An Fräulein Julie

[463] zu ihrem Geburtstage


Als du gingst auf eine Reise,

Tratst du noch in deinen Garten,

Jeder Blume deiner Pflege

Noch ein Lebewohl zu sagen.[463]


Als du warst davongezogen,

Tränkte sie der frische Quell auch,

Neigten trauernd sich die Blumen,

Und sie waren nicht zu trösten.


Wie du pflegst des Frühlings Kinder,

Pflegtest du das Kind der Schwester

Und das edle Reis des Herbstes:

Deinen lieben alten Vater.


Sei gesegnet, meine Freundin!

Froher blühn die Blumen, schöner,

Die du pflegst mit treuen Händen,

Und die Menschen leben lieber.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 463-464.
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