86. Warum die Egypter den Crocodil in Ehren gehalten haben?

[976] Die Stadt Arsinoe in Egypten ist nach Strabonis Meynung zuvor Crocodilen-Stadt genennet worden /weil die Egypter in derselben Gegend solche Thiere sehr verehrten / deren sie eins zahm machten / und als heilig in einem See absonderlich erhielten / auch mit Brodt / Fleisch und Wein speisen / welche von denen zu solchem Schau-Spiel kommenden Frembdlingen gebracht wurden. Strabo, welcher zu seiner Zeit diese Bestie gesehen hat / thut hinzu: Ein frembder unter andern sehr geehrter Mann / welcher uns den Gottesdienst zeigete / kam zum See / und brachte ein Küchlein gebraten Fleisch / und ein Gefäß mit[976] Meet mit sich auf der Mahlzeit. Das Thier funden wir am Ufer /und thäten ihm etliche unter den Priestern das Maul auf / ein ander warff den Kuchen / und das gebratene Fleisch hinein / und goß zuletzt den Meet hernach. Darauf sprang die Bestie in den See / und schwumm auf die andere Seite desselben. Diod. Siculus meldet /daß die Egypter darum den Crocodilen göttliche Ehre angethan / weil die Räuber aus Africa und Arabia durch Vielheit solcher Thiere abgeschreckt werden /daß sie nicht über den Nilum schwimmen / welches nicht geschehen würde / wenn die Thiere durch die Jäger ausgerottet würden. Es wird auch eine andere Historie von ihnen erzehlet / nemlich / daß einer von den alten Königen Menas genannt / als er von seinen Hunden in den See Myris getrieben ward / von einem Crocodil sey auf den Rücken genommen / und mit grossem Wunder auf die andere Seite getragen sey /daher habe der König eine Stadt an demselben Ort nach des Crocodils Nahmen gebauet / solchem Thier göttliche Ehre anzuthun befohlen / und denselben See zu ihrem Unterhalt verordnet / auch daselbst sich ein Grab mit einer vierecketen Pyramide, desgleichen den wunderlichen Labyrinth erbauet habe.


Kein Ding ist so böß / es ist vor etwas gut: Kaum sind schändlichere Abgöttische gewesen / als die Egypter.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 976-977.
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