28. Pilati Begräbniß.

[910] Hievon erzehlet Mich. Sachs in der Käyser-Chronicke f. 33. 34. folgendes: Als Käyser Tiberius erfuhr / daß Pilatus Christum gecreutziget hatte / der doch so viel Göttliche Wunderwercke geübet / und so vielen Menschen geholffen hatte / ohne allen Gebrauch der Artzeney / in einem Huy und Augenblicke / ward er zornig auf ihn: Denn er hätte seiner Hülffe in seiner Kranckheit auch gern gebraucht / forderte derwegen Pilatum gen Rom / und da er vernahm aus seiner Bekänntniß / daß er ihn unverschuldet zum Tode verdammet hätte / alleine den Jüden zu hofiren / fällete er wieder ein ernstes Urtheil eines schändlichen Todes über ihn. Als das Pilatus hörete / fiel er in Verzweiffelung / und erstach sich selber im Gefängniß / damit er nicht öffentlich dörffte gerichtet werden / da nun der Käyser dessen berichtet ward / antwortet er: Verè mortuus est morte turpissimâ. Er ist recht gestorben des allerschändlichsten Todes / weil er ihm selber das Leben genommen / und ein Mörder an seinem Leibe geworden ist / befahl derowegen ihm einen Stein an den Halß zu binden / und den verfluchten Cörper in die Tyber zu versencken. So bald das geschach / hörte[910] man ein überaus wunderbares Spiel der Teuffel mit dem Cörper / balde zuckten sie den empor in die Lufft / mit greßlichem Geschrey: Bald warffen sie ihn wieder in das Wasser / erregten dabey solche Ungestüme Sturm-Winde / greuliches Ungewitter / Erregung und Uberlauffung des Wassers / daß man sich der Stadt Verderbens und Untergangs besorgen muste: Darum nahmen sie den verfluchten Leib / führeten den weit weg / und stürtzten ihn in eine tieffen Dümpffel des Rhodans. Da nun des Orts wieder sich ein Ungestüm erhob / daß niemand da handthieren und sicher wandeln konte / zog man den abermal heraus / und wolte ihn in die Erde scharren bey der Stadt Losanna, aber die Teuffel erzeigten auch da ihre Wunderspiel / tobeten und wüteten also / daß jederman in grosse Furcht und Schrecken gerieth. Nahmen also zum vierdtenmal den Cörper / führten ihn auf das Schweitzer-Gebürge / und stürtzten selbigen in eine tieffe Grube / oder weiten tieffen Sumpff / am Berge Fraomont genannt /so zwischen der Stadt Lucern und Unterwalden liegt /in einem dicken und finstern Walde / derselbe Sumpff wird noch heute zu Tage genannt Pilatus-See / und ist mit starcken Schrancken wohl verwahrt / der Ursach halben / daß niemand darzu kommen / oder etwas darein werffen könne / dann man sagt beständiglich / daß so balde jemand freventlich darzu gehe / dabey Pilati gedencke / oder ein Stein und Holtz hinein werffe / so sollen sich schreckliche Ungewitter erheben / und das Wasser also anfangen zu toben / und überzuschiessen / daß es Leuten / Viehe und Früchten Schaden thue /Städte und Dörffer verderbe im Thale.


[911] Pilati Leichnam mag seyn wo er wolle / uns lieget nicht viel dran / gewiß ist / daß er seiner Straffe nicht wird entgangen seyn.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 910-912.
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