64. Gottlosigkeit [955] Tantali.

Tantalus ist gewesen ein König in Phrygia / welcher nicht allein dem Trojanischen Könige / Tros seinen Sohn Ganymedem geraubet / und dadurch einen hefftigen Krieg wider sich erreget hat / in welchem er sammt seinem Sohn Pelope aus dem Reich verjagt ist / sondern auch so gottloß gewesen ist / daß die Poeten dichten / daß er einmahls die Götter beherberget / da habe er / ihre Gottheit zu erforschen / seinen eigenen Sohn Pelopen in Stücke zerschnitten / gekocht und ihnen fürgesetzt / dessen sich doch die Götter enthalten haben / die eigene Cererem ausgenommen / welche die Schulter verzehret / an deren statt ihme dennoch Jupiter, nachdem er ihn wieder lebendig gemacht / eine helffenbeinerne wieder gegeben habe. Weil er auch die Heimlichkeit der Götter offenbahret hatte / sey er zur Höllen gestossen und mit solcher Straffe beleget worden / daß er biß an den Mund im Wasser stehende und über seinen Kopff die schönste Aepffel hangend sehend / dannoch allezeit Durst und Hunger habe leiden müssen / dann so offt er sich nach dem Wasser bücken / oder nach den Aepffeln habe greiffen wollen / seyn dieselbe dermassen von ihm weggewichen / daß er sie nicht habe anrühren oder erreichen können.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 955.
Lizenz:
Kategorien: