An ein schönes Mädchen

[328] Wie die Ros in deinem Haare,

Mädchen, bist du bald verblüht;

Schönes Mädchen, o bewahre

Vor dem Welken dein Gemüt!


Mädchen, wenn dein Herbst gekommen

Und das ganze Paradies

Deiner Blüte dir genommen

Und dich aus dir selbst verwies;


Wenn du in des Welkens Tagen

Nicht den frohen Mut mehr hast,

Rosen in dem Haar zu tragen,

Weil den Wangen sie verblaßt;


O dann zaubert dein Gemüte,

Wenn du's vor dem Frost bewacht,

Auf dein Antlitz eine Blüte,

Leuchtend durch die Todesnacht.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 328.
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