81. König [624] Ptolomeus wird von seiner Gemahlin Beronice zum guten ermahnet.

Daß auch die Weiber offtmals klüger seynd als ihre Männer / und denselben einen guten heilsamen Rath mittheilen können / dadurch sie von vielen Bösen abgehalten werden können / solches erscheinet aus nachfolgender aus dem Æliano genommener Historie.

Ptolomæus der König in Egypten / hatte diesen bösen Gebrauch / daß / wann er im Bretspiel spielete / so stellete er neben sich einen Knaben / welcher in der Hand hatte ein Register oder Papier / darauff geschrieben waren die Namen derjenigen / welche einer Ubelthat beschuldigt / und darum angeklagt waren. Wie nun die Würffel lieffen oder fielen / also urtheilete auch der König; wann der Wurff gut war / so sprach er wol einen loß / der das Leben billig verschertzt hatte gehabt; wann aber der Wurff unglücklich war / so verurtheilete er hingegen wol einen zum Tode / welcher unschuldig war / und denselben gar nicht verdienet hatte. Dieses ward einmal gewahr sein Gemahl Beronice, straffte derhalben ihren Herrn darüber mit freundlichen bescheidenen Worten[624] riß dem Knaben das Register aus der Hand und sprach: Es stünde einem Könige nicht wol angenehmer mit so wichtigen Sachen so leichtsinnig und unbedachtsam umgienge / und so liederlich urtheilete: Des Menschen Leben / davon in solchen Urtheilen gehandelt wird /sey viel edeler und köstlicher / als daß man dasselbe unter dem Spielen / ohne fleißige Erkündigung der Sachen / einem solte absprechen: So sey auch die Bestraffung der Ubelthäter viel nöthiger / als daß man einem Bösewicht nur eines guten Wurffs halber die wolverdiente Straffe nachlassen solte. Diese heilsame Vermahnung wirckte bey dem Ptolomæo so viel / daß er nachmals sein Urtheil über so wichtige Blut-Sachen niemals wiederum nach dem ungewissen Wurff und Fall der Würffel richtete.


Wiewol ein Mann die Herrschafft hat über seine Frau /und also keine tugendsame Frau sich derselben boßhafftiglich widersetzen soll / iedoch so kan und mag auch wol ein fromm Weib mit bescheidenen Worten ihren Ehemann zum guten ermahnen / denn ein gut Wort findet eine gute Statt:

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 624-625.
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