69. Wie wunderbar [834] Eudoxia Käyserin geworden / und wie der Käyser Theodosius einen schweren Argwohn auf sie geworffen.

Diese Eudoxia war eines Heydnischen berühmten Philosophi, Nahmens Leontii, Tochter; Wie derselbige starb / und in einem Testament seinen Söhnen vermachte alle seine Güter / und diese seine Tochter ausschloß / verdroß ihr solches gar sehr / machte sich demnach auf / und zog hin zum Käyser Theodosio, sich deßwegen zu beklagen. Sie kam aber erstlich zu der Pulcheria, des Käysers Schwester / einer tugendsamen und vernünfftigen Matronen / und bracht ihr Anliegen bey ihr vor / mit solcher Zierlichkeit und Bescheidenheit / daß des Käysers Schwester sich nicht gnug darüber verwundern konte / wie sie denn in der Philosophie, auch Griechischer und Lateinischer Sprache dermassen gelehret war / daß ihres gleichen[834] nicht wol zu finden gewesen. Pulcheria war lang damit umgegangen / wie sie ihrem Bruder dem Käyser ein vernünfftig Weib freyen möchte / darum trägt sie um diese an; Der Käyser siehet selbst / daß sie mit hohen Gaben des Verstands und der Wohlredenheit begabt ist / und lästs ihm gefallen: Dieweil sie aber eine Heydin war / ist sie in der Christlichen Religion informiret / darauff getaufft / und an statt ihres vorigen Nahmens / da sie Athenais geheissen / Eudoxia genentet worden. Was geschah / einsmals hatte der Käyser einen schönen Apffel / den verehret er seiner Gemahin der Käyserin. Nun war zu Hofe ein hochgelehrter Mann / Paulinus geheissen / von welchem die Käyserin Eudoxia wegen seiner Geschicklichkeit viel hielte / wie sie hörete / daß derselbige kranck wäre /schickte sie ihm den schönen Apffel: Dieser / wie er wieder gesund worden / gieng mit dem schönen Apffel zum Käyser (nicht wissend / daß er denselbigen der Käyserin verehret) und præsentiret ihm den in tieffster Unterthänigkeit. Der Käyser der kannte so bald den Apffel / gehet zur Käyserin Eudoxia, und fraget: Wo sie den ihren geschenckten Apffel hätte? Sie erschrack / und sagte: Sie habe ihn gegessen / und schwur darzu / daß dem also wäre. Der Käyser entrüstet / zog den Apffel heraus / warff auf sie und den Paulinum einen bösen Verdacht / ließ den Paulinum tödten / die Eudoxia aber muste in das Elend wandern / darinn sie auch gestorben.


GOtt führet seine Heiligen wunderlich. Glück und Glaß / wie bald bricht das? Aus Eyfer und falschem Argwohn begehet man offt grosse Thorheiten.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 834-835.
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