57. Vom Götzen [948] Harpocrate.

Augustinus in seinem 18. Buch von der Stadt GOttes am 5. C. meldet aus Varrone, daß Osiris (welchen er Apis nennet) von den Egyptiern als der höchste GOtt sey verehret worden / dergestalt / daß niemand bey Lebensstraffe habe sagen dürffen / daß er ein Mensch gewesen wäre. Zu solchem End ist auch in allen Tempeln / da die Isis und Osiris verehret wurden / ein Bild aufgerichtet gewesen / welches den Finger auf die Lippen legte / damit anzuzeigen / daß man verschweigen solte / daß sie wären Menschen gewesen /und dieser Götze ward Harpocrates genannt. Plutarchus aber in seinem Büchlein von der Iside und Osiride dichtet / daß dieser Harpocrates von ihnen gebohren sey / als Osiris nach seinem Tode bey der Iside gelegen habe: Weil aber das Kind todt auf die Welt kommen sey / daher zeige sein Bild mit dem auf den Mund gedrucktem Finger an / daß es noch nicht geredet habe. [948] Plinius und Catulus gedencken dieses Götzens auch offt / und gebrauchen dessen Nahmen von einen stillschweigenden oder stummen Menschen / welches daher zum Sprichwort worden ist.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 948-949.
Lizenz:
Kategorien: