27. Hanß Laß Dünckel.

[546] Es haben viele / bevorab die / so der Unwissenheit verdächtig sind / den Gebrauch / daß sie in Zusammenkünfften / welche zur Ergetzlichkeit angestellet /aufgezogen kommen mit spitzigen / tunckelen und eitelen Fräglein / damit sie hierdurch von jederman sie gar klug und sinnreich mögen gehalten werden.

Einen solchen Gesellen stellet uns vor Augen / und mahlet mit lebendigen Farben ab der vielwissende / Plutarchus im 2. Buch seiner Gast Fragen. Ein vornehmer reicher Mann zu Rom stellete ein groß Gastmahl an / und lud unter andern auch viel gelehrte und weltweise Leute darzu. Wie sie in der besten Lust und Gespräch waren / fand sich ein junger Phantast / der sich[546] bedüncken ließ / er wisse alles / und noch mehr als alles / wolte gleichsam von solcher Weißheit bersten / darum war es ihm unmöglich länger zu schweigen / fieng derhalben an folgender Gestalt aufzuschneiden: Nachdem ich / sprach er / hier vor mir sehe so viel alte / weitberühmte / hochgelehrte und erfahrne Leute / und aber einen Zweiffel habe / darüber ich mich lange Zeit sehr gequälet / manche Nacht schlaffloß zugebracht / mit vielen Unterredung gehalten / viel Bücher nach geschlagen / vieler Meynungen durch Schreiben erforschet / und dennoch gleichwol keine gnugsame Antwort und Aufflösung dieser Frage erlanget habe / so wolte ich hierüber der anwesenden Herren Bedencken und Meynung auch gerne erforschen. Jederman war still / spitzte die Ohren / und meynte / es würde etwas sonderliches vorgebracht werden / des gantzen gemeinen Wesens Nutzen und Wolfarth betreffend. Da sprach der Klügling: Ich /liebe Herren / befinde / daß / wann ich in einen Topffe weiß und schwartze Bohnen unter einander menge /und am Feur wohl sieden und kochen lasse / dennoch das Gemüsse davon einerley Farbe ist / nemlich weisser; Dieses Geheimnisses Ursache verlanget mich zu wissen / und habe sie bißher nicht erfinden können. Aus beschehenem Anbringen konten die hochverständigen Leute unschwer abnehmen / daß der gute Kerl einen Narren im Busen führete: Dennoch / daß er sich nicht gar zu klug düncken liesse / antwortet einer unter ihnen Nahmens Arideces und sprach: Lieber Jüngling / es wäre unnöthig gewesen / so viel Zeit zuzubringen über Nahforschung dessen / was du vorgebracht hast / sintemahl du den geringsten Nutzen nicht davon zu hoffen hast; jedoch wil ich dir auslegen / was dir die[547] Einbildung zweiffelhafftig gemacht hat / so bald du mir auf eine andere Frage / welche eben so grosse verborgene Weißheit in sich fasset /als die deine / wirst Antwort geben? Lieber sag an /wie mag es doch immer zugehen / wann man dich mit weissen und schwartzer Peitschen zugleich würde wacker zudecken / daß dennoch deine Lenden und Rücken nur einerley / nemlich blaue Striemen haben würde: Hierüber ward der vorwitzige Jüngling schamroth / stund auf vom Tische / und gieng vor geendigter Mahlzeit davon.


Ein Narr / wann er schwiege / würde auch für weise gehalten. Antworte ihm aber nach seiner Thorheit / auf daß er sich nicht klug düncke.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 546-548.
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