Blick in den Strom

[511] Sahst du ein Glück vorübergehn,

Das nie sich wiederfindet,

Ists gut in einen Strom zu sehn,

Wo alles wogt und schwindet.


O! starre nur hinein, hinein,

Du wirst es leichter missen,

Was dir, und solls dein Liebstes sein,

Vom Herzen ward gerissen.


Blick unverwandt hinab zum Fluß,

Bis deine Tränen fallen,

Und sieh durch ihren warmen Guß

Die Flut hinunterwallen.


Hinträumend wird Vergessenheit

Des Herzens Wunde schließen;

Die Seele sieht mit ihrem Leid

Sich selbst vorüberfließen.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 511.
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