An die Verstockten

[301] Torenangst und Narrenzittern,

Ausparieren hin und her,

Macht den Binsenschaft zum Speer,

Schlägt die Laffen erst zu Rittern.


Wenn ein muntrer Spatz am Dache

Lärmet über eurem Haus,

Springet ihr zum Fenster aus,

Ob der Bau zusammenkrache.


Schweift in euren Waldesgründen

Von Leuchtkäfern eine Schar,

Ha, wie schreckt euch die Gefahr,

Daß sie euch den Wald anzünden.[301]


Die Metaphern und die Tropen,

Die da pfeift ein loser Wicht,

Wandeln euch die Schafe nicht

Um zu scheuen Antilopen;


Oder gar zu wilden Bären;

Ruhig mögt ihr und noch lang

Trotz dem kecken Sang und Klang

Eure Horden scheren, scheren.


Doch vor einem zittert, Toren!

Wenn er an den Pfeilern rührt,

Wenn er seine Flammen schürt,

Wahrt euch, sonst seid ihr verloren!


Hört ihrs im Gebälke knarren,

Baut ein neues Haus geschwind,

Eh mit Habe, Weib und Kind

Euch begraben eure Sparren.


Funken sind des Feuers Boten,

Funken jagen durch das Land,

Und den großen Gottesbrand

Dämpft ihr nicht mit euren Pfoten.


Zitternd seht ihr und erschrocken,

Funken, die der Witz gefacht,

Die das Volk, indem es lacht,

Haucht in tote Aschenflocken;


Aber nicht wollt ihr erschrecken,

Wenn es blitzt im Herzensgrund,

Wenn die Sklaven, kettenwund,

Doch den Gott in sich entdecken.


Hört, es kann die Stunde kommen;

Wo das Lamm ein Löwe heißt,

Wo es brüllend euch zerreißt;

Laßt euch Gottes Zeichen frommen! –

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 301-302.
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Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

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