mein lieber Sohn! ich verlasse dich nicht / nach dreyen Tagen wirst du mir folgen. Laß dir nur die Schätze der Kirchen treulich befohlen seyn. Wie diß der Königliche Stadthalter gehöret / hat er ihn lassen greiffen / und ins Gefängniß legen / mit dem Befehl / er soll die Schätze dem Käyser übergeben. Laurentius begehret drey Tage Frist / auf daß er das Geld zusammen bringen möchte. Unterdessen fordert er zu sich alle arme Wittwen und Wäysen / und andere nothleidende Christen / und theilet unter ihnen das Geld aus. Nach dreyen Tagen / da man das Geld begehret / müssen die Armen wieder zu ihm kommen / die zeiget er dem Käyserlichen Stadthalter / und spricht: Sehet / das seyn die Kirchen-Schätze. Was man solchen Leuten giebet / das ist unverlohren. Darüber ward der Tyrann sehr erbittert / befahl dem Hencker / ihn alsobald auf einen eisernen Rost über das Feuer zu legen / das auch geschehen. Man schreibet /daß er in solcher Noth sehr gestärcket sey. Ein Heil. Engel / in Gestalt eines schönen Jünglings / habe ihm den[817] Schweiß abgewischet / und ihm alle Schmertzen gelindert / daß er mit Freuden gesaget: Diese glüende Kohlen machen mir gar keine Quaal und Pein. Er habe sich auch gewendet zu dem dabey stehenden Tyrannen / und gesaget: Wolan! die eine Seite ist gebraten / friß du Menschen-Fresser. Hat darauf seine Seele Christo befohlen / und ist selig eingeschlaffen.


Viele haben den Nahmen mit der That. Was dir befohlen ist / deß nimm dich treulich an. Was im Gesange ist die liebliche Zusammenstimmung / das ist in der Kirchen die Einigkeit / sagt Augustinus: Mit Kirchen-Gütern soll man treu und redlich handeln. CHristo muß man getreu seyn biß in den Tod.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 816-818.
Lizenz:
Kategorien: