63. Der keusche und tapffere [953] Bellerophon.

Bellerophon, ein Sohn Glauci, und Enckel Sisiphi, hat anfänglich regiert zu Ephyra, welcher hernach Corinthus genannt: Ist aber seines Reichs[953] durch Prætum der Argiver König beraubet worden welchem er auch gedienet hat. Als er aber der unzüchtigen Zumuthung Sthenobœæ oder Anthiæ des Weibes Præti nicht wolte gehorchen / hat ihn dieselbe bey Præto der gesuchten Unkeuschheit fälschlich beschuldiget /welcher ihn deßwegen zu Ariobato dem Könige in Lycia seinem Schwäher sandte / und denselben durch ein Schreiben vermahnete / Bellerophontem zu tödten: Darauf hat ihn derselbe zu der Chimæra geschickt / welche doch erleget hat / wie droben ist erzehlet worden. Nach diesem ist er zu den Solymis, darnach auch zu den Amazonen abgefertiget / letztlich auch von einem Hauffen der streitbarsten Lycischen Jünglinge / von Ariobato darzu bestellet / hinterlistiger Weise angefallen worden / hat aber allenthalben seine Feinde erlegt und ihnen obgesieget: Da verwunderte sich Ariobatus über die Fürtrefflichkeit des Jünglings / gab ihm seine Tochter Philonomen zum Weibe / und verließ ihm nach seinem Tode zum Nachfolger im Reich. Apollodorus dichtet: Als Bellerophon nach erlegter Chimæra mit dem Pferde Pegaso habe in den Himmel fliegen wollen / habe ihm Jupiter einen Schwindel zugeschickt / dadurch er vom Pferde gestürtzet / das Pferd aber unter die Gestirne gesetzet sey. Palæphatus erkläret diese Fabel / sagende: Bellerophon sey ein Phrygier gewesen aus einem Corinthischen Geschlechte / welcher als ein See-Räuber mit einem langen Schiffe / Pelagus genannt / an dem engen Meer zwischen Asia und Europa Beute gemacht habe. Und sey ein Berg in Phrygia / Nahmens Thelmissus, bey welchem ein anderer liege / Chimæra genannt / nahe bey einem Walde / aus welchem Feuer[954] herfürkommen seye: Auf dem Berge Chimæra seyn viel schädliche Thiere gewesen / Löwen / Drachen /und dergleichen / diesen Berge Bellerophon gantz angezündet / da seyn die Thiere umkommen.


Von Bellerophon ist gekommen das Sprichwort: Bellerophontis literæ, wird verstanden von solchen Brieffen / welche erdichtet und ihren Trägern zuwider sind /welche man auch pflegt zu nennen Urias Brieffe.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 953-955.
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