17. [894] Cispeli wunderliche Erhaltung.

[894] Es war zu Corintho ein gewaltiger Mann / hieß Eëtion, der freyete eine Person / aus grossem Stamme /welche hinckte / mit Nahmen Labda, mit der hatte er eine geraume Zeit keine Kinder. Darum befragte er das Oraculum, ob er auch Kinder mit ihr haben würde? Da ward ihme geantwortet / sein Weib würde einen Löwen zeugen / der würde starck und trotzig werden. Da nun Labda einen Sohn gebahr / beschlossen die Corinther / das Kind umzubringen / und sandten zehen Männer hin solch Kind zu tödten / die kamen zur Kindbetterin ins Hauß. Labda empfänget sie freundlich / meynet sie wären gekommen ihr Glück zu wünschen. Diese Männer begehrten ihr Söhnlein zu sehen. Die Mutter gab das Kind einem auf die Arme / da es denselben überaus freundlich anlachete / gab ers dem nechsten / und das geschahe also biß auf den letzten Mann / und hielt sich das Kind gegen die zehen Männer also freundlich / daß es niemand tödten kunte / sie gabens der Mutter wiederum / und giengen zum Hause hinaus. Da sie nun aus der Thür getreten / straffet einer den andern / daß sie sich so weibisch gehalten / und zu der Barmhertzigkeit sich also hätten bewegen lassen / schliessen derwegen wieder umzukehren / den fürgenommenen Mord am Kinde zu vollbringen. Solchen Anschlag höret die Mutter / verstecket das Kind ins Stroh / das kunten sie nicht finden / wie fleißig sie es auch suchten. Das Kind war genennet Cispelus, regierte darnach zu Corintho dreyßig Jahr / war ernsthafft und gestrenge / starb endlich in guter Ruhe.


Wen GOtt erhalten will / den kan kein Mensch verderben.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 894-895.
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