21. [899] Augusti Langmuth.

Seneca schreibet vom Käyser Augusto, da ihm glaubwürdig war fürgekommen / daß Pompeji Brudern Sohn L. Cinna ein Edler Jüngling / dem Käyser nach dem Leben stunde / darüber er denn nicht unbillich zu Zorn war angereitzet / spricht sein Gemahl zu ihm: Ach Käyser / folge meinem Rath / den ich dir geben will. Thue wie Aertzte[899] pflegen / wenn die gewöhnliche Artzneyen nicht helffen wollen / so versuchen sie die Widerwärtigen: Dieweil du mit deinem Ernste biß anhero nichts hast ausrichten mögen / so versuche doch die Gütigkeit / und verzeihe Lucio Cinnæ, dieweil dir schon sein Anschlag offenbahr ist / und dir nun am Leben nicht schaden mag. Er kan aber deinem guten Nahmen viel Nutz schaffen / um dir ein ewiges Lob zuwege bringen. Diesem guten getreuen Rathe folgete der Käyser / ließ Cinnam sich fodern / und neben ihm auf seinen Stuhl sitzen / führete ihm fürs erste zu Gemüthe viel erzeigete Wohlthaten / wie er ihm sein Leben hätte geschencket / und alle seine Güter gelassen / da er ihn in der Gesellschafft seiner Feinde hätte betreten / darnach ihn zur höhesten /Priesterlichen Würden gesetzet und befördert / diesen Lohn wollestu mir aber dagegen geben / saget er / da du mir mein Leben undanckbarlich nehmen woltest. Erzehlete dabey seine Mitgehülffen / auch Zeit / Tat und Stette / da er mit den Seinen solches ins Werck zu bringen entschlossen hatte / etc. Da nun Cinna erstummete / und seines bösens Gewissens halben nicht antworten kunte / hebet der Käyser weiter an / da nun den Cinnam, wie er verdienet / weidlich / durch den Hechel hatte gezogen / sprach er / Cinna, ich schencke dir dein Leben / erstmals als einem Feinde / nun aber als einem heimlichen Meuchelmörder / von diesem Tage wollen wir neue Freundschafft machen /und will sehen ob ich dir mit grösserm Vertrauen und Glauben dein Leben geschencket habe / oder ob du mir fleißiger dancken werdest / daß du hinförder durch meine an dir gewiesene Gnade länger leben kanst. Darnach machte er ihn zum Bürgermeister /und ist Cinna dann[900] überwunden / und des Käysers bester Freund geworden.


Der Poet hat wohl gesagt: Optima vindictæ ratio: si lædere ausis, ignoscas. Das ist die beste Weise sich zu rächen / wenn man dem verzeihet / dem man schaden könte. Mit Gutem richtet man offt mehr aus / als mit Bösen. Verständiger Weiber Rath ist nicht zu verachten.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 899-901.
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