28. Stärcke eines Hundes / so [548] Alexandro Magno verehtet worden.

Der Albaner König schenckte dem Grossen Alexandro einen sehr grossen Hund; Alexander zu versuchen / ob er auch hertzhafft und tapffer wäre / ließ einen Bären ins Gemach führen / darinn der Hund lag / der Hund sahe den Bären an / lag aber gantz stille / und regte sich nicht einmal / ließ auch keine Stimme hören: Da ließ Alexander ein wild Schwein und Damm-Hirsch herzu führen / der Hund kehrete sich an diese auch nicht / sahe sie nur über die Seite an / und blieb liegen: Da befahl Alexander, man solte das feige und verzagte Thier todt schlagen / wie auch geschah. Als aber solches der Albaner König erfuhr /gereuet es ihn hefftig / daß er Alexandrum nicht besser berichtet hatte / schickte ihm derhalben noch einen Hund von gleicher Grösse und Art / und ließ ihm darneben anzeigen / er solte des Hundes Stärcke nicht an kleinen verächtlichen Thieren / sondern an grausamen Löwen und Elephanten probiren: Er habe nur zween[548] dieser Hunde gehabt / der eine sey aus Irrthum für einen Verzagten getödtet / diesen andern verehre er auch dem Alexander, auf daß er nicht allein den Irrthum an den vorigen begangen erkennete / sondern auch fürsichtiger mit demselben wisse umzugehen. Alexander ließ der beschehenen Unterrichtung zu Folge erstlich einen grausamen Löwen zum Hunde hinein springen / den ergriff der Hund bald beym Leibe / und brach ihm im ersten Antritt den Halß. Nach diesem ließ Alexander einen ungeheuren Elephanten hinein führen / den Hund an deme auch zu versuchen. Da sahe Alexander allererst seine Lust /und ergetzte sich über die massen über diesem Spectacul. Dann wie der Hund den Elephanten ersahe /schutterte er anfangs zusammen / fieng hernach an greulich zu bellen und zu springen / und machte ein solch Gerüchte / daß man davor weder hören noch sehen konte / nahm endlich einen gewaltigen Sprung /faßte den Elephanten im Nacken / biß und zerwühlete ihm die Haut so lang / biß der Elephant ausgemattet zur Erden fiel / daß das gantze Gemach davon erzitterte / ließ auch nicht von ihm ab / biß er ihm gäntzlich erwürget und zerrissen hatte.


Großmüthigkeit findet sich mehr bey manchen unvernünfftigen Thiere / als bey vielen Menschen / und theilet die Natur wol unter Thieren als Menschen die Gaben unterschiedlich aus. Dem Irrthum ist der Mensch von Natur unterworffen / darum sich ein jeder und sonderlich grosse Herren wohl fürzusehen haben / und eine Sache zuvor wohl erwegen sollen / ehe sie davon zu urtheilen sich unterwinden.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 548-549.
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