18. Königs [895] Antigoni Begierigkeit zu lernen.

Wie begierig König Antigonus der Lehre gewesen sey / kan einer aus dem Schreiben an den Philosophum Zenonem gethan / leicht abnehmen / welches also lautet: König Antigonus wünschet Zenoni Glück. Ich erachte / daß ich im Glücke und Ehre dir wol fürgehe /aber erkenne dabey / daß du mit Geschicklichkeit und vollkommener Glückseligkeit / die bey dir ist / mir es weit zuvor thust. Darum bitte ich / daß du zu mir kommen wollest / hoffende / du werdest dich darinnen gutwillig erzeigen / daß wir deiner Beywohnung mögen geniessen / denn ich bin gewiß / daß du nicht allein mein / sondern aller meiner Macedonier und Unterthanen Unterweiser seyn wirst. Denn der den König unterweiset / der unterweiset zugleich die Unterthanen in Tugenden der Frömmigkeit und Starckmüthigkeit / dieweil gern die Unterthanen seyn / wie ihr Herr ist. Gehab dich wohl. Hierauf antwortet der Zeno also: Deinen Fleiß zu lernen lasse ich mir überaus wohl gefallen / denn die zu der Lehre der Philosophiæ Lust tragen / und meiden Wollust die etlicher Jünglinge Gemüther weibisch machet / die bleiben bey der Tugend / und erhalten natürlichen angeerbten Adel. Denn wenn das Gemüthe zu solcher Disciplin geneiget / und der Gebrauch und fleißige Institution darzu kömmt / wird ein solcher leichtlich zur Vollkommenheit der Tugend aufsteigen. Wenn mich aber mein hohes Alter / der ich von achtzig Jahren / und einen schwachen Leib habe / nicht hindert wolt / ich selber zu dir kommen seyn / wie du an mich[896] begehrest / dieweil mir aber beschwerlich fürfällt / habe ich von meinen Haußgenossen / als Perseum und Philonidem, zu dir schicken wollen / die mir in Gaben des Verstandes nicht ungleich / und an Leibeskräfften mir weit fürgehen. So du mit diesen beyden freundliche Beywohnung halten wirst / wirstu bald zur vollkommenen Glückseligkeit kommen. Hiemit gehab dich wohl. Diogenes Laërtius lib. 7. de vitis Philosophorum.


Grosser Herren beste Zierde ist die Weißheit. Darum schäme ich niemand etwas zu lernen / wie groß er auch sey.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 895-897.
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