50. Von des [815] Cleantis, Diogenis und Plauti Begierde zu lernen.

Bey dem Laërtio lib. 7. lieset man vom Cleante, daß er anfangs gehabt einen groben ungelehrten Kopff /aber in der Mühe und Arbeit ist er gewesen über alle massen gedultig. Er hat sein gantz Gemüth zu Erlernung guter Künste gewandt / ist gekommen nach Athen / und gehöret den gelehrten Mann Zenonem. Weil er aber arm und unvermögen / hat er des Nachts einem Gärtner Wasser getragen / damit er das Brod verdienete / daher er auch genannt φριάντης, das ist /ein Brunnen-Ausschöpffer. Des Tages studierete er /und weil er nicht Geld hatte / Pappier und Schreib-Bücher zu kauffen / so zeichnete er ihm auf Thon /Scherben und Ochsen-Beine / was er aus dem Munde seines Præceptoris hörete.

Antisthenes, da er in Piræeo wohnete / gieng alle Tage einen weiten Weg gegen Athen / daß er allda in der Schule den Socratem hörete. Als er nachgehends ein fürtrefflich gelehrter Mann geworden / und selbst eine Schule aufrichtete / aber vermerckte / daß viel Zuhörer seiner Lehr nicht folgen wolten / ward er zornig / und wolte niemand mehr unterweisen / derowegen er auch den fleißigen Schüler Diogenem von sich treiben wolte. Als aber dieser wieder kam / und mit grösserm Fleiß sich einstellete / dräuete ihm Antisthenes, er wolte ihn mit dem Stecken abtreiben / wie er ihn dann auch mit dem Bacul etliche mal getroffen /aber[815] er wolte nicht weichen; sondern sprach: Schlag du nur wacker darauf / ich wil dir den Kopff mit Gedult herhalten: Dann einen solchen harten Prügel wirst du nicht finden / mit dem du mich von deinen Disputationibus und von deiner Lehre abtreiben kanst. Da diese Lust der Antisthenes vermerckete /ward er sein bester Freund / und lehrete ihn mit Freuden / alles was er wuste.

Plautus, der fürtreffliche Comœdien-Schreiber muste Armuths halber zu Rom um das Brod mahlen. Dabey studierete er mit Fleiß / brachte es endlich so weit / daß auch Varro von ihm schreibet / wann die Musæ Lateinisch reden solten / so würden sie sich seiner Art im Reden gebrauchen.


Lust und Liebe zum Dinge / macht alle Arbeit geringe. In der Jugend kan man bald mercken / was aus einem werden wil.


A teneris assuescere multum est.

Hansellus teneris quicquid non discit in annis,

Hans nunquam discet; semper ineptus erit.


Es ist nichts in der Welt / sagt Seneca, das eine standhafftige Mühe / eine fleißige Sorge und Verrichtung nicht überwinden könne.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 815-816.
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