Zweiter Teil

[92] 1759


Vorbericht

Beinahe wären wir gezwungen, diesen zweiten Teil eben so anzufangen, als wir den ersten beschließen müssen.[92]

Auch der Übersetzer des Pope hat sich durch das in dem zweiten Briefe über ihn geäußerte Urteil, beleidiget gefunden; wie man aus dem Hamburgischen Korrespondenten ersehen. Auch er legt es uns so nahe, daß wir unserm Leser und ihm, durch Anzeigung mehrerer Stellen, die er ganz falsch und wider den Sinn seines Originals übersetzt hat, ohnfehlbar verdrießlich fallen würden, wenn wir nicht eben erführen, daß ein anderer uns dieser undankbaren Mühe überhoben habe. Wir bitten ihn also, sich eine kurze Zeit zu gedulden, und den neuen Teil einer bekannten Zeitschrift abzuwarten. In einem kleinen Briefe, sollte er nicht höchst ekelhaft werden, hat man sich nicht tiefer mit ihm einlassen können. Genug daß das wenige von der Beschaffenheit gewesen, unparteiische Leser mit Grunde vermuten zu lassen, man habe noch ungleich mehr zurückbehalten. Und wäre es nicht sehr seltsam, daß wir nur mit ihm Unrecht haben sollten? Nur mit ihm! Denn er gibt uns selbst das Zeugnis, daß wir weder dem Übersetzer des Gay, noch des Bolingbroke zu viel getan. Unterdessen ist es falsch, daß wir ihn an die Spitze der schlechten Übersetzer stellen wollen. Wir haben leider so viel elendere, daß man ihn noch unter die guten zählen darf, wenn man ein Auge zumachen will.

Was er übrigens von unanständigen Absichten sagt, davon möchten wir wohl nähere Erklärung zu haben wünschen. Die Verfasser dieser Briefe sind sich weiter keiner Absicht bewußt, als der Absicht, ihre Meinung zu sagen. Das Recht dazu, haben sie mit allen Schriftstellern gemein. Trennungen können sie wenigstens unter unsern besten Köpfen nicht verursachen wollen. Denn unsere besten Köpfe sind noch nie einig gewesen.

Aber genug hiervon. – Wir haben einem ungenannten Freunde noch für eine kleine Erinnerung zu danken, die er uns wegen des achtzehnten Briefes machen wollen, in welchem der Übersetzer des Rabelais für den ersten Verfertiger deutscher Hexameter ausgegeben worden. »Das kömmt daraus, schreibt dieser Freund, wenn man die Gottschedische Schriften nicht besser gelesen hat! Schlagen Sie des Herrn Gottscheds Sprachkunst (S. 628) nach, so werden Sie finden,[93] daß Conrad Geßner noch vor Ihrem Fischart deutsche Hexameter gemacht hat. etc.« – Hierauf antworten wir, daß uns diese Anmerkung des Herrn Gottscheds nicht unbekannt gewesen, daß wir uns aber nicht überwinden können, sechsfüßige Verse die außer dem einzigen fünften Fuße aus lauter Spondeen bestehen, für wahre Hexameter zu halten. Ein einziger solcher Vers ist zwar zur Not ein Hexameter; aber lauter solche Verse sind keine.


XIV. Den April 1759
Ein und dreißigster Brief

Sie werden den Verdruß, den Ihnen der deutsche Theokrit43 gemacht hat, sobald nicht vergessen? – Auch nicht, wenn ich Ihnen eine bessere Übersetzung ankündigte? Zwar nicht vom Theokrit; denn noch wird man sich hoffentlich eine Zeitlang vor einem Ufer scheuen, an welchem so schimpflich gescheitert worden. Aber doch auch eines dorischen Dichters. Und was meinten Sie zu einem deutschen Pindar?

Ich mache Ihnen keine vergebene Freude. Pindar hat wirklich in der Schweiz einen jungen kühnen Geist erweckt, der uns mit den Begeisterungen des thebaischen Sängers bekannter machen will. Die Sache hat große Schwierigkeiten; und es ist unendlich leichter über den ganzen Pindar einen gelehrten Kommentar zu schreiben, als eine einzige Ode schön zu übersetzen. Doch der junge Schweizer denkt mit seinem Dichter:


– – 'O μεγας δε κινδυ-

νος αναλκιν ου φω-

τα λαμβανει –


und der Versuch, den er gemacht hat, ist sehr wohl ausgefallen. Ein Freund hat mir ihn mitgeteilet. Und was gut ist, muß man mitteilen; ich teile ihn also auch Ihnen mit.

Ich weiß, Sie erwarten nicht, daß die Übersetzung in Versen sein werde. Der einzige Deutsche, wollte ich fast sagen,[94] hat die Freiheit, seine Prosa so poetisch zu machen, als es ihm beliebt; und da er in dieser poetischen Prose am treuesten sein kann, warum soll er sich das Joch des Sylbenmaßes auflegen, wo er es nicht sein könnte?

Es ist aber auch keine wörtliche Übersetzung, denn Cowley sagt: »Wenn jemand den Pindar von Wort zu Wort übersetzen wollte, so würde man glauben, ein Rasender habe den andern übersetzt.«

Doch Sie sollen selbst urteilen. Es ist die erste, die vierte und die eilfte der Olympischen Oden. Die erste, weiß ich, kennen Sie gewiß. Wer sollte auch nicht so neugierig gewesen sein, wenigstens die erste Ode des Pindars zu lesen, wenn sie ihm auch noch so viel Mühe gekostet? –


Der Olympischen Oden des Pindars erste

An den Hiero, König von Syrakus44


1. Strophe


Der Elemente bestes ist Wasser, und wie die lodernde Flamme zur Nacht, also glänzet hoch unterm stolzen Reichtum das Gold. Aber willst du Siege erzählen, o suche mein Geist, wie in des Äthers Wüsten am Tage kein erwärmender Gestirn, als die Sonne, so auch keine herrlichern Kämpfe, als die Olympischen zu singen. Sie begeistern die Weisen zu jenen prächtigen Hymnen, die sie dem Sohne Saturns, in Hierons reichem, glückseligen Palaste versammelt, weihen.


1. Antistrophe


Er ist es, der in dem herdenreichen Sizilien den Scepter des Rechts trägt; er brach sich von jeder erhabenen Tugend die Blume, und glänzt in der Blüte der Harmonie, die wir Dichter öfters um die freundschaftliche Tafel spielen. Wohlan denn! Greif von der Wand herab, Muse, die dorische Cither! wenn Pisas und Pherenikus45 Ruhm deine Brust in süßer Entzückung dahin reißt; wie er neben den Wellen des Alpheus46 flog; wie seine ungespornten Flanken hoch daher schwebten; wie er ihn in den Schoß des[95] Triumphs trug, seinen Herrn, Syrakusens König, die Lust der Rennbahn.


1. Epodos


Ihm strahlet sein Ruhm in der heldenvollen Pflanzstadt des Lydischen Pelops,47 den ehemals der gewaltige Erdumfasser Neptun liebte,48 nachdem Klotho ihn, die Schulter von blendendem Helfenbein leuchtend, aus dem heilenden Erzte hob. – Also füllen Wunder den Erdkreis, und Fabeln mit künstlichen Lügen verbrämt, siegen der Wahrheit zum Trutz.


2. Strophe


Die Dichtkunst, deren Reiz über alles Honig gießet, leihet ihnen ein ehrwürdiges Ansehen, und macht, daß öfters ein Märchen geglaubt wird. Doch wird für die Wahrheit die enthüllende Zukunft zeugen! – Wer es wagt, von Göttern zu reden, der tu es mit Ehrfurcht, und seine Schuld ist geringer! – So will ich jetzt von dir, Sohn des Tantalus, sagen, was vor mir kein Dichter nie sprach: Wie, als dein Vater in sein geliebtes Sipylum, zu einem heiligen Gastmahle lud, wo wechselseitig die Unsterblichen aßen, der erlauchte Dreizackführende Gott die Macht der Liebe fühlte.


2. Antistrophe


Und dich auf güldenen Rossen zu des weit angebeteten Zeus hohem Palaste trug, wo nicht lange zuvor auch Ganymedes hin zum Jupiter gekommen war. Da aber du verschwunden, und dich der Mutter kein spähender Kundschafter wiederbrachte, streute ein benachbarter Fürst neidisch das Gerücht aus, deine Gliedmaßen[96] hätten, mit dem Schwerde zerteilt, und beim flammenden Feuer gesotten, den Göttern zur Speise gedienet.


2. Epodos


Aber der Seligen einen unmäßig zu nennen, ist Unsinn! Ich zittere! – Denn schon oft hat die Rache den Lästerer ergriffen.49 Ward je ein Sterblicher von des Olympus Bewohnern geehret, so war es Tantalus. Wiewohl der Größe eines so erhabenen Glückes zu schwach, bracht ihm sein Übermut einen unbesiegbaren Jammer; einen drohenden Felsen, den der Vater der Götter über ihn aufhing. Ewig bemüht, ihn von seiner Scheitel zu wälzen, irrt von ihm jede Freude weg.


3. Strophe


Also lebt er, mit drei andern Genossen seiner Qual, sein hülfloses Leben durch, der Unglückselige! Er entwandte den Himmlischen, was die Unsterblichen nähret, Nektar und Ambrosia, und gab sie sterblichen Gästen. So betriegt der Mensch sich selber, der seiner Taten eine, der Gottheit zu verbergen hofft. Und des väterlichen Verbrechens wegen, sandten die Unsterblichen den Pelops zum schnellhinwandelnden Volke der Menschen wieder zurück. Aber da in vollblühender Jugend das zarte Milchhaar seine bräunliche Wangen deckte, sehnte sein liebendes Herz sich, nach der Tochter des Herrschers zu Pisa,


3. Antistrophe


Der erlauchten Hippodamia. Einsam ging er im Dunkeln zum schäumenden Meer hin, und flehte dem gewaltigbrausenden König der Wasser. Er erschien ihm; da sprach er: »Wenn dein Herz, o Neptun, gegen die reizenden Gaben der Venus nicht fühllos ist,50 o so hemme des Oenomaus eherne Lanze, bringe mich auf den schnellsten deiner Wagen nach Elis, und gewähre mir den Sieg. Zwar fielen schon dreizehn der lieben den Jünglinge vor dem Speere des Tyrannen, und immer verschiebt er die Vermählung der Tochter.«[97]


3. Epodos


»Aber nur der Feige flieht große Gefahren; und da uns einmal das Verhängnis in das Grab ruft, warum sollte im Finstern, von jeder schönen Tat fern, ein namenloses Leben uns verzehren? Nein diese Bahn lauf ich; du aber verleih einen glücklichen Ausgang!« –

Er sprachs, und seine Bitte rührte den Gott, und seinen Mut zu erhöhen, schenkte er ihm einen goldenen Wagen, und müdelos liegende Pferde, womit er dem Oenomaus Sieg und Tochter raubte.


4. Strophe


Sie aber gebar ihm sechs Führer der Völker, Söhne, die sich der Tugend weihten. Itzt ruht er, von herrlichen Opfern geehrt, am Ufer des Alpheus; Kämpfe umgeben das Grabmal, und Scharen von Fremden ehren seinen Altar. Weit glänzt von da die Pracht der Olympischen Spiele, und seine Rennbahn, wo die Behendigkeit der Füße, und die hoher Arbeit sich erkühnende Stärke kämpfet. Wer überwindet, der lebt sein übriges Leben in honigter Heiterkeit hin, denn er besitzet den Preis.


4. Antistrophe


Der menschlichen Güter höchstes ist, was uns mit jedem kommenden Tage beglückt: und einen solchen51 soll itzt, so wollen es Pisas Gesetze, mein Äolisches Lied krönen. Unter den Sterblichen ist keiner des Lobes labyrinthischer Hymnen würdiger, keiner übertrifft ihn an Adel der Seele oder an herrschender Macht. Eine schützende Gottheit ists, o Hieron, welche mit zärtlicher Sorge wacht, deine Wünsche zu erfüllen. Und entsteht sie nicht, o so will ich bald, das hoffe ich, deinen siegenden Wagen


4. Epodos


Harmonischer tönen; ich will auf Kronions52 sonnigtem Hügel stehen, und mein Lob soll einen nie betretenen Pfad wandeln. Schon rüstet mir darauf die mächtige Muse den gewaltigsten Pfeil. Der Mensch steigt in mannigfaltigen Stufen empor; aber obenan stehen die Throne. Blicke nicht weiter hinaus! Auf dieser Höhe sei dir vergönnt, deine Tage zu vollenden, und mir, an der Seite solcher Sieger zu sein, unter den Griechen überall bekannt, durch meine Weisheit!


Die Fortsetzung künftig


XV. Den 12. April 1759
Beschluß des ein und dreißigsten Briefes
Der Olympischen Oden des Pindars vierte

[98] An den Psaumis, von Kamarina53


Strophe


Schwinger des rastlos fliegenden Donners, Zeus, Höchster! – Denn mich haben deine zirkelnden Stunden mit dem mannigfaltigen Liede der Cither, zum Zeugen deiner erhabensten Kämpfe gesandt; und der süßen Botschaft vom Glücke der Freunde freuen sich Edele. – Ja, Sohn des Saturnus, der du den Ätna beherrschest, diese stürmische Last des gewaltigen hundertköpfigen Typhons,54empfange den Grazien zu Liebe, vom Sieg Olympiens meinen Gesang,


Antistrophe


Dieses ewig dauernde Licht herrlicher Taten! Denn er kömmt mein Gesang, hoch auf dem Wagen des Psaumis, der mit Pisas Ölzweig umkränzt, daher zu Kamarinas Triumph eilet. – Also höre die Gottheit auch die übrigen seiner Wünsche! – Denn Er, den ich lobe, nähret dem Alpheus glänzende Pferde; Mengen der Wanderer nimmt freudig sein Haus auf, und rein liebt des Patrioten Seele die Ruhe des Staats. – Keine Dichtung färbe mein Lob! Die Erfahrung ists, die Sterbliche richtet.55[99]


Epodos


Sie entriß den Sohn des Klymenus dem Hohne der Töchter Lemnos. – In ehernen Waffen lief er, und siegte; da sprach er, als er zur Krone ging: »Der bin ich, Königin! Dieser Geschwindigkeit gleichen Arm und Herz. Aber auch jungen Helden entsprossen oft graue Haare, und eilen ihrem Alter zu schnell vor.«


Der Olympischen Oden des Pindars eilfte

An den Agesidamus, den Locrier56


Strophe


Nach Winden schmachtet der Schiffer oft, und der Landmann nach Regen, den himmelträufelnden Söhnen der Wolken. – Aber wem Heldenarbeit gelang, dem sind honigtriefende Hymnen Quellen des Nachruhms, und ein Pfand der Unsterblichkeit erhabener Taten.


Antistrophe


Unerreichbar dem Neid ist dieses Lob Olympiens Siegern geweiht; und gern breitet es mein williger Mund aus! Aber durch Gott blühen in der dichterschen Brust stets weise Gedanken. – Also soll itzt, – vernimm es, Sohn des Archestrats; denn deine Faust überwand!-


Epodos


Meine tonvolle Leier den Kranz des goldnen Ölzweiges singen, der deine Scheitel schmückt, und die angestammte Tugend der westlichen Locrier. Daselbst, ihr Musen, führet festlich den Tanz auf! Nicht ein unwirtbares Volk, euch schwör ichs, besucht ihr, noch ungeübt im Gefühle des Schönen; sondern ein Volk, tiefsinniger Weisheit und kriegerischen Muts voll. – Denn Sitten, die die Natur gab, wandelt weder der feurige Fuchs, noch der mächtig brüllende Löwe.

Fll.[100]


Zwei und dreißigster Brief

Sie erinnern sich doch, daß vor einigen Jahren in dem unterirdischen Herkulano eine kleine Bibliothek gefunden ward? Einem Gelehrten in Neapolis ist es gelungen, eine von den griechischen Handschriften derselben zu entwickeln, und das Glück hat gewollt, daß es die Ερωτοπαιγνια des Alciphrons sein müssen. Der Herr von Q** der sich itzt in Neapolis aufhält, hat Gelegenheit gehabt, ein Stück daraus abzuschreiben, und hat es nach Deutschland geschickt. Hier ist es einem von unsern besten Dichtern in die Hände gefallen, der es so vortrefflich gefunden, daß er folgende Übersetzung davon gemacht. Es ist das achtzehnte Erotopaignion in der Ordnung, und überschrieben:


»Die Grazien

Als an einem Frühlingsabende sich die drei Grazien neben einem Walde in acidalischen Quellen belustigten, verlor sich plötzlich Aglaja, die Schönste der Grazien. Wie erschraken die Töchter der Anmut, als sie Aglajen vermißten! Wie liefen sie durch die Bäume und suchten und riefen:


So ängstlich bebt auf Manethuser Saiten

Der zärtste Silberton.

Aglaja! – rief der Silberton.

Aglaja! – half der Nachhall sanft verbreiten. Umsonst!

Aglaja war entflohn.

Ach, Pan schlich längst ihr nach! Der Frevler hat sie schon!

Ach, Acidalia! blick her von deinem Thron!

Soll sie nach langen Ewigkeiten,

Nur itzt nicht länger uns begleiten?

Zwo Grazien sind aller Welt zum Hohn;

Und ach! die dritte hat er schon!

So klagten sie. Umsonst! Aglaja war entflohn.«


Nun schlichen sie an den Büschen herum, und schlugen leise an die Blätter und flohen nach jedem Schlage furchtsam zurück.


Denn stellten sie sich gleich, den Räuber auszuspähn,

So zitterten sie doch für Furcht, ihn nur zu sehn.


Endlich kamen sie an ein Rosengebüsche, das meine Chloe versteckte – und mich. Chloe saß vor mir, ich hinter Chloen.


Itzt bog ich schlau an ihrem Hals mich langsam über,

Und stahl ihr schnell ein Mäulchen ab;[101]

Itzt bog sie unvermerkt den Hals zu mir herüber

Und jedes nahm den Kuß auf halbem Weg sich an

Denn jedes nahm und jedes gab.


In diesem Spiele überraschten uns die Grazien und sie lachten laut, da sie uns küssen sahen, und hüpften fröhlich zu uns herbei. Da ist Aglaja! – riefen sie. Die Schalkhafte! – Du küssest, da wir unruhig herumirren, und dich nicht finden können? – Und itzt liefen sie mit meiner Chloe davon.


Was? rief ich, lose Räuberinnen!

Wie sollte sie Aglaja sein?

Ihr irrt euch sehr, ihr Huldgöttinnen!

Für Grazien ist das nicht fein!

Gebt Chloen mir zurück! Betrogne, sie ist mein!


Doch die Grazien hörten mich nicht, und liefen mit meiner Chloe davon. Zornig wollte ich ihnen nacheilen, als plötzlich Aglaja hinter einer Buche hervortrat, und mir winkte, und freundlich lächelnd also zu mir sprach:


Warum willst du zu Chloen eilen?

Beglückter Sterblicher, Aglaja liebet dich.

Küß itzt einmal statt Chloen mich

Wünsch nicht dein Mädchen zu ereilen:

Ich, eine Göttin, liebe dich.


Schüchtern sah ich die Huldgöttin an.


Auf ihren Wangen sprach Entzücken,

Und Jugend und Gefühl aus den verschämten Blicken.


Gefährliche Reizungen! – Aber mit dreister Hand ergriff ich die Huldgöttin, führte sie zu ihren Schwestern, und sprach: Hier ist Aglaja, ihr Grazien –


»O Chloe, meine Lust, mein Glück

Gebt meine Chloe mir zurück!

Ist dies Aglajens Mund und Blick?

Da! nehmt die Huldgöttin zurück!«


Nun, was sagen Sie hierzu? O, Sie sind entzückt. – Welche allerliebste, kleine Erdichtung! Nie hat ein Dichter sein Mädchen mehr erhoben! Nichts kann feiner sein! Nichts zärtlicher! O die Griechen! die Griechen! – – Kommen Sie zurück aus Ihrer Entzückung! Ich habe Sie hintergangen. Der Gelehrte in Neapolis hat nichts entwickelt; Alciphron hat keine Ερωτοπαιγνια. geschrieben; was Sie gelesen, ist nicht aus dem Griechischen übersetzt; die »Grazien« sind ein ursprüngliches[102] Werk eines Deutschen. Streichen Sie die Manethuser Saiten, gleich zu Anfange, nur weg, und setzen Cremoneser Saiten dafür; denn so sagt der Dichter, und ich mußte diese geringe Spur des Modernen vor Ihren Augen verbergen.

Aber, höre ich Sie fragen, warum sollte ich denn nun hintergangen werden? Darum! Würde ich Ihre Neugier wohl rege gemacht haben, wenn ich Ihnen gerade zu geschrieben hätte: In Leipzig sind vor kurzen vier kleine Bogen heraus gekommen, unter der Aufschrift, »Tändeleien«. – »Tändeleien«? würden Sie gerufen haben. Warum tun wir Deutschen doch das so gern, wozu wir am wenigsten aufgelegt sind? – Vergebens hätte ich hinzu gesetzt; aber es sind artige Tändeleien; Sie werden den Verfasser auf einem ganz eigenen Pfade finden; sie sind eines Gresset würdig! Sie hätten mir aufs höchste geglaubt, und – es dabei bewenden lassen!

Aber nun biete ich Ihnen Trotz, es dabei bewenden zu lassen. Denn ich muß Ihnen nur sagen, daß alles, was die vier Bogen enthalten, in dem nämlichen Geschmacke und fast von gleichem Werte ist. Sie werden sie ganz lesen; lassen Sie doch sehen, ob unsere Urteile zusammen treffen. – Nach den obigen Grazien, hat »Amors Triumph«, und »Der Geschmack eines Kusses« meinen vorzüglichen Beifall. Nächst diesen haben mich die »Kriegslist des Amors«, »An den Maler«, »Die Ode«, und »Bacchus und Amor« am meisten vergnügt. Die »Kennzeichen der Untreue« wollen mir wegen des Bärtchens nicht gefallen; der Scherz ist zu bürgerlich. In dem Stücke »An Chloen« ist mir der Alp zuwider; und wenn der erzürnte Jupiter zu seiner untreuen Nymphe sagt:

Geh hin, und sei ein Alp, buhl und erweck nur Grauen! so straft er uns arme Schlafende mehr, als die Nymphe. In dem »Verliebten Wunsche« ist mir die Vermischung der alten Mythologie und des Geistersystems nach dem Gabalis anstößig. Diese und einige andere Stücke hätte ich, wenn ich an des Verfassers Stelle gewesen wäre, zurückbehalten, und die einzeln Schönheiten derselben zu bessern Ganzen versparet. So würde ich mir zum Exempel den Anfang von den gedachten »Kennzeichen der Untreue« heilig aufbewahret haben, bis ich einen edlern Schluß dazu gefunden hätte;[103] denn so wie dieses Stück itzt ist, kömmt es mir nicht anders vor, als eine antique verstümmelte Bildsäule, die ein neuer Steinmetz zu ergänzen gewagt. Betrachten Sie nur:


»Amor fliegt mit Schmetterlingen,

Um in frohem Wechselstreit

Sich den Preis der Schnelligkeit

Vor den Tierchen zu erringen:

Doch er fällt aus Müdigkeit

Schnell in einen Bach und schreit.


Ich Jüngling lief eilig hinzu, hob ihn sanft aus dem Wasser heraus, und trocknete seine nassen Flügel, und erwärmte ihn in meinem Busen. Nun dankte mir Amor freundlich, und sprach: Lieber Jüngling, du hast den Amor gerettet: womit soll ich deine Großmut vergelten? – Erhalte mir meine Chloe getreu; antwortete ich. – O Jüngling, rief er, was bittest du? Steht es in der Gewalt des Amors, die Liebe in den Herzen der Mädchen einzuschränken? Da schlug ich die Augen nieder, und seufzte. Aber der reizende Sohn der Cythere ermunterte mich wieder: Seufze nicht, Jüngling! Amor kann deine Bitte wenigstens zum Teil erfüllen.« –


So weit geht alles gut! Wie gesagt, ein schöner antiquer Rumpf; aber nun – welch ein gotischer Kopf ist darauf geflickt!


– »Sobald Chloe einen andern als dich küßt, soll schnell ein Bärtchen aus ihrer Lippe hervor keimen, zum Merkmal, daß sie dir untreu ist. – So sagte Amor. –


Nun, Chloe, wirst du dich wohl scheun. –

Ich würde den Verrat auf deiner Lippe sehen. –

Manch holdes Mädchen schon seh ich mit Bärten gehen:

Sie müssen wohl nicht treu gewesen sein.«


Ach nicht doch! Sie müssen keinen Bart haben, die holden Mädchen; sie mögen uns treu sein oder nicht!

Fll.


XVI. Den 19. April 1759
Drei und dreißigster Brief

Ja wohl ist der Verfasser der »Tändeleien«, wenn diese sein erster Versuch sind, ein Genie, das sehr viel verspricht! Aber[104] auch darin haben Sie Recht: Das »Lied eines Mohren« hätte ihm nicht entwischen sollen. Es ist nicht allein das schlechteste Stück in seiner Sammlung; es ist an und vor sich selbst schlecht. – – Lied eines Mohren! Und der Mohr ist fast nirgends als in der Überschrift zu finden. Ändern Sie das einzige schwarze Mädchen und die Zederwälder, so kann es ein Kalmucke eben so wohl singen, als ein Mohr.

Wie weit ist er hier unter seinem Muster geblieben! Denn wer sieht nicht so gleich, daß sein Mohrenliedchen, eine Nachahmung des vortrefflichen Liedes eines Lappländers, in den neuen Gedichten des Verfassers des Frühlings, sein soll? In diesem scheinet überall die Szene durch, wo es gesungen wird, und überall der, der es singt.


– – In den zerstörten Haaren

Hängt mir schon Eis.


– –

So will ich bald an Grönlands weißen Küsten

Nach Zama schrein.

– –

Die lange Nacht kömmt schon etc.


Und wie ungekünstelt, wie wahr ist alles, was der Lappländer spricht; dahingegen der Mohr mit unter Non-Sense plaudert. Z.E.


Ich will an ihre Brust mich legen,

Das kleinste Röcheln spähn, und horchen, wie sie schlägt;

Dann soll mein Herz mit seinen stärkern Schlägen

Den Aufruhr bändigen,

Der sich in ihrem Busen regt.


Die stärkern Schläge seines Herzens sollen den Aufruhr bändigen, der sich in dem Busen seines Mädchens regt! – Zwar vielleicht hat der Dichter mit diesem Zuge das verbrannte Gehirn des Mohren bemerken wollen. Und alsdenn habe ich nichts dagegen.

Aber wieder auf das Lied des Lappländers zu kommen. Es gibt ein wirklich Lappländisches Lied, welches der Herr von Kleist bei dem seinigen vor Augen gehabt zu haben[105] scheinet. Sie können es bei dem Scheffer in dem fünf und zwanzigsten Hauptstücke seiner Lapponia finden. Schade, daß ich das Buch nicht gleich bei der Hand habe! Sie sollten mit Vergnügen sehen, daß die Nachahmungen eines solchen Meisters, Verbesserungen sind.

Sie würden auch daraus lernen, daß unter jedem Himmelsstriche Dichter geboren werden, und daß lebhafte Empfindungen kein Vorrecht gesitteter Völker sind. Es ist nicht lange, als ich in Ruhigs Litauischem Wörterbuche blätterte, und am Ende der vorläufigen Betrachtungen über diese Sprache, eine hierher gehörige Seltenheit antraf, die mich unendlich vergnügte. Einige Litauische Dainos oder Liederchen, nämlich, wie sie die gemeinen Mädchen daselbst singen. Welch ein naiver Witz! Welche reizende Einfalt! Sie haben in dem Litauischen Wörterbuche nichts zu suchen: ich will Ihnen die zwei artigsten also nach Ruhigs Übersetzung, daraus abschreiben:


Erste Daina

Abschied einer heiratenden Tochter


1.


Ich habe aufgesagt meim Mütterlein, schon vor der Hälfte des Sommerleins:


2.


Such, Mütterlein, dir ein Spinnerlein; ein Spinnerlein und Weberlein.


3.


Ich habe gnug gesponnen das weiße Flächslein; gnug gewürket feine Leinwandlein.


4.


Ich habe gnug zerschauert die weißen Tischlein; ich habe gnug gefeget die grünen Gehöftlein.


5


Ich habe gnug gehorcht meinem Mütterlein; ich muß nun auch horchen meinem Schwiegermütterlein.


6.


O du Kränzlein von grünem Rautelein! Du wirst nicht lange grünen auf meinem Hauptelein.


7.


Meine Haarflechten von grünem Seidelein, ihr werdet nicht mehr funkeln im Sonnenschein.[106]


8.


Mein Haarlein, mein gelbes Haarlein, du wirst nicht mehr herumflattern vom Wehen des Windes.


9.


Ich werde besuchen mein Mütterlein, nicht mit einem Kranze, sondern gehaubet.


10.


O mein feines Häubelein! Du wirst noch schallen vom Winde geblasen.


11.


Mein ausgenähtes und buntes Arbeitlein, ihr werdet noch schimmern bei der heißen Sonnen.


12.


Meine Haarflechtlein von grünem Seidelein, ihr werdet an der Wand hangen und mir Tränen machen.


13.


Ihr meine Ringelein, ihr güldenen, ihr werdet im Kasten liegen und rosten!«


»Zweite Daina

Eine Tochter hatte ihren Geliebten begleitet


1.


Früh Morgens im Morgelein ging das Sonnlein auf, und unter den Glasfensterlein saß das Mütterlein.


2.


Ich wollte dich fragen, Töchterlein, wo bist du herumgegangen? Und wo hat dein Kränzelein das Nebelein befallen?


3.


Früh, im frühen Morgelein, ging ich nach Wasserlein, und da hat mein Kränzelein das Nebelein befallen.


4.


Das ist nicht wahr, Töchterlein, das sind keine wahren Wörtelein! Gewiß, du hast dein Knechtlein über Feld begleitet.


5.


Ja, das ist wahr, Mütterlein, das sind wahre Wörtelein: Ich hab mit meinem Knechtelein ein Wörtlein geredet.«


Die häufigen Diminutiva, und die vielen Selbstlauter, mit den Buchstaben l, r und t untermengt, sagt Ruhig, machen die Sprache in diesen Liedern ungemein lieblich. Der fromme Mann entschuldiget sich, daß er dergleichen Eitelkeiten anführe; bei mir hätte er sich entschuldigen mögen, daß er ihrer nicht mehrere angeführt.

Fll.[107]

XVII. Den 26. April 1759
Sechs und dreißigster Brief

Bald werden wir einen von unsern besten alten Dichtern wieder unter uns aufleben sehen. Zwei hiesige Gelehrte arbeiten an einer neuen Ausgabe des Logau. – Es kann leicht sein, daß ich Ihnen hier einen ganz unbekannten Mann nenne. Dieser Zeitverwandte, und Landsmann des großen Opitz? ist, wie es scheinet, nie nach Verdienst geschätzt worden; und noch ein halbes Jahrhundert hin, so wäre es vielleicht ganz um ihn geschehen gewesen. Kaum, daß unsere neuen Kunstrichter und Lehrer der Poesie seinen Namen noch anführen; weiter führen sie auch nichts von ihm an. Wie viel vortreffliche Beispiele aber hätten sie nicht aus ihm entlehnen können! Und würden sie es wohl unterlassen haben, wenn sie dergleichen bei ihm zu finden geglaubt hätten? Sie hatten ihn also nie gelesen; sie wußten nicht, was an ihm war; und es wird sie ohne Zweifel befremden, wenn sie nun bald einen von unsern größten Dichtern in ihm werden erkennen müssen.

Es ist nur zu betauern, daß sich Logau bloß auf eine, und noch dazu gleich auf die kleinste Dichtungsart eingeschränkt hat! Denn er ist wenig mehr als Epigrammatist. Doch in Ansehung der Menge von Sinngedichten, der erste unter allen; und einer von den ersten, in Ansehung der Güte derselben. Er hat deren im Jahr 1654 einen Band von nur drei tausend drucken lassen, und mehr als ein halbes Tausend zugegeben. Nun setzen Sie – und für diese Berechnung kann ich allenfalls stehen, – daß ein Neunteil davon vortrefflich, ein Neunteil gut, und noch ein Neunteil erträglich ist; und sagen Sie mir, ob er unter den guten Sinndichtern nicht wenigstens der Unerschöpfliche genennt zu werden verdienet?

Aber wie vortrefflich, werden Sie fragen, sind denn die Stücke aus dem guten Neunteil? – Einige Exempel werden es zeigen. Ich will aber dem ehrlichen Logau nichts vergeben wissen, wenn ich allenfalls nicht die besten Exempel wählen sollte.[108]

Logau lebte in der unglücklichen Zeit des dreißigjährigen Krieges. Was Wunder also, wenn ein großer Teil seiner Sinngedichte den Krieg, und die schrecklichen Folgen desselben zum Inhalte hat? Hier schrieb der Dichter aus der Fülle seines Herzens, und es gelang ihm immer vortrefflich. Sehen Sie nur!


Der verfochtene Krieg

Mars braucht keinen Advocaten,

Der ihm ausführt seine Thaten.

Keinem hat er was genommen,

Wo er nichts bey ihm bekommen;

Keinem hat er was gestohlen,

Denn er nahm es unverhohlen;

Keinen hat er je geschlagen,

Der sich ließ bey Zeiten jagen;

Was er von der Straße klaubet,

Ist gefunden, nicht geraubet;

Haus, Hof, Scheun und Schopf geleeret,

Heißt ein Stücke Brodt begehret;

Stadt, Land, Mensch und Vieh vernichten,

Heißt des Herren Dienst verrichten;

Huren, saufen, spielen, fluchen,

Heißt dem Muth Erfrischung suchen;

Endlich dann zum Teufel fahren,

Heißt – den Engeln Müh ersparen.


Des Krieges Raubsucht

Als Venus wollte Mars in ihre Liebe bringen,

Hat sie ihn blank und bloß am besten können zwingen.

Denn wär sie, wie sie pflegt, im theuern Schmuck geblieben,

Hätt er sie dürfen mehr berauben? als belieben.


Krieg und Hunger

Krieg und Hunger, Kriegs Genoß,

Sind zwey ungezogne Brüder,

Die durch ihres Fußes Stoß

Treten, was nur stehet, nieder.

Jener führet diesen an;

Wenn mit Morden, Rauben, Brennen,

Jener schon genug gethan,

Lernt man diesen erst recht kennen;

Denn er ist so rasend kühn,[109]

So ergrimmt und so vermessen,

Daß er, wenn sonst alles hin,

Auch den Bruder pflegt zu fressen.


Eine Heldenthat

O That, die nie die Welt, dieweil sie steht, gesehen!

O That, die, weil die Welt wird stehn, nie wird geschehen!

O That, die Welt in Erz und Zedern billig schreibt,

Und, wie sie immer kann, dem Alter einverleibt!

O That, vor der hinfort die allerkühnsten Helden,

Was ihre Faust gethan, sich schämen zu vermelden!

Vor der Achilles starrt, vor der auch Hektor stutzt,

Und Herkules nicht mehr auf seine Keule trutzt!

Hört! seht! und steigt empor! Macht alle Löcher weiter!

Dort ziehen Helden her, dort jagen dreyßig Reiter,

Die greifen kühnlich an – ein wüstes Gärtnerhaus,

Und schmeißen Ofen ein, und schlagen Fenster aus.


Vereinigung zwischen Jupiter und Mars

Es that mir jüngst ein Freund vom Helikon zu wissen,

Daß Jupiter mit Mars wollt' einen Frieden schließen,

Wenn Mars hinfort nicht mehr bey seinen Lebenstagen,

Nach Himmel und nach dem, was himmlisch ist, will fragen:

Will Jupiter dahin sich bindlich dann erklären,

Dem Mars, noch nebst der Welt, die Hölle zu gewähren.


Verzeihen Sie, Dichter und Soldat, es immer dem unsoldatischen Dichter, wenn er etwa die schlimme Seite des Krieges und der Krieger allzusehr übertrieben hätte. Seine Übertreibungen sind ja so witzig! – Aber so witzig Logau ist, so zärtlich, so fein, so naiv, so galant kann er auch sein!


Frage

Wie willst du weiße Lilien zu rothen Rosen machen?

Küss' eine weiße Galathee: sie wird erröthend lachen.


Über das Fieber einer fürstlichen Person

Unsre Fürstinn lieget krank. Venus hat ihr dieß bestellt,

Die, so lange jene blaß, sich für schön nun wieder hält.


Grabschrift eines lieben Ehegenossen

Leser, steh! Erbarme dich dieses bittern Falles!

Außer Gott, war in der Welt, was hier liegt, mir Alles.


Ein junges Mädchen und ein alter Greis

[110] Ein guter Morgen ward gebracht zu einer guten Nacht,

Die aber keine gute Nacht hat gutem Morgen bracht.


Und was kann anakreontischer sein, als folgende allerliebste Tändeleien?


Von einer Biene


Phyllis schlief: ein Bienlein kam,

Saß auf ihren Mund, und nahm

Honig, oder was es war,

Koridon, dir zur Gefahr!

Denn sie kam von ihr auf dich,

Gab dir einen bittern Stich.

Ey wie recht! Du, fauler Mann,

Solltest thun, was sie gethan.


Von einer Fliege


Eine Fliege war so kühn,

Setzte sich vermessen hin

Auf des süßen Mündleins Roth;

Choris schlug, und schlug sie todt.

Florus sprach: o wenn nur ich

Dürfte dieß erkühnen mich:

Dieser Schlag, hielt ich dafür,

Diente mehr, als schadte mir.


Noch sind ein großer Teil von Logaus Sinngedichten zwar weiter nichts, als moralische Sprüche; aber mit einer meisterhaften Kürze, und selten ohne eine sinnreiche Wendung ausgedrückt. Z.E.


Der Tugend Lohn

Durch Ehr und reichen Lohn kann Tapferkeit erwachen;

Doch Ehr und reicher Lohn kann Tapferkeit nicht machen.


Reichthum

Eines Ungerechten Erb, oder selbst ein solcher Mann,

Oder beides auch zugleich ist, wer Reichthum sammeln kann.


Ein unruhiges Gemüth

Ein Mühlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben;

Wo beides nichts zu reiben hat, wird beides selbst zerrieben.[111]


Verleumdung

Wenn man eine Wunde haut, sieht man eher Blut als Wunde:

Ungunst merkt man bald bey Hof, aber nicht aus was für Grunde.


Ich werde Ihnen von der neuen Ausgabe dieses Dichters mehr sagen, so bald sie wird zu haben sein.

L.

XIX. Den 10. Mai 1759
Neun und dreißigster Brief

Ich muß Ihnen von einem Werke Nachricht geben, das bereits 1757 in Basel herausgekommen, hier aber wenig bekannt geworden ist. Der Titel heißt: »Vier auserlesene Meisterstücke so vieler englischen Dichter: als, Priors Salomon, Popens Messias, Youngs jüngster Tag, Glovers Leonidas. Welchem annoch beigefügt sind, Popens Versuch von dem Menschen, und desselben Hirtengedichte. Alles, seiner Vortrefflichkeit wegen, aus der Ursprache in deutschen Hexametrischen Versen übersetzt«.57

Priors Salomon ist von diesen Meisterstücken das einzige, welches hier zum ersten male in unserer Sprache erscheinet; die übrigen alle haben wir schon längst verschiedentlich übersetzt lesen können. Zwar nur in Prosa; aber sind Schweizerische Hexameter nicht auch Prosa?

Prior ist einer von den Lieblingsdichtern der großen Welt, in der er selbst keine geringe Rolle bei seinem Leben spielte, ob ihn gleich seine Geburt zu den niedrigsten Geschäften verdammt zu haben schien. Kein englischer Dichter übertrifft ihn an Reinigkeit der Sprache, an Wohlklang, an leichtem Witze, an naiver Zärtlichkeit. Unser Hagedorn hat ihn oft glücklich nachgeahmet; und ihn hätte ich wohl das »Nußbraune Mädchen« mögen nacherzählen hören.

Aber eben dieser lustige, verliebte Prior ist auch der Verfasser eines sehr ernsthaften Werkes. Die edeln Bilder, die[112] tiefsinnigen Anmerkungen über der Menschen Tun und Lassen, und die vortrefflichen Lebensregeln, die man in den »Sprüchen«, in dem »Prediger«, und in den übrigen Büchern antrifft, welche gemeiniglich dem Salomon zugeschrieben werden, hatten ihn gerührt, und er glaubte den Stoff zu einer weit bessern Gattung von Gedichten darin zu finden, als jemals die griechische, lateinische, oder irgend eine neuere Sprache hervorgebracht hat. Er nahm sich daher vor, aus diesem unerschöpflichen Schatze, der, für alle Ordnung zu groß, in einer prächtigen Verwirrung über einander gehäuft liegt, diejenigen Anmerkungen und Sprüche zu sammeln und auszuführen, welche den großen Satz zu beweisen dienen, den sich der »Prediger« gleich Anfangs zum Grunde legt: Es ist alles ganz eitel!

Und hieraus entstand sein »Salomon«; ein Gedicht, in welchem der Held desselben beständig das Wort führet. Die Materie sonderte sich von selbst in drei Teile ab, woraus der Dichter so viel Bücher machte. In dem ersten wird die Eitelkeit unserer Erkenntnis; in dem zweiten die Eitelkeit der Wollüste, und in dem dritten die Eitelkeit der Macht und Größe gezeiget.

Mehr braucht es nicht, Ihnen dieses Gedicht wieder ins Gedächtnis zu bringen, welches Sie ohne Zweifel einmal werden gelesen haben, aber auch wohl schwerlich mehr als einmal. Prior ist hier nicht in seiner Sphäre. Sein Salomon ist nicht der spruchreiche Zweifler mehr, der uns so viel zu denken gibt; er ist zu einem geschwätzigen Homileten geworden, der uns überall alles sagen will. Auch hat der Dichter nicht im geringsten die orientalische Denkungsart anzunehmen gewußt; sein weiser Hebräer spricht wie ein sophistischer Grieche. –

Doch Sie werden nicht sowohl mein Urteil über das Original, als über die Übersetzung zu wissen verlangen. Man muß, überhaupt zu reden, den Übersetzungen, die uns aus der Schweiz kommen, das Lob lassen, daß sie treuer und richtiger sind als andere. Sie sind auch ungemein reich an guten nachdrücklichen Wörtern, an körnichten Redensarten. Aber bei dem allen sind sie unangenehm zu lesen, weil selten[113] eine Periode ihre gehörige Rundung und die Deutlichkeit hat, die sie durch die natürliche Ordnung ihrer Glieder erhalten muß. Daß aber der Hexameter ihnen zur Vermeidung dieses Fehlers nichts hilft, mögen Sie aus folgender Probe sehen; es ist der Anfang des ganzen Gedichts.


Kommt, ihr Kinder der Menschen, in geziemender Andacht,

Hört was der Prediger spricht, und glaubt eurem Freunde,

Den die ernsthafte Muse mit den Gedanken begeistert,

Alles sei eitel, was wir tun, und was wir gedenken:

Daß wir in dieser Pilgrimschaft von siebenzig Jahren,

Über gefährliche Felsen und durch Täler der Tränen

Stets getrieben, in der wilden Irre herumgehn,

Durch die Arbeit ermüdet, und das Ende doch fürchtend;

Daß wir alle von Mutterliebe an, sonst von nichts wissen,

Als von Torheit, Leidenschaft, Arbeit, Unruh, und Sorgen;

Daß uns erst bei dem herannahenden Tode die Wahrheit

Deutlich sein wird, von welcher ich nunmehr tiefsinnig singe:

Wir gehen nach falschen Freuden, und leiden wirkliche Übel.


Ich will den sehen, der diese Periode gehörig konstruieren und interpunktieren kann. Wo kömmt z.E. in der fünften Zeile das daß her? Wenn es mit dem vorhergehenden binden sollte, hätte es in der vierten Zeile heißen müssen: daß alles eitel sei; und alsdenn würden die übrigen daß natürlich auf einander folgen.

Was die Hexameter selbst anbelangt, so können leicht keine nachlässigern in der Welt sein. Es ist, als ob sich der Verfasser das ausdrückliche Gesetz gemacht hätte, den männlichen Abschnitt nicht ein einziges mal zu beobachten. Er geht durch alle mögliche Veränderungen der Scansion, und nur in die einzige wohlklingende fällt er nie anders, als von ohngefähr und mit einem Fehler. Ich will eine Stelle aus der Rede der Ägyptierin, im zweiten Buche, zum Exempel anführen. Ich wähle diese Stelle, um Sie zugleich an eine von den malerischsten Phantasien wieder zu erinnern, die ich jemals[114] bei einem Dichter gelesen habe. Die schöne Sklavin weigert sich die Liebe des Salomo anzunehmen? und sagt unter andern:


Diese Künste selbst werden dir hier nicht gelingen;

Ich bin seit langem eines andern Liebe bestimmet.

Jenseit den grausamen Grenzen des Landes, das dir gehorchet,

Schon in meinem Lande schwur ich einem Geliebten,

Der mir gleich ist, Treue zu; und er schwur mir ein gleiches:

Und wir glaubten freudig, daß wir die Wahrheit geschworen.

Unsere beiderseitigen Worte fuhren gen Himmel;

Die geschäftigen Engel legten sie in die Waagschalen,

Fanden sie gültig, schlugen freudig die Flügel, und schrieben

Was wir feierlich gesprochen, in die ewige Rolle.


Der einzige zweite Vers hat den gefälligen Abschnitt, den Virgil, unter neun Versen gewiß immer achtmal beobachtet; aber wie hat er ihn?


Ich bin | seit lan | gem


Und dergleichen grobe Verstoßungen wider die Quantität sind in allen Zeilen.

Doch erlauben Sie mir, Ihnen auch durch eine Vergleichung zu zeigen, wie wäßrig, matt, weitschweifig überhaupt die Sprache dieses Hexametristen ist. Ich will die vortreffliche prosaische Übersetzung, die uns Herr Ebert von dem »Leonidas«58 gegeben hat, dazu brauchen. Ich bleibe bei der ersten der besten Seite stehen, so wie das Buch auffallen will. – Es ist die Rede des Leonidas, nachdem Agis den Ausspruch des Delphischen Phöbus der Versammlung eröffnet hatte, daß die Perser siegen würden, wo nicht ein König, der vom Herkules abstamme, Lacedämon durch seinen Tod mit Trauern erfülle.[115] »Woher dieses Erstaunen auf jedem Gesichte, ihr Männer von Sparta? Zeuget der Name des Todes diese Furcht und Verwunderung? O meine Freunde! Warum arbeiten wir durch die steilen Wege, welche zur Tugend leiten? Fruchtlos wäre die Arbeit, der entfernte Gipfel wäre von menschlichen Füßen nicht zu erreichen, wenn die Furcht des Todes unsere Reise unterbrechen könnte. Aber vergebens nimmt er seine finstersten Runzeln und Schrecken an, um die Festigkeit einer Seele zu erschüttern, welche weiß, daß ein Leben dem die Tugend mangelt, Mühseligkeit und Elend ist; daß selbst die Tugend trauert, wenn ihr die Freiheit mangelt, und nach der Glückseligkeit vergebens herumsieht. Sprich also, o Sparta, und fordere mein Leben; mein Herz jauchzt deinem Rufe entgegen, und lächelt das rühmliche Schicksal an. Mit Ruhm zu leben erlauben die Götter vielen; aber mit gleichem Glanze zu sterben, das ist ein Glück, welches der Himmel von allen den besten Gütern des Geschicks ausliest, und mit sparender Hand nur wenigen schenket.«

Das war Prosa, und nun hören Sie Poesie!


Warum sitzt denn nun das Schrecken auf jedem Gesichte,

O ihr Männer von Sparta! Kann der Name des Todes

Solche Furcht und Wunder erwecken? O teuerste Freunde!

Warum dringt ihr euch mühsam durch die beschwerlichen Pfade,

Die zur Tugend führen? Umsonst wäre die Arbeit,

Und der entfernte Gipfel wäre für menschliche Füße

Allzu sehr erhaben, wenn die Furcht vor dem Tode

Uns den Durchgang versagte. Nein, er bedient sich vergeblich

Seines grimmigen Anblicks, seiner schwärzesten Schrecken,

Um ein Herz in Kleinmut zu setzen, dem es bekannt ist

Daß die Tugend weine, wenn die Freiheit dahin ist,

Als um eine Sache, die sie einzig beglücket.

Rede denn frei, o Sparta! sprich, und fordre mein Leben.

Ja mein frohes Herz gibt es willig, wenn du es forderst,

Und wünscht einen herrlichen Tod. Mit Ruhm zu leben,

Haben die Götter vielen gewähret; rühmlich zu sterben[116]

Ist ein edlerer Segen; aus der Fülle der Gnaden,

Die das Schicksal besitzet, hat ihn der Himmel gewählet;

Er ist sparsam damit, und hat ihn nicht vielen gegeben.


Man sollte darauf schwören, der Schweizer habe die Ebertsche Übersetzung vor sich gehabt, und mit Fleiß alle nachdrückliche Wörter, alle kürzern und edlern Wendungen verändert, um ein Beispiel von dem Gegenteile dessen, was ich oben von den schweizerischen Übersetzungen überhaupt gerühmt habe, zu geben. Welches spricht die Prosa, und welches die Poesie? Warum sitzt denn nun das Schrecken, oder Woher dieses Erstaunen? Sich durch beschwerliche Pfade mühsam dringen, oder sich durcharbeiten?

Nein, wahrlich, nein, solche Hexameter meinet der Vorredner zu der Übersetzung des verlorenen Paradieses nicht, wenn er sagt, daß man jenes große Gedicht noch erst in der vollen Pracht des deutschen Hexameters übersetzen müsse, um es dem Grade der Vollkommenheit, den es in seiner ursprünglichen Sprache hat, so viel als möglich zu nähern. Denn von allen den Freiheiten, die man sich, wie er glaubt, in dieser Versart nehmen dürfte, vornehmlich in der Nachahmung fremder Mundarten, in anständigern Versetzungen der Wortfügung, in dem Gebrauche alter Machtwörter, in morgenländischen Metaphern, und andern dergleichen Erhebungen der Sprache, von allen diesen Freiheiten, sage ich, hat unser Übersetzer keine einzige gebraucht. Und doch führt er diese nämliche Stelle des gedachten Vorredners gleichsam zu seiner Verteidigung an.

Wozu hat er sich nun also die Mühe genommen, Gedichte, welche bereits in Prosa recht gut übersetzt sind, noch einmal in Verse zu übersetzen, die weit schlechter, als schlechte Prosa sind? Er fragt zwar auf dem Titelblatte:


Dic mihi quid melius desidiosus agam?


Aber hat er die Antwort auf diese Frage niemals bei dem Horaz gelesen? Quiescas!

Und nun habe ich Ihnen noch von dem Seltsamsten an diesem Werke etwas zu sagen. Sein Verfasser muß sich in die Hexameter außerordentlich verliebt haben, denn er hat seine[117] Zueignungsschrift sogar in englischen Hexametern abgefaßt. Wollen Sie nicht einige davon lesen?


Yes, the Man confin'd to books in the eyes of the worlding

Seems a creature unable of recreation and pleasure,

Through himself bereft of all the social blessings

And unworthy of the providential kindness etc.


Sollte ein geborner Engländer nicht schon mehr als einmal gefragt haben: Was heißt das? Es gehört wirklich eine rare Stirne dazu, in einer fremden Sprache, die man nicht vollkommen versteht, Verse zu machen. In einer toten, mag es noch hingehen; denn eine tote versteht niemand vollkommen mehr; aber in einer lebendigen, wo mich ein jeder, dessen Muttersprache es ist, auslachen kann, – das ist mir zu unbegreiflich.

Daß unterdessen Herr Simon Grynäus, (denn so heißt unser hexametrischer Übersetzer, wie man aus der Unterschrift seiner Zueignung siehet) nur nicht etwa gar glaubt, daß er der erste sei, welcher englische Hexameter gemacht hat. Er ist nur der erste, welcher sie, so wie die deutschen, ohne alle Regeln, ja allen schon angenommenen Regeln zum Trotze, gemacht hat.

Philipp Sidney, unter der Regierung der Königin Elisabeth, wagte es bereits in seinem »Arkadien«, Hexameter und Pentameter, und sapphische Oden in seiner Sprache zu machen. Und noch vor einige zwanzig Jahren hat ein Ungenannter einen neuen Versuch getan, die alten Sylbenmaße im Englischen einzuführen.59 Unter den prosodischen Regeln, die er dabei beobachtet hat, ist unter andern auch die Position, und er macht alle Selbstlauter lang auf welche zwei oder mehr Mitlauter folgen; wenige Fälle ausgenommen, z.E. wo sie auch im Lateinischen kurz sein können, wo der zweite Mitlauter[118] ein th ist, wo es nicht zwei verschiedene Mitlauter sind, sondern eben derselbe nur doppelt stehet etc.

So viel ich, als ein Deutscher, von diesem neuen Versuche urteilen kann, ist er vortrefflich gelungen. Ich habe keinen einzigen Vers darin wahrgenommen, der sich auf mehr als eine Weise skandieren ließe, und ich glaube wir könnten stolz darauf sein, wenn wir viele so gute deutsche Hexameter hätten. Erlauben Sie mir zu versuchen, ob ich den Anfang der vierten Ekloge des Virgils, die auch mit darin übersetzt ist, noch gut im Gedächtnisse habe:


Sicilian Muses to a Strain more noble ascend we!

Woods and low Tamarisks delight not every fancy.

Groves if we sing of, those Groves be worthy a Consul.

Now is the last Epoch of song Cumaean arrived:

A new and wondrous series of Things is arising.

Now is the bright Virgin, now Saturns Scepter returning.

Now is a new Progeny sent down from lofty Olympus.

The Babe's Birth only, through whom, over Earth universal

This Iron age ending shall burnish into a golden,

Chaste Lucina favour! etc.

E.


XX. Den 17. Mai 1759
Vierzigster Brief

Und wie kam es gleichwohl, fragen Sie, daß diese wiederholten Versuche, die alten griechischen Sylbenmaße in die britische Poesie einzuführen, fruchtlos blieben, und der prächtige Hexameter die zehnsylbigen reimlosen Jamben nicht verdringen konnte? Dürfen wir hoffen, setzen Sie hinzu, daß die ähnlichen Versuche unserer Deutschen, von beßrer Wirkung sein werden?

Es ist schwer eine Neuerung durch sie selbst beliebt zu machen, und das Publikum läßt sich in dergleichen Fällen lieber überschleichen, als überreden. Hätte Milton den Hexameter zu seinem »Verlornen Paradiese« gewählt, so würde er längst der Lieblingsvers der Nation geworden sein, wenn der[119] Dichter auch nicht das geringste zu seiner Anpreisung gesagt hätte. Die innern Schönheiten des Gedichts würden die ungewohnte Versart so lange vertreten haben, bis sich das Ohr unmerklich an sie gewöhnt, und in dem, was es anfangs nur duldete, endlich auch Wohlklang entdeckt hätte. Allein ein neues Metrum aus Gründen anpreisen wollen, und von dem möglichen Gebrauche desselben Muster geben, die außer diesem neuen Metro selbst, nichts vorzügliches haben, das heißt zu plump zu Werke gehn.

Umsonst würden also auch bei uns, bald ein Omeis, bald ein Gottsched, die Möglichkeit eines deutschen Hexameters erkannt, und nach ihren Kräften Beispiele davon gegeben haben, wenn nicht andere Männer zugleich mit ins Spiel getreten wären, und der Sache nicht durch ihren kritischen Richterspruch, sondern durch ihren stillschweigenden Gebrauch, den Ausschlag gegeben hätten. Der Verfasser des »Messias« und des »Frühlings« schienen sich das Wort gegeben zu haben, und sie traten fast zu gleicher Zeit mit Werken in dieser Versart hervor, auf deren noch immer wachsenden Beifall ich allein die Hoffnung gründe, daß sich der deutsche Hexameter erhalten werde. Setzen Sie aber einmal, das Unglück hätte es gewollt, und der Verfasser des »Nimrods« wäre jenen beiden Dichtern im Gebrauche desselben zuvorgekommen, (wie er sich dessen auch in allem Ernste rühmet) würde er wohl einen einzigen Nachfolger bekommen haben, wenn seine Hexameter auch schon zehnmal richtiger und wohlklingender wären, als sie in der Tat nicht sind?

Aber was vermuten Sie bei dem allen von dem Verfasser des Frühlings? Sollte man nicht glauben, er habe nach der Zeit seine neue Versart selbst gemißbilliget? Findet sich auch nur ein einziger Hexameter in seinen »Neuen Gedichten«? Und sein »Cissides und Paches«, – ich würde darauf geschworen haben, daß dieser in Hexametern sein müßte.

Ich habe es wohl gedacht, daß ich nicht nötig haben würde, Ihnen dieses letztere Werk60 bekannt zu machen. Ihre[120] Neugierde ist mir zuvor gekommen. Ich kann nun weiter nichts, als in das Lob, welches Sie ihm erteilen, mit einstimmen. Es ist wahr, man wird schwerlich ein anderes Gedicht nennen können, in welchem so viele große und schreckliche Szenen in einem so engen Raum zusammengepreßt wären. Es würde einem geschickten Maler etwas leichtes sein, es ganz, so wie es ist, in eine Folge von Gemälden zu verwandeln. Der Dichter hat ihm alles vorgezeichnet. Das Titelkupfer ist ein Beweis davon, wo sich Herr Meil mit eben so vieler Kunst, als Genauigkeit, an die Worte zu halten gewußt hat.


Zuletzt setzt er den Bogen auf die Brust

Dem Flehenden, mit weggewandten Blick.


Und zu welchen vortrefflichen Schilderungen könnte im zweiten Gesange, die Löschung des Durstes, und der Tod des Cissides, so wie im dritten, der getreue Knecht unter dem Teppiche seines toten Herrn, Stoff geben! – Doch derjenigen poetischen Gemälde, die dem Dichter kein Künstler mit Linien und Farben nachbilden wird, sind noch weit mehrere. Als:


Wenn, vom Orkan gepeitscht, des Meeres Flut,

Die mit den sinkenden Gewölken sich,

Hoch in der finstern Luft, zu mischen schien,

Gleich Berg und Felsen im Erdbeben, fällt,

Und wieder steigt und fällt, daß alles heult,

Und alles Donner wird, und schnell Neptun

Den mächtigen Trident mit starkem Arm

Aus Wasserbergen hebt; wie dann der Sturm

Verstummt, die Flügel nicht mehr regt, und Meer

Und Himmel ruhig wird, daß Phöbus lacht,

Und jeder Strahl von ihm im Meere blitzt:

So etc.


Oder:


Und vom Geschrei der Stürmenden erklang

Des Himmels Bühne weit, wie sie erklingt

Vom tausendstimmigen Sturmwinde, wie

Der Wald in Lybien ertönt, wenn Löw[121]

Und Tiger, und manch wütend Tier ins Netz

Der schreinden Jäger fällt, und heult und brüllt.


Oder:


– Sein Roß war stolz wie er;

Es schien die Erde zu verachten, kaum

Berührt es sie mit leichten Füßen, schnob,

Und wieherte zu der Trompete Klang,

Und forderte zum Kampf heraus, wie er.


Doch warum schreibe ich noch ab, was Sie vielleicht schon auswendig wissen? Kommen Sie; ich will Ihnen eine größere Freude machen! Ich besitze, aus der gütigen Mitteilung eines Freundes, zwei noch ungedruckte Stücke dieses Dichters, und diese will ich meinem Briefe beilegen. Das eine ist gleichsam der Pendant zu dem Grabliede auf der 24sten Seite seiner neuen Gedichte; und das andere ist eine Hymne. – Hier würde Ihre Begierde nach der Beilage meinen Brief doch endigen, wenn ich ihn auch nicht selbst geendigt hätte.

E.


Geburtslied

Weh dir, daß du geboren bist!

Das große Narrenhaus, die Welt

Erwartet dich zu deiner Qual.

Nicht Wissenschaft, nicht Tugend ist

Ein Bollwerk für der Bosheit Wut,

Die dich bestürmen wird. Verdienst

Beleidiget die Majestät

Der Dummheit, und wird dir gewiß,

(Im Fall du dirs einmal erwirbst)

Ein Kerkerwert Verbrechen sein.

Der Schatten eines Fehlers wird,

Bei hundert deiner Tugenden,

Der Lästrung greulichstes Geschrei

Oft hinter dir erwecken. Wenn,

Voll edeln Zorns, du kühn die Stirn

Zum Lästrer kehrst, ist alles Ruh.

Ein Zeigefinger, der schon sinkt,

Ein Nickkopf weis't dir kaum, was man

Begonnen. Schnell tönt hinter dir

Des Unsinns Stimme wiederum. –

Wenn du nicht wie ein Sturmwind sprichst,[122]

Nicht säufst, wie da die Erde säuft,

Wo sich das Meer in Strudeln dreht;

Wenn kein Erdbeben deinen Leib

Zu rütteln scheint, indem zu zürnst:

So mangelts dir an Heldenmut.

Und tanzest du den Phrynen nicht,

Von weiten, einen Reverenz:

So mangelts dir an großer Welt.

Wenn du nicht spielst, und viel gewinnst,

Bis der, mit dem du spielst, erwacht;

Wenn Wollust unter Rosen nicht

Dich in die geilen Arme schlingt:

So fehlt dir Witz! so fehlt dir Witz! –

Nichts, nichts als Torheit wirst du sehn

Und Unglück. Ganze Länder fliehn,

Gejagt vom Feuermeer des Kriegs,

Vom bleichen Hunger und der Pest,

Des Kriegs Gesellen. Und die See

Ergießt sich wild; Verderben schwimmt

Auf ihren Wogen, und der Tod.

Ein unterirdischer Donner brüllt,

Die Erd eröffnet ihren Schlund,

Begräbt in Flammen Feld und Wald,

Und was im Feld und Walde wohnt. –

Und fast kein tugendhafter Mann

Ist ohne Milzsucht, lahmen Fuß

Und ohne Buckel oder Star;

Ihn foltert Schwermut, weil er lebt! –

Dies alles wirst du sehn und mehr.

Allein du wirst auch die Natur

Voll sanfter Schönheit sehn. Das Meer.

Der Morgenröte Spiegel, wird

Mit rotem Lichte dich erfreun,

Und rauschen dir Entzückung zu.

Und kühle Wälder werden dich

Verbergen, wenn die Sonne brennt,

In Nacht. Der Birken hangend Haar

Wird dich beschatten. Oft wirst du,

In blühnden Hecken eines Tals

Voll Ruh einhergehn, atmen Lust,

Und sehen einen Schmetterling

Auf jeder Blüt, in bunter Pracht,

Und den Fasan im Klee, der dir

Denselben Hals bald rot, bald braun,

Bald grün, im Glanz der Sonne, zeigt.

Auch Wiesen werden dich erfreun,[123]

Mit Regenbögen ausgeschmückt,

Und in der Flut ein Labyrinth

Von Blumen, und manch bunter Kranz,

Aus dessen Mitte Phöbus Bild,

Voll Strahlen, blitzt, und über dem

In holden Düften Zephyr schwärmt.

Die Lerche, die in Augen nicht,

Doch immer in den Ohren ist,

Singt aus den Wolken Freud herab,

Dir in die Brust. Auch Tugend ist

Noch nicht verschwunden aus der Welt,

Und Friedrich lebt, der sie belohnt,

Und sie ist selbst ihr reicher Lohn.

Mitleiden, Großmut, Dankbarkeit,

Und Menschenlieb und Edelmut

Wirft Freud, und Freude nur ist Glück.

Fühl Tugenden, so fühlst du Glück! –

Und mancher Freund wird dich durch Witz

Und Liebe (wie mein ** mich)

Beseligen, und sein dein Trost,

Wenn Falschheit dein Verderben sucht.

Laß Neid und niedre Raben schrein,

Und trinke du der Sonne Glut,

Gleich einem Adler. Hülle dich

In deine Tugend, wenn es stürmt. –

Doch öftrer lacht der Himmel dir;

Das Leben ist mehr Lust als Schmerz.

Wohl dir, daß du geboren bist!


Hymne

Groß ist der Herr! die Himmel ohne Zahl

Sind seine Wohnungen,

Sein Wagen, Sturm und donnernde Gewölk,

Und Blitze sein Gespann.

Die Morgenröt' ist nur ein Widerschein

Vom Saume seines Kleids,

Und gegen seinen Glanz, ist Dämmerung

Der Sonne flammend Licht.

Er sieht mit gnädgem Blick zur Erd herab;

Sie grünet, blüht und lacht.

Er schilt; es fähret Feur von Felsen auf,

Und Meer und Himmel klagt.

Lobt den gewaltigen, den gnädgen Herrn,

Ihr Lichter seiner Burg,[124]

Ihr Sonnenheere! Flammt zu seinem Ruhm!

Ihr Erden singt sein Lob!

Erhebet ihn ihr Meere! Braust sein Lob!

Ihr Flüsse rauschet es!

Es neige sich der Zedern hohes Haupt,

Und jeder Wald für ihn!

Ihr Löwen brüllt zu seiner Ehr im Hain!

Singt ihm, ihr Vögel! singt!

Seid sein Altar ihr Felsen, die er traf,

Eur Dampf sei Weirauch ihm!

Der Widerhall lob ihn! Und die Natur

Sing ihm ein froh Konzert!

Und du, der Erden Herr, o Mensch! zerfließ

In Harmonien ganz!

Dich hat er, mehr als alles sonst, beglückt.

Er gab dir einen Geist,

Der durch den Bau des Ganzen dringt und kennt

Die Räder der Natur.

Erheb ihn hoch zu deiner Seligkeit!

Er braucht kein Lob zum Glück.

Die niedern Neigungen und Laster fliehn,

Wenn du zu ihm dich schwingst.

Die Sonne steige nie aus roter Flut,

Und sinke nie darein,

Daß du nicht deine Stimm vereinigst mit

Der Stimme der Natur.

Lob ihn im Regen und in dürrer Zeit,

Im Sonnenschein und Sturm!

Wenns schneit, wenn Frost aus Wasser Brücken baut,

Und wenn die Erde grünt.

In Überschwemmungen, in Krieg und Pest

Trau ihm, und sing ihm Lob!

Er sorgt für dich, denn er erschuf zum Glück

Das menschliche Geschlecht.

Und o wie liebreich sorgt er auch für mich!

Statt Golds und Ruhms, gibt er

Vermögen mir die Wahrheit einzusehn,

Und Freund' und Saitenspiel.

Erhalte mir, o Herr! was du verleihst;

Mehr brauch ich nicht zum Glück.

Durch heilgen Schaur will ich, ohnmächtig sonst,

Dich preisen ewiglich!

In finstern Wäldern will ich mich allein

Mit dir beschäftigen,

Und seufzen laut, und nach dem Himmel sehn,

Der durch die Zweige blickt.[125]

Und irren aus Gestad des Meers, und dich

In jeder Woge sehn,

Und hören dich im Sturm, bewundern in

Der Au Tapeten dich.

Ich will entzückt auf Felsen klimmen, durch

Zerrißne Wolken sehn,

Und suchen dich den Tag, bis mich die Nacht

In heilge Träume wiegt.


XXI. Den 24. Mai 1759
Ein und vierzigster Brief

Der Verfasser der »Schilderungen aus dem Reiche der Natur und der Sittenlehre« ist Herr Dusch; eine der fruchtbarsten Federn unsrer Zeit. Und eben weil es Herr Dusch ist, haben die Verfasser der »Bibliothek der schönen Wissenschaften« von dem zweiten und dritten Teile derselben nichts zu sagen, für gut befunden. Auf eine einzige Erinnerung wider diesen Skribenten, bekömmt man die Antworten immer zu halben Dutzenden zu lesen. Eine jede Kritik weiß er in eine Streitigkeit zu verwandeln; und wer streitet gern?

Aber nun soll ich wenigstens mit der Sprache gegen Sie heraus. – Sie setzen mich in Verlegenheit. – Was soll ich Ihnen sagen? Ich habe die »Schilderungen« nicht gelesen; hier und da darin zu blättern, das ist alles, was mir meine Zeit erlaubt hat. Zwar, die »Schilderungen« sind auch kein Buch, das man ganz, das man nach der Ordnung lesen müßte. Man mag in der Mitte, man mag am Ende, man mag anfangen wo man will; man findet an einem Orte so viel Zusammenhang, wie an dem andern. Und in dem ganzen Buche gerade so viel Zusammenhang, als – im Kalender.

Nun wohl; also kann ich Ihnen doch die Anmerkungen mitteilen, die ich bei dem Durchblättern zu machen, Gelegenheit gehabt habe. Wenn Sie damit zufrieden sein wollen –

Zur Sache! Ich muß mich wundern, daß die Verfasser der »Bibliothek« wider die Einteilung des Werks überhaupt nichts erinnert haben. Herr Dusch will die Natur schildern; seine[126] Schilderungen sollen eine Art von Verbindung unter sich haben; die Verbindung nach den Jahrszeiten ist schon gebraucht; Herr Dusch ist ein großer Liebhaber des Neuen, des Selbsterfundenen; er wählt also die Verbindung nach den Monaten. Nach den Monaten! Ein kühner glücklicher Einfall! Aber kennt denn die Natur, möchte ich ihn fragen, diese Einteilung in Monate? Ist ein Monat von dem andern eben so unterschieden, als eine Jahrszeit von der andern? Welche Bilder, welche Szenen kommen nur diesem und keinem andern Monate zu? Und wenn eben dieselben Bilder und Szenen mehr als einem Monate zukommen können, was für einen zureichenden Grund hat der Skribent, sie uns lieber in diesem, als in einem andern zu zeigen?

Ich tadle hier eben das, was Pope bereits an den Eklogen des Spenser getadelt hat. Auch Spenser hatte einem jeden Monate eine besondere Ekloge gewidmet; und was sagt Pope dazu? »Diese ängstliche Einteilung seiner Schäfergedichte in Monate, hat ihn gezwungen, die nämliche Beschreibung entweder in drei Monaten nach einander, mit veränderten Worten, zu wiederholen, oder, wenn sie das erste mal schon erschöpft war, gänzlich wegzulassen; woher es denn kömmt, daß einige von seinen Eklogen, (als zum Exempel die sechste, achte und zehnte), sich durch nichts als ihre Titel unterscheiden. Und wie kann es anders sein, da das Jahr von der Mannigfaltigkeit nicht ist, daß es, so wie eine jede Jahrszeit, also auch einen jeden Monat, mit einer ihm eigenen Beschreibung versorgen könnte?«61 – Wenn Herr Dusch, wie man sagt, auch der Übersetzer von Popens sämtlichen Werken ist, so muß es uns so viel mehr befremden, daß er sich dieser Anmerkung[127] seines Helden nicht erinnern wollen.62 Wenn er es getan hätte, so würde es in seinen Schilderungen vielleicht nicht von so vielen Gegenständen, bis zum Ekel, mutatis mutandis heißen: – Noch blüht die schöne Rose nicht! – Nun blüht die schöne Rose! – Nun hat die schöne Rose geblüht! –

Doch welche Bedenklichkeit kann Herr Dusch haben, sich selbst auszuschreiben; er, der andere mit der allerunglaublichsten[128] Freiheit ausschreibet? Ich wenigstens kann seine Schilderungen für nichts anders, als einen beständigen Cento, aus Pope, Thomson, Hervey, Young, Kleist, Haller und zwanzig andern halten. Und glauben Sie ja nicht, daß er diese Männer nur da ausschreibt, wo er sie in den Noten anführt. Ich kenne leicht keinen Skribenten, der listiger anzuziehen weiß. Er bekennt mit der scheinbarsten Offenherzigkeit, nicht selten ganz entfernte Nachahmungen, um die aller plumpsten Entwendungen damit zu maskieren. Ich kann ihn zehnmal aufschlagen, und ich werde siebenmal mehr eine alte Lecture zu wiederholen, als etwas neues zu lesen glauben.

Aber ich will mich bei solchen allgemeinen Erinnerungen nicht länger aufhalten. – Ich komme auf die Teile selbst, von welchen Sie nähere Nachricht haben wollen. Von dem zweiten, welcher die Sommermonate enthält, will ich wenig oder gar nichts sagen. Ich lief ihn gleich bei seiner Neuheit durch, und habe, was ich damals dabei gedachte, wieder vergessen. So viel weiß ich nur noch: Ich hatte ihn uneingebunden vor mir liegen, und sahe auf der letzten Seite der Vorrede, daß Herr Dusch einen Fehler des Gedächtnisses, den er in den ersten drei Monaten begangen hatte, verbesserte; er hatte nämlich an einem Orte Leda gesetzt, wo Semele stehen sollte.

Indem ich noch seine Strenge gegen sich selbst, und seine große Liebe zur Genauigkeit bewunderte, schlug ich einige Blätter um, und ein weit gröberer Fehler sprang mir auf einmal ins Auge. Lesen Sie doch! »Bewundert sie, die Natur, (sagt Herr Dusch auf der 280ten Seite) in den Geschlechtern der Tiere, von dem Hunde bis zum Elefanten; in den gefiederten Scharen von der Vogelfliege bis zum wütenden Strauß; in den Insekten, die zu betrachten ein Merian, die neue Welt besuchet etc.« – Ein Merian? Es gehört eine Note dazu; und die wird uns nähere Nachricht geben. »Merian, heißt die gelehrte Note, ein bekannter Maler, reisete, bloß aus der Begierde, die Schönheiten der Insekten zu betrachten, nach Surinam.« – Schade, daß ich den bekannten Maler nicht kenne! Eine Maria Sibylla Merianin kenne ich wohl, die in einer ernsthaftern Absicht, als die bloße Schönheit der Insekten zu[129] betrachten, nach Surinam reisete. – Kurz; hier steht Kadmus, wo Semele stehen sollte.

Ich komme also zum dritten Teile. Und dieser dritte Teil hat eine merkwürdige Vorrede. Herr Dusch hat die Erinnerungen, die in der Bibliothek der schönen Wissenschaften, gegen seinen ersten Teil gemacht worden, gegründet gefunden, und sich entschlossen, ihnen genug zu tun. – Wie schwer muß ihm diese Verleugnung seiner selbst geworden sein! Er tauert mich! – Es ist wahr, seine Schreibart ist nun nicht mehr so geschmückt; seine Prose stolpert nicht mehr so hexametrisch einher; und doch ist sein Buch darum um nichts besser geworden.

Noch immer ist die Tautologie seine liebste Figur. Ein pathetischer Nichts wird man selten auf den Kanzeln hören, als man bei ihm fast auf allen Seiten findet. Z. E. »Wie widersprechend ist die Torheit, welche sich einmal vorgesetzt hat, einen Irrtum zu behaupten. In was für Widersprüche versinkt sie nicht!«63 Wie schwatzhaft ist ein Dusch, welcher sich einmal vorgesetzt hat, viel zu schreiben. In was für Geschwätze versinkt er nicht! – Und so gut geraten ihm seine Tautologien auch nicht einmal allezeit. Sie werden sehr oft zu Ungereimtheiten, die ganz etwas anders sagen, als er hat sagen wollen. Z.E. Die zärtliche Apostrophe an seine Doris aus dem November: »Uns beide, o Doris, wird der Tod dahin führen, wo unsere Väter seit der Sündflut schlafen. Wir werden nicht gegen dieses allgemeine Gesetz der Sterblichkeit murren, nicht zittern, unsern Tod zu sehen. Aber wollte der Himmel uns einen Wunsch gewähren, so sollte kein Auge den Verlust des andern beweinen! Eine Stunde sollte unser Leben schließen; zugleich sollte in einem Seufzer unser Atem entfliehen.«64 Nun ja doch, ja; wir merken es wohl, daß von dem lieben Paare keines das andere überleben will. Aber sagen dem ohngeachtet die Worte: so sollte kein Auge den Verlust des andern beweinen, nicht ganz etwas anders? Ihnen zu Folge wünschet Herr Dusch, daß keines von ihnen einäugig werden möge; nicht aber, daß keines das andere überleben[130] möge. Denn nur alsdenn, wenn man das Unglück hat einäugig zu werden, beweinet ein Auge den Verlust des andern. Und auch für dieses Unglück bewahre ihn der Himmel! Denn eine einäugige Doris, und ein einäugiger Liebhaber sind freilich ein trauriger Anblick. Besonders wenn ein witziger Freund auch nicht einmal sagen könnte:


– Puer, lumen quod habes concede puellae!

Sic tu coecus Amor, sic erit illa Venus.


In ähnliche Ungereimtheiten fällt Herr Dusch auch oft, wenn er Bilder und Umstände ohne alle Wahl häuft. Z.E. »Der Landmann weiß der Kälte Arbeit entgegen zu setzen, und wider Willen des Winters Schweiß aus seiner Stirne zu treiben. Unter seinen starken Hieben sinkt die tausendjährige Eiche, unter der Gewalt seiner abgehärteten Hände zerreißt der Pflug die starre Erdscholle, und unter seiner Sichel fallen die Ähren der Felder.«65 Vortrefflich! Nun wissen wir doch, wenn der Landmann sein Korn hauet. Im Winter, um sich eine erwärmende Bewegung zu machen. – Zwar das hat nun Herr Dusch gewiß nicht sagen wollen, sondern seine Feder, die einmal aufgezogen war, hat es wider seinen Willen hingeschrieben. Denn so viel mag er wohl von der Natur verstehen, daß er ungefähr weiß, in welchen Monat die Ernte fällt. – Mehr aber? – Was er mehr davon weiß, das mag er sicherlich nur halb wissen.

Wollen Sie einen Beweis? – Wie billig! – Herr Dusch will im Anfange seines Oktobers eine Beschreibung von der herbstlichen Nachtgleiche, (Aequinoctium autumnale) geben, und sagt: »Itzo wieget die Waage Tag und Nacht in gleichen Schalen, und der Stand der Sonne teilet den Erdkreis in Licht und Finsternis.«66 Die erste Hälfte dieser Beschreibung ist schön, denn sie ist nach einer Zeile des Virgils gemacht, die Herr Dusch selbst anführt.


Libra die somnique pares ubi fecerit horas etc.


Allein was sagen Sie zu der andern Hälfte: und der Stand der [131] Sonne teilet den Erdkreis in Licht und Finsternis? Der Skribent muß träumen. Geschieht es denn nur bei der Nachtgleiche, daß die Sonne durch ihren Stand den Erdkreis in Licht und Finsternis teilet? Ich denke es geschiehet immer; die Sonne mag stehen wo sie will. Denn immer ist die eine Hälfte der Erdkugel von ihr erleuchtet und die andere nicht; und sie teilet sie also immer in Licht und Finsternis. Das ist unwidersprechlich. Aber nun will ich Ihnen auch zeigen, wie er zu diesem albernen Zusatze gekommen ist. Der gleich darauf folgende Vers bei dem Virgil, den Herr Dusch nicht anführt, heißt:


Et medium luci atque umbris jam dividet orbem.67


Und diese Zeile hat er offenbar durch sein: der Stand der Sonne teilet den Erdkreis in Licht und Finsternis, übersetzen wollen. Wenn er sie aber doch erst hätte verstehen lernen! Orbis heißt hier gar nicht der Erdkreis; sondern so viel als orbita, die tägliche Laufbahn der Sonne um die Erde. Und wenn diese zur Hälfte in Licht und Finsternis geteilet ist; wenn die Sonne eben so lange über unserm Horizonte verweilet als unter demselben, alsdenn haben wir notwendig Nachtgleiche. Virgils Beschreibung ist also sehr richtig, da des Herrn Duschs seine sehr abgeschmackt ist. Es entschuldiget ihn nicht, daß orbis sehr oft so viel heißt als mundus, mundi orbis; es heißt eben so oft ein bloßer Kreis, und er hätte wissen sollen, welche Bedeutung sich hier schickt. Hier nimmt es der Römer eben so, wie er es an einer andern Stelle nimmt, wo er sagt:68


Jam rapidus torrens sitientes Sirius Indos

Ardebat coelo, et medium sol igneus orbem

Hauserat.


Sie hatte die Hälfte ihrer Bahn erreicht; es war Mittag. Ich weiß zwar, daß auch Ruäus medium orbem durch medium mundum auslegt: allein ich weiß auch, daß die prosaische Paraphrasis dieses Jesuiten erbärmlich ist, und daß man den[132] Virgil aus ihr sehr schlecht verstehen lernt. – Und so hätte ich zweierlei auf einmal bewiesen; nämlich daß Herr Dusch das Lateinische, das er nachahmen wollen, nicht verstanden hat, und daß er höchst verwirrte Begriffe von einem Phänomeno in der Natur haben muß, daß jeder Anfänger in der Astronomie zu erklären weiß.

Aber noch ein ander Beispiel, was für seltsame Vorstellungen sich Herr Dusch von den Dingen aus dieser Wissenschaft, und von dem, was durch ihre Grundsätze und Beobachtungen herauszubringen ist, machen muß! – An einem Orte seines Septembers sagt er: »Übung entwickelt die verborgnen Kräfte der Seele, wie die Arbeit die Kräfte des Körpers. Durch sie gestärkt mißt einer die Erde, verfolgt den Planeten auf seiner Bahn, und mißt die Weite von einer Sonne zur andern etc.«69 – Wer heißt es nun dem Herrn Dusch, auf die Rechnung der Astronomen in einem so pathetischen Tone so greulich zu lügen? Und glaubt er denn, daß sie ihm diese Prahlerei danken werden? Nichts macht eine Wissenschaft bei dem Pöbel lächerlicher, als wenn ein Stümper Dinge von ihr rühmt, die sie nie zu leisten unternommen hat, und auf keine Weise leisten kann. Ich weiß zwar, daß Hugenius, und noch in unsern Zeiten Bradley, wahrscheinliche ohngefähre Berechnungen von dem Abstande der Fixsterne von unserer Erde, und folglich zugleich von der Sonne, gegeben haben. Aber heißt denn das, die Weite von einer Sonne zur andern, das ist, von einem Fixsterne zu dem andern messen? Kann es unterdessen Herr Dusch; ei, so sage er uns doch, wie weit ist es vom Alkor bis zum Kabelesit? Oder um ihm, wenn er denkt, die Aufgabe zu erleichtern; wie weit ist es von einer der Plejaden zu der andern? Denn bei nahe muß ich auf den Verdacht kommen, daß er hier nur die scheinbare Weite eines Fixsterns von dem andern meint, und diese nicht besser zu messen verlangt, als der gemeine Mann den Schweif des Kometen mißt; nach Spannen. Meint er aber nur die Messung dieser scheinbaren Weite, so möchte ich wissen, was für eine Stärke des Geistes dazu gehöre?


Die Fortsetzung künftig[133]


XXII. Den 31. Mai 1759
Fortsetzung des ein und vierzigsten Briefes

Man hatte in der »Bibliothek« dem Herrn Dusch unter andern auch geraten, seine Gemälde öftrer mit Fiktionen zu unterbrechen. Und sehen Sie; auch diesen Rat hat der gutherzige Skribent angenommen! Er hat mehrere, er hat größere eingestreuet; und er versichert, es würde ihm angenehm sein, wenn sie gefallen könnten.

Lassen Sie mich, Wunders halber, eine ganz flüchtig durchgehen! Ich wähle den Traum dazu, der am Ende des Oktobers stehet. Prägen Sie sich es ja wohl ein, daß es ein Traum ist! – Herr Dusch also entschlief und träumte. »Ein unumgrenztes lachendes Tal, in einer kaum sichtbaren Ferne, mit blauen Gebirgen und Wäldern umgeben,« war der Schauplatz, worauf er sich auf einmal im Traum befand. – Bemerken Sie doch sogleich dieses unumgrenzte Tal, in einer kaum sichtbaren Ferne mit Bergen umgrenzt. – Hier also ist er; und wenn wird er aus diesem unumgrenzten Tale wieder herauskommen? Lassen Sie sich die Zeit nicht lang werden. Sieben Zeilen weiter »verfolgt er bereits durch eine Kette von Hügeln den Fußsteig, der ihn endlich an die schönste Ebene bringt.« – Willkommen! Aber was machte der Träumer erst in dem unumgrenzten Tale? Warum befand er sich nicht gleich in dieser Ebene? Hätte er den sauern Weg durch eine Kette von Hügeln nicht sich und dem Leser ersparen können? Und was entdeckt er in der Ebene? Er entdeckt in der Ferne »ein majestätisches Gebäude, das in Erstaunen und Ehrfurcht setzte. Der Mond erhellte einige Seiten und Mauern die sich mir im hellen Lichte entgegen kehrten, andere verbargen sich in tiefen Finsternissen. Unermeßliche Schatten fielen auf die unumgrenzte Fläche, und malten mit schwarzen Finsternissen die Gestalt des Tempels in erstaunlicher Größe auf das Feld. Mein Blick übermaß die Länge der Schatten nicht, die auf der Fläche lagen, und die Zinnen des Gebäudes schienen an die Wolken zu ragen. Das ganze Gebäude ruhte auf korinthischen Säulen. Alle Teile desselben waren[134] in der vollkommensten Symmetrie zusammen gefügt; und ihre Verbindung war so genau und richtig, daß kein Auge entdecken konnte, wo der eine Teil aufhörte, oder der andere anfing. Kein nötiges Glied wurde hier vermißt, und keine Zierat war überflüssig. Eine bewundernswürdige Einfalt herrschte in dem Ganzen, und die Majestät des kühnen und regelmäßigen Gebäudes setzte in Erstaunen.« – Das nenn ich eine Beschreibung! Ich führe sie deswegen ganz an, um Ihnen zu zeigen, welch ein vortrefflicher Baumeister Herr Dusch ist. Ein großes unermeßliches Gebäude, das durch seine Majestät in Erstaunen und Ehrfurcht setzt, dessen Zinnen an die Wolken ragen, das keine einzige überflüssige Zierat hat, in dessen Ganzen eine bewundernswürdige Einfalt herrscht; nach welcher Ordnung würden Sie so ein Gebäude aufführen? Geben Sie wohl Acht, und lernen Sie was! Herr Dusch führt es nach der korinthischen Ordnung auf. »Das ganze Gebäude ruhte auf korinthischen Säulen.« Es ist um ein aufgeschnapptes Kunstwort eine schöne Sache! Und noch eine schönere, um die edle Treustigkeit, ein solches Kunstwort auf gut Glück zu brauchen! –

Aber, damit ich weiter komme! Ein Genius begegnet dem Träumer, und sagt ihm, daß dieses große Gebäude der Tempel der Natur ist. Er erbietet sich ihm zum Führer, und nach verschiedenen vorläufigen Erinnerungen, treten sie mit einander in einen ungeheuren Vorhof des Tempels, wo sie eine Menge von bejahrten Männern nachsinnend, oder mit einander in Unterredung begriffen, erblicken. Alle in der Kleidung der alten Nationen; deren Weltweise und Naturforscher es sind. Nun fängt der Genius sein Collegium an: »Jener Schwarm in verschiedenen Trachten, deren Stirnen ein hohes Alter mit greisen Haaren bestreuet hat, sind die Weltweisen barbarischer Völker. Du siehst, sie gehen in kleinen Haufen zusammen, und unterreden sich zum Teil ganz leise, zum Teil durch Rätsel. – Ihre Lehre war nicht würdig auf die Nachwelt zu kommen. – Nur wenig ist davon mit Gewißheit für die Nachwelt übergeblieben.« – Hier besinnt sich der wachende Herr Dusch, seinem Genius mit ein Paar Zitationen auszuhelfen. Er setzt in einer Note hinzu: »Man muß die[135] Nachrichten von diesen (den Weltweisen der barbarischen Völker) aus verschiedenen Schriften, als Bournets Archaeolog. Philos. in der Amsterdamer Ausgabe seiner Theorie der Erde; Reimmanns Einleitung in die Geschichte der Gelehrsamkeit, und andern zusammen suchen.« Vortrefflich! Man muß sie aus denen zusammen suchen, die sie zusammen gesucht haben. Und wer ist Bournet? Wenn hat ein Bournet Archaelogias philosophicas geschrieben? Ein Burnet, weiß ich wohl; und was braucht Herr Dusch den ehrlichen Schotten in einen Franzosen zu verwandeln?

»Ein beßrer Haufe, fährt der Genius fort, ist der, den du dort in griechischer Kleidung siehst.« Und hierauf fängt der erleuchtete Genius an, in dem wahren Tone eines frühzeitigen Adjunkts der philosophischen Fakultät, so viel falsches, so viel nur halb wahres, so viel unverdautes Zeug von den verschiedenen griechischen Sekten, und einzeln Weltweisen, daher zu plaudern, als man nur immer in dem elendesten Compendio einer Geschichte der Weltweisheit, finden kann. Er hat ein Argument, mit welchem er sie alle abfertiget. Er spricht sein lächerlich! und so gleich erblickt man, anstatt eines ehrwürdigen Philosophen, einen dummen Jungen. Z.E. wenn er vom Pythagoras spricht: »Eine dunkle geheimnisvolle Lehre, die lächerlichste unter allen.«70 Oder vom Aristoteles: »eben so lächerlich und dunkel nahm Aristoteles Materie, Form und Privation zu seinen Grundquellen an.«71 (Oder an einem andern Orte vom Epikur: »Ich gehe hier nur kurz die Gründe durch, die dieses lächerliche Lehrgebäude zu Boden werfen können«72) – O mein Herr Genius, diese Ihre Beschuldigung des Lächerlichen, ist sehr lächerlich! Sie sind ein lächerlicher Genius; mit aller Hochachtung von einem Geiste gesprochen! Und sagen Sie mir, was wollen Sie dem guten Herrn Dusch weiß machen, wenn Sie unter andern ausrufen: »O Vernunft, wie blind bist du oftmals! Was die ältere Zeit schon längst nicht mehr glaubte, das sucht die neue wieder hervor, und die offenbarsten Irrtümer gewinnen noch einmal Beifall: und ein Spinoza, Cartes oder Gassendi kleiden[136] den alten Irrtum des Chrysippus oder des Epikurus in eine neuere bessere Tracht.« Was Sie mit dem Gassendus und Epikur wollen, das kann ich ohngefähr erraten. Aber der alte Irrtum des Chrysippus? Was ist das? Was hat Spinoza dem Chrysippus abgeborgt? Was Cartesius? Beide eben dasselbe; oder jeder etwas anders? Wenn Sie dem Herrn Dusch wieder im Traume erscheinen, haben sie doch die Gütigkeit, sich näher zu erklären!

Sie sehen, mein Herr, man kann sich schwerlich einer Turlupinade enthalten, wenn man sieht, daß Leute mit einer Gelehrsamkeit prahlen wollen, in der sie offenbare Fremdlinge sind. – Wie ich schon bemerkt habe, so hilft Herr Dusch seinem Genius manchmal in einer Note nach; aber seinen Noten möchte man wieder in andern Noten nachhelfen. Von dem Anaxagoras sagt er z.E. er lebte in der LXX Olympias. Sagt man aber von einem Manne so, der in dieser Olympiade erst geboren worden? Wenigstens lebt der Philosoph, in den ersten vier Jahren seiner Kindheit noch nicht.

Auch wird der Genius, wenn er nun von den neuern Weltweisen zu reden kömmt, nichts richtiger; so wie ihn Herr Dusch auch nichts genauer ergänzt. Der Genius sagt z.E. von dem großen Baco: »Er war es, der die Gesellschaften stiftete, die sich mit vereintem Fleiße um die Erkenntnis der Natur bemühten, und die Wissenschaften ins Aufnehmen zu bringen suchten. Eine vortreffliche Stiftung, die seinem Andenken Ehre macht, und groß genug ist, seinen Namen zu verewigen. England hatte die Ehre, diesen Weltweisen geboren zu haben, und in seinem Schoß die erste Gesellschaft wahrer Philosophen zu hegen etc.«73 – Wo hat denn der gelehrte Genius gelesen, daß Baco die englische Sozietät der Wissenschaften gestiftet habe? Gestiftet: so sagt er zweimal. Denn wenn es gleich wahr ist, daß die ersten Stifter derselben den Anlaß dazu aus der Nova Altantis des Baco genommen, so kann man deswegen doch nicht sagen, daß sie Baco gestiftet habe. – Noch einen gröbern Fehler aber macht Herr Dusch, mit eben diesem Vater der gereinigtern Weltweisheit,[137] wenn er in der Note sagt:74 »Von diesem Zeitpunkte der Geschichte der Philosophie sagt ein Dichter:«


Cartes zerreißt die Fesseln, die mancher schon genagt,

Er zweifelt und sucht Gründe, er findet, und es tagt.

Der Weisheit Genius steigt aus des Moders Hügeln,

Und schüttelt mit Gewalt den Schulstaub von den Flügeln.

Ein Baco, Lock und Newton ersetzt, was noch gebricht,

Natur, Verstand und Sitten, und alles wurde Licht.


Wohl zu merken, daß der Dichter, der diese sechs Zeilen gereimt hat, wenn ich mich nicht sehr irre, Herr Dusch selbst ist. Wenigstens billiget er sie hier; und zugleich den albern Anachronismus, den sie enthalten. Cartesius hat also eher geschrieben als Baco? Und Baco hat nur ersetzt, was jener noch gebrechen lassen? –

O ich bin es müde, mehr solche Anmerkungen zu machen, Lassen Sie mich den Traum verfolgen. – Der Genius kömmt endlich mit dem Herrn Dusch in den Tempel selbst. Und nun machen Sie sich fertig in den seltsamsten Raritätenkasten zu gucken! »Zwei mächtige Flügel eröffneten den Eingang durch ein langes Gewölbe, das auf beiden Seiten auf marmornen Säulen ruhte. Zwischen diesen standen in ihren Fächern die Bildsäulen der größten Philosophen, die durch ihre Bemühungen die wichtigsten Wahrheiten aufgeheitert hatten. Einige in der Tracht der Chaldäer etc.« Ist das nicht lustig? Hier stehen die Bildsäulen der Philosophen, die draußen in dem Vorhofe lebendig herum liefen. Und auch so gar die Bildsäulen derjenigen, deren Lehre nicht wert war, auf die Nachwelt gebracht zu werden; der Chaldäer. Zugleich welch ein kunstmäßiger Ausdruck: die Bildsäulen standen in ihren Fächern! Nischen heißen auf deutsch Blenden, nicht Fächer. – Aber wir sind noch in dem Eingange des Tempels. Wer wird sich überall aufhalten? – Nun merken Sie auf; wir treten herein. »Ein erstaunliches Gewölbe voll majestätischer Einfalt!« – Tausend Lichter; eine himmelblaue Decke, und an der Decke alle Augenblicke ein neuer Auftritt; itzt geht[138] die Sonne daran auf, und itzt unter; itzt scheinen die Sterne, itzt verlöschen sie; mitten im Tempel ein Altar; gegen die vier Ecken des Altares vier in Marmor gehauene Bilder, welche die vier Jahrszeiten vorstellen; an den Wänden schöne Gemälde von den vornehmsten Gegenständen, die der Mensch auf der Erde zu betrachten findet; eine korinthische Säule, welche eine schwarze marmorne Tafel hält, worauf die Gesetze der Natur, der Bewegung und der Schwere geschrieben stehen etc.: das sind die innern Dekorationen, für welche Herr Dusch unmöglich einen großen Aufwand an Witz und Erfindung kann gemacht haben. –

Aber ist das schon die ganze Natur, die uns der Dichter hier im Kleinen vorstellen will? O nein! Er zieht daher auch weislich in seinem Kasten ein neues Fach. »Indem eröffneten zween mächtige Flügel eine weite Aussicht aus dem Tempel in ein unabsehbares Feld. Merke auf, sagte mein Führer zu mir, und betrachte!« – Der natürliche Savoyard: Vous allés voir ce que vous allés voir! Hi! ha! – Was gibt es denn nun zu betrachten? Da repräsentieren sich: »Entblößte Hügel, die ihr Inneres aufdecken; Erdarten, Mineralien, Steine, Metalle etc.« Und abermals repräsentieret sich: »Die schönste Gegend; ein ebenes Tal mit unzähligen Kräutern und Blumen aus allen Himmelsgegenden geschmückt.« Und abermals repräsentieret sich: »eine unzählbare Menge von Stauden.« Und abermals repräsentieren sich: »teils Pflanzen, teils lebendige Geschöpfe.« Und abermals repräsentieren sich – O verzweifelt! Ich wollte meinen Herren noch das ganze Tierreich repräsentieren; aber Sie sehen das Licht geht mir in dem Kasten aus. »Die Betrachtung des Tierreichs soll daher Ihnen selbst überlassen sein!«

Nicht ein Haar besser läßt Herr Dusch seinen Genius in allem Ernste abbrechen, weil »eine Priesterin, in weißen Atlas gekleidet an den Altar tritt, und neuen Weihrauch in die hellere Flamme gießt.« – Der Guckkasten wird nun zu einem Marionettenspiele. – Es kömmt noch eine Gestalt dazu; »schön, aber menschlicher gebildet, mit einem denkenden Auge.« Und noch eine dritte: »ein bejahrter Greis geht ihr zur Rechten, der in dieser Hand ein Sehrohr, in der andern[139] das Bleimaß trägt.« Und eine vierte: »zu ihrer Linken trägt ein blühender Genius ein vollgeschriebenes Buch.« Diese dreie warfen sich vor die Stufen des Altars auf ihr Antlitz, indem die Priesterin mit zum Himmel gefaltenen Händen niederkniete. – Hier endlich? tut der Träumer seine erste Frage an den Genius; denn noch hat der Genius beständig allein gesprochen, und der Träumer hat, wie es sich in einem ekeln Collegio für beide schickt, vermutlich unterdessen – geschlafen. »Wer sind diese, die hier anbeten?« – »Jene blühende Gestalt, sagt der Genius, ist die Vernunft, die von der Erfahrung zur Rechten geführt wird. Ein Genius hält ihr beständig das Buch der Natur vor, und beide führen sie zu dem Altare, wo die natürliche Religion dem Vater der Wesen opfert. Kaum hatte er ausgeredet, als ein Lobgesang von tausend verschiedenen Stimmen erklang.« – Und siehe, dieser Lobgesang ist nach dem Englischen des Thomson. Denn Sie wissen wohl, daß wir im Traume nichts neues erfinden, sondern uns nur mit oft ungeheuern Zusammensetzungen und Trennungen alter Ideen behelfen. Herr Dusch ist folglich aus Gründen der Psychologie zu entschuldigen, daß er keine neue Hymne singen läßt. –

Nachdem der Lobgesang zu Ende ist, erfolget eine Stille, und über diese Stille erwacht der Träumer! Sehr wohl! Ein ähnliches Erwachen haben wir an des Schmieds Hunde in der Fabel, der unter dem Getöse der Hämmer sehr ruhig schlief, und nicht eher erwachte, als bis die Hämmer ruhten, und ihn die erfolgte Stille zum Essen rief.


Der Beschluß künftig


XXIV. Den 14. Junius 1759
Beschluß des 41sten Briefes

Und nun sagen Sie mir, kann man sich eine elendere Fiktion gedenken, als diesen Traum des Herrn Dusch? – Aber vielleicht argwohnen Sie, daß er nur in meinem Auszuge so[140] elend geworden sei. – Wie könnten Sie zwar das argwohnen, und welchen Bewegungsgrund könnte ich haben, Ihnen etwas elender einzubilden, als es in der Tat ist?

Dem ohngeachtet, sehen Sie hier noch eine andere Erdichtung dieses Dichters! Ich will mich die Mühe nicht tauern lassen, sie Ihnen in ihrem ganzen Umfange abzuschreiben. Und wenn diese nicht eben so elend ist, als der Traum, so will ich es Ihnen erlauben, mich dort für einen Verfälscher zu halten.

Herr Dusch will uns in seinem September75 die Lehre, daß wir das oft nützlich befinden, was wir anfänglich schädlich nannten, durch ein Beispiel einprägen. Lesen Sie!


»Der Sturmwind zerriß dem Alcest seine Hütte am Strande der See. In was für Verwünschungen und Klagen brach er wider den Himmel aus, der ihn gesandt hatte! Welch ein elendes Leben, rief er zu den Felsen, ist das meinige! Kaum kann ich mir mit den Arbeiten meiner Hände das Brot erwerben, das meine Notdurft fordert! Unfruchtbar fließt mein Schweiß. Mit der Sonne stehe ich auf, und die Mitternacht bringt mir erst die Stunde des Schlafes. Aus der Tiefe des unsichern Meeres muß ich meine Nahrung ziehen, oft mit Gefahr des Lebens mit dem Ruder die ungetreuen Wellen schlagen, und von den Ufern des Todes ein schlechtes Opfer für meinen Tisch holen. Und dennoch, o Himmel, sendest du Stürme, die meine arme Hütte niederreißen? Soll ich denn den Ungewittern und Regen, soll ich allen Beleidigungen des ungütigen Himmels ausgesetzt, auch nicht in der Nacht die Ruhe haben die alle Wesen wieder vergnügt? Der Vogel schläft unter dem grünen Dache der Blätter. Der Sturm wiegt ihn in den Schlaf, der meine Wohnung zu Boden reißt. Das Wild ruhet sicher in Höhlen und in warmen Gebüschen, und der Wurm findet im Schoße der Erde eine sichere Ruhestätte: nur ich bin allen Plagen ausgesetzt, und um mich zu quälen, gießt der Himmel alle Ungewitter aus.

Mit diesen Klagen und Tränen in den Augen, warf sich voll Unmut, und müde seines Lebens, Alcest, auf einen moosigten Felsen nieder. Die Nacht umschattete ihn; ein fester Schlaf nahm ihn in die Arme, und der völlig angebrochene Tag öffnete erst seine schweren Augenlider. Traurig stand er von seinem harten Lager auf, und wandte seine Augen auf das Meer. Dann suchte er seine Hütte. Die Hütte lag in einem Haufen zusammen, und sein Kahn stand zerschlagen auf dem trocknen Sande. Jezt brach ein neuer Strom von Tränen aus seinen Augen, und neue Klagen stürzten[141] von seinen Lippen. Verzweifelnd stieg er die Klippe hinunter, und wanderte zu seinem Nachen. Aber der Nachen war zertrümmert und seine Hütte darneben ein Steinhaufen. Von wütender Verzweiflung getrieben eilte er ans Meer, entschlossen sein Leben zu endigen, und in demjenigen Elemente den Tod zu suchen, das ihn des einzigen Mittels der Erhaltung beraubt hatte. Nimm auch mein Leben, rief er, nimm dieses elende Leben, Schicksal, das ich nicht mehr erhalten kann! Jetzo will er sich in die Wellen stürzen; aber indem er mit einem Blicke das Ufer übersah, fiel ihm ein Schiff ins Gesicht, das auf dem Sande auf die Seite gelehnt lag. Die Masten waren zerbrochen, die Segel zerrissen, und der Kiel stak in einer Sandbank. Jetzo vergaß er seinen Entschluß zu sterben, und Neubegierde und Hoffnung beflügelten seine Füße. Was für Schätze fand er auf diesem unglücklichen Schiffe, das eben der Sturm, der seinen Kahn und seine Hütte zerschlagen, an diesen Strand getrieben hatte! Wie vergaß er zu seufzen, und nennte das Ungewitter ein Mittel seines Glücks, und den Himmel gütig und weise, der ihm den Sturm gesandt hatte! Tausendfach war ihm sein Verlust ersetzt, und eben der Sturm den er verwünschte, bereicherte ihn.«


Welch ein abscheuliches Beispiel! Abscheulich in allen möglichen Betrachtungen. – Der Held ist ein elender Fischer; und doch spricht dieser elende Fischer, natürlich wie der Poet Dusch. Er schlägt die ungetreuen Wellen; er holt von den Ufern des Todes ein schlechtes Opfer. Welch eine Sprache für einen elenden Fischer! Und was muß dieser Fischer sonst für ein Narr sein! Der Sturmwind hat seine Hütte zerrissen; er klagt, er murret; er ist seines Lebens müde. Aber doch, denkt er, ehe ich mich ersäufe, kann ich ja wohl noch eine Nacht gut schlafen; er wirft sich auf einen moosigten Felsen nieder, und ein fester Schlaf nimmt ihn in die Arme. Gewiß dieser feste Schlaf eines Unglücklichen in der Verzweiflung, ist ein Meisterzug des Herrn Dusch! Cato schlief kurz zuvor, ehe er sich umbringen wollte, eben so fest; aber nicht eben so lange. Der Fischer ist ein doppelter Cato; der völlig angebrochene Tag öffnet erst seine schweren Augenlider! Anstatt aber, daß er seinen Rausch der Verzweiflung sollte ausgeschlafen haben, wird er noch einmal so wütend als er gestern war. Bei ihm hieß es nicht: la nuit porte avis. Er ist fest entschlossen sein Leben zu enden. Und nun geben Sie Acht; der Fischer des Herrn Dusch ist[142] nicht bloß ein Narr, der es erst beschlafen muß, ob er sich ersäufen soll, oder nicht: er ist das größte menschliche Ungeheuer, das je gewesen oder erdichtet worden. Er kömmt an den Strand und entdeckt ein verunglücktes Schiff; er entdeckt, daß vielleicht hundert andere durch den Sturm hundertmal mehr verloren haben, als er selbst. Was hätte diese Entdeckung bei ihm wirken müssen, wenn ihm Schöpfer Dusch nur einen Funken Menschheit gegeben hätte? Hätte sie seine Verzweiflung nicht noch höher treiben müssen? Welch ein Herz muß das sein, von dem es in einem solchen Falle heißen kann: »er vergaß seinen Entschluß zu sterben, und Neubegierde und Hoffnung befliegelten seine Füße.« Herr Dusch fragt an einem andern Orte:76 »Um mich zu trösten, wenn meine Wunde blutet, soll ich einen andern an der seinigen mit dem Tode ringen sehen? Es sind tausend Schmerzen noch heftiger, als der meinige, ein so schrecklicher Gedanke, der in Verzweiflung stürzen muß, sollte mich ermuntern können?« – Doch diese bessern Gesinnungen im November, konnte Herr Dusch freilich im September noch nicht haben.

Aber lassen Sie mich dieses Beispiel noch auf einer andern Seite ansehen. Es ist wahr, es enthält gewissermaßen den allgemeinen trostreichen Satz: Daß wir das oft nützlich befinden, was wir anfänglich schädlich nannten. Aber enthält es nicht auch zugleich einen andern, der nichts weniger als trostreich ist? Diesen nämlich: daß das Unglück vieler, oft das Glück eines einzigen wird. Es ist wahr; wäre der Sturm, der die Hütte des Fischers niederriß, nicht gewesen, so hätte itzt auch kein reiches Schiff an den Strand können geworfen werden, durch dessen Plünderung der Fischer seinem Schaden so wohl beikam. Aber muß denn deswegen ein reiches Schiff scheitern, um einen Fischer den Verlust seiner elenden Hütte vergessen zu machen? Kann sich der Unzufriedene, der dieses Beispiel lieset, nicht eben so wohl an die Stelle derjenigen setzen, die an dem verunglückten Schiffe Teil haben, als an die Stelle des Fischers? –[143] Und nun lassen Sie mich meinen Brief einmal schließen. Der Mann hat mich angesteckt, von dem die Rede ist. Auch Herr Dusch weiß niemals das Ende zu finden, er mag schreiben wovon er will. Er fängt lieber zehnmal wieder von vorne an, als daß er da aufhören sollte, wo seine Gedanken aufhören. – Kann ich aber meinen Brief schließen, ohne vorher feierlich zu protestieren, daß ich darum nicht ganz und gar nichts von Herr Duschen halte? Er könnte wirklich ein guter Schriftsteller geworden sein, wenn er sich in die ihm zukommende Sphäre hätte einschließen wollen. Und diese haben ihm die Verfasser der »Bibliothek« deutlich genug angewiesen. Herr Dusch hat nicht Witz und Erfindungskraft genug, ein Dichter zu sein; und ein Philosoph zu sein, nicht genug Scharfsinn und Gründlichkeit. Er hat aber von beiden etwas, und ohngefähr gleich so viel, als dazu gehört ein erträgliches moralisches Lehrgedichte zu machen. Dieses mache er; und lasse sich ja weder von seinen Freunden noch von seiner Eitelkeit verführen, Werke de longue haleine zu unternehmen, welche Anlage, Erdichtungen und Ökonomie erfordern!

Keine Stelle in den ganzen Schilderungen, die mir wenigstens in die Augen gefallen ist, hat mir mehr gefallen, als die Ausschweifung über die Gewalt der Mode, im Oktober.77 Ich habe so viel schlechte Brocken für Sie daraus abgeschrieben, daß Sie mich für neidisch halten könnten, wenn ich Ihnen nicht auch noch einige gute mitteilte. Wie gesagt; hier und da eine sittliche Betrachtung, ein Charakter, ein satyrischer Zug gelingt dem Herrn Dusch; und das ist es auch alles, was er zu der ihm angeratenen Dichtungsart nötig hat.


»Siehe, alles in der Stadt unterwirft sich dieser veränderlichen dummen Göttin. Was wir am häufigsten sehen, dünkt uns am anständigsten und der Irrtum dienet uns statt der Wahrheit, wenn er gemein geworden ist.

Frage den halbsehenden Visto, warum er sich so sehr in Bilder verliebt hat, die er doch durch die Brille betrachten müßte, wenn er wissen wollte, was sie vorstellen. Er wird dir sagen, der Geschmack habe ihn verführt; aber vielleicht sagt er zugleich einem[144] Vertrauten leise ins Ohr: es ist Mode, Geschmack zu haben. Denn er starrt, mit einer gleichen Bewunderung, ein elendes Geschmiere und das Meisterstücke eines von Dyk an. Was machte, daß sein Landgut in andere Hände fiel? Ach! grausamer Loraine, fünf deiner verblichenen Landschaften. –

Dort tanzt der zarte Curio. Alles bewegt sich, alles lächelt an ihm. Seht doch seinen Federhut, seinen vergoldeten Rock, seinen kostbaren Ring, seine weiße Hand, und seine reiche Weste an! Mit ihm schwatzet die Schöne von Büchern, vom Schauplatze, oder vom Grandison. Diesem mit sich selbst vergnügten Anbeter aller Schönen, erlaubet sie, an ihrem werten Nachttische zu sitzen. Es ist leichter, ruft der Weichling, ein siegendes Heer anzuführen, oder ein sinkendes Land zu erhalten, als der schönen Flavia Haare zu kräuseln, oder einen Tanz anzuführen, oder neue französische Moden nachzuahmen. –

Mode erhält meistens die Stadt geschäftig. Ob es Zeit sei, zum Tanze oder zum Tempel zu gehen; Zeit zu spielen, oder zu beten; zu glauben oder sich zu kleiden; zu lachen oder zu trauern; alles bestimmt die Mode, die über alle Geschäfte und Stunden des Tages gebietet. Noch in der letzten Stunde ihres Lebens bekannte Cephise die Herrschaft, die die Mode in ihrem Leben über ihr Herz gewonnen hatte. Mitten in ihrem Gebete, als ihre traurigen Freunde mit gefalteten Händen um ihr Bette standen, rief sie ihre Bediente zu sich: In Atlas sollst du mich kleiden, und dann soll meine Leiche sechs Tage lang zur Schau stehn; sechs Tage gebietet die Mode.

Eine Rätin, und keine Carosse, und keine Bediente? Kinder würden über mich lachen, wenn sie sähen, daß ich meine Füße zum Gehen brauchen könnte! Wir dürfen nicht so stark sein! sagte die junge Narcisse zu ihrem Gemahl. – Aber wie? versetzte er, bedenken Sie doch! Eine Carosse und Bediente! Ich müßte als ein Betrieger zu Grunde gehen. – Und wollten Sie sich noch bedenken, wenn es die Mode so will? –«


XXV. Den 21. Junius 1759
Drei und vierzigster Brief

Der alte Logau ist erschienen; und ich eile, Ihnen mein Versprechen zu halten.78 Er ist in aller der Sauberkeit und[145] Pracht erschienen? die ein klassischer Schriftsteller verdienet. Die Herausgeber sind die Herren Ramler und Lessing.79

»Friedrich von Logau, sagen sie in ihrer Vorrede, ist mit allem Rechte für einen von unsern besten Opitzischen Dichtern zu halten, und dennoch zweifeln wir sehr, ob er vielen von unsern Lesern weiter, als dem Namen nach bekannt sein wird. Wir können uns dieses Zweifels wegen auf verschiedene Umstände berufen. Ein ganzes Jahrhundert und drüber, haben sich die Liebhaber mit einer einzigen Auflage dieses Dichters beholfen; in wie vieler Händen kann er also noch sein? Und wenn selbst Wernike keinen kennen will, der es gewagt habe, in einer von den lebendigen Sprachen ein ganzes Buch voll Sinngedichte zu schreiben; wenn er dem Urteile seines Lehrers, des berühmten Morhofs, daß insbesondere die deutsche Sprache, ihrer vielen Umschweife wegen, zu dieser Gattung von Gedichten nicht bequem zu sein scheine, kein Beispiel entgegen zu stellen weiß: so kann er unsern Logau, seinen besten, seinen einzigen Vorgänger, wohl schwerlich gekannt haben. Ist er aber schon damals in solcher Vergessenheit gewesen, wer hätte ihn in dem nochfolgenden Zeitalter wohl daraus gerissen? Ein Meister, oder ein John gewiß nicht, die ihn zwar nennen, die auch Beispiele aus ihm anführen, aber so unglückliche Beispiele, daß sie unmöglich einem Leser können Lust gemacht haben, sich näher nach ihm zu erkundigen.«

Sind Sie begierig, diesen Meister und diesen John näher zu kennen? Meister gab 1726 ein elendes Büchelchen heraus, unter dem Titel: »Anweisung und Exempel, mehrenteils lustiger und annehmlicher Epigrammatum, aus vielen Autoribus zusammengelesen«. Und John schrieb einen »Parnassum Silesiacum, sive Recensiones Poetarum Silesiacorum, quotquot vel in patria vel in alia etiam lingua Musis litarunt«, wovon die erste Centurie 1728 herausgekommen. Beide gedenken[146] zwar unsers Dichters, fertigen ihn aber ungemein kalt ab; und es ist wahr, die Beispiele, die sie aus ihm anführen, sind sehr deutliche Beweise von ihrem elenden Geschmacke. John führt zum Exempel folgendes an:


Mistjunker

Ein zartes Mutterkind, das nie vom Haus entnommen,

Ist einem Ochsen gleich, der nie vom Stall gekommen.


Und gleichwohl sagt er: quae quidem Epigrammata leporibus suis et salibus non destituuntur.

»Wir könnten, fahren die Herren Herausgeber fort, eine lange Reihe von Kunstrichtern, von Lehrern der Poesie, von Sammlern der gelehrten Geschichte anführen, die alle seiner entweder gar nicht, oder mit merklichen Fehlern gedenken. Allein etc.« –

In dieser Reihe würde ohne Zweifel auch Herr Professor Gottsched seinen Platz finden. Dieser Mann, der sich mit seiner Kenntnis unsrer alten Dichter so breit macht, nennt ihn in dem Register zu seiner Dichtkunst Salomon Logau; eine seltsame Vermischung seines wahren und angenommenen Namens. Er hat auch nie ein Muster aus ihm angeführt, welches er doch aus Opitzen, Flemmingen, Dachen, Tscherningen und andern getan hat. Desgleichen würde das Jöchersche allgemeine Gelehrtenlexikon hier eine Verbesserung erhalten können. Es sagt nämlich von unserm Logau: »Er hat den Ruhm und Beinamen des Schlesischen Peirescius erhalten, und Christ. Gryphii, seines vertrauten Freundes, Entwurf der Ritterorden, wider dessen Willen, drucken lassen.« Allein dieses ist nicht von ihm, sondern von seinem Sohne, dem Freiherrn Balthaser Friedrich von Logau zu verstehen.

Doch die Herausgeber haben solche Kleinigkeiten ihrer Mühe nicht wert geachtet. »Und wozu, sagen sie, sollten uns diese Beweise dienen, daß Logau unbekannt gewesen ist? Ein jeder Leser, der ihn nicht kennt, glaubt uns dieses auch ohne Beweis.« – Sie bringen demohngeachtet, im Vorbeigehen, noch zwei Beweise an, die ihr Vorgeben außer allem Zweifel setzen. Der erste ist dieser: Logau war ein Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft, in die er 1648 unter dem Namen[147] des Verkleinernden aufgenommen ward; gieichwohl aber rechnet ihn der Sprossende, in seiner Beschreibung dieser Gesellschaft, unter diejenigen Glieder nicht, die sich durch Schriften gezeigt haben. Der zweite Beweis ist von S. v. G. »Auferweckten Gedichten« hergenommen. Schon nämlich im Jahr 1702 bekam ein Ungenannter den Einfall, einen Auszug aus den Sinngedichten unsers Logau zu machen; und wenn er berechtiget war, diesen Auszug »Auferweckte Gedichte« zu nennen, so ist es ja wohl unleugbar, daß sie vorher schon begraben gewesen sind. »Unterdessen, sagen die Herausgeber, ist dieser Ungenannte vielleicht Schuld, daß Logau noch tiefer in die Vergessenheit geriet, und nunmehr mit Recht zu einer neuen Begrabung verdammt werden konnte.« Es ist unglaublich, welche Freiheit er sich mit seinem Autor genommen hat; unter hundert Sinngedichten ist nicht eines unverstümmelt geblieben; und doch sieht man meistenteils auch nicht die geringste Ursache, warum er uns seine vermeinten Verbesserungen aufdringen wollen. Ich will einige Exempel davon anführen; denn ich weiß, Ihre Neugierde ist größer, als der Ekel sein kann, den sie Ihnen verursachen werden. »Die vier Hirtinnen«, ist eines von den feinsten Sinngedichten des Logau; wenn man ihm einige gezwungene Ausdrücke nehmen könnte, so würde es ein kleines Meisterstück sein. Es lautet so:


Chloris, Doris, Iris, Ciris, liebten Einen Hirten alle;

Ihm zu weisen mit dem Werke, daß er jeder wohlgefalle,

Krönte Chloris ihn mit Blumen; Doris bracht ihm Honigschnitte

Iris grüßet' ihn mit Lächeln; Ciris faßt ihn in die Mitte,

Küßte seinen Mundrubin. Ihm behagte nur das Küssen,

Und er überließ der Ciris Krone, Honig und das Grüßen.


Aber welch ein plumpes, widerwärtiges Ding hat der Ungenannte daraus gemacht!


Chloris, Doris, Iris, Ciris liebten Einen in die Wette;

Chloris krönte ihn mit Blumen; Doris gab ihm Honig ein;

Iris grüßte ihn mit lachen; Ciris wollt die Klügste sein,

Sie behielt den Schäfer Thyrsis, denn sie führte ihn aufs Bette.[148]


Solche Nichtswürdigkeiten kritisieren sich selbst. Ich darf die übrigen also bloß nur untereinander setzen.


Logau

Ohne Noth wird die bewacht,

Die auf Unzucht nie gedacht.

Nur vergebens wird bewacht,

Die auf Unzucht hat gedacht.


Der Ungenannte

Ohne Nutz wird die bewacht,

Die auf Geilheit ist bedacht;

Denn der kleinste Buhlerstich,

Ist für sie ein Dieterich.


Logau

Friß die Schafe selbst: (eine gute List!)

So erfährst du nicht, daß der Wolf sie frißt.


Der Ungenannte

Die Schafe fressen selbst, ist der Tyrannen List.

Denn so vernimmt man nicht, daß sie der Wolf auffrißt.


Logau

Man hat den Feind aufs Haupt geschlagen;

Doch Fuß hat Haupt hinweggetragen:

Man schlag ihn, rath ich, auf den Fuß,

Damit er liegen bleiben muß.


Der Ungenannte

Wenn man den Feind aufs Haupt geschlagen,

So hat der Fuß ihn weggetragen:

Man schlag ihn lieber vor die Scheiben,

So muß er fein beliegen bleiben.


Und so sind die Verbesserungen des Ungenannten alle. Daß er dabei gleich die allervortrefflichsten Stücke seines Dichters ganz übersehen und gar nicht gerettet hat, ist ein Fehler, den man so einem Stümper kaum aufmutzen darf. Er hat seine Sammlung dafür mit Stücken von andern Verfassern bereichert, die überhaupt davon zu reden höchst elend sind; und selbst diejenigen, die er von Canitzen und Bessern eingerücket hat, sind kaum mittelmäßig. Ein einziges habe ich[149] darin entdeckt, welches so vortrefflich ist, daß ich es unmöglich länger darin kann vergraben sein lassen. Es hat einen H. M. zum Verfasser; und wer mag wohl dieser M. sein? Ein Menantes ist es gewiß nicht.


Belise und Thyrsis

Belise starb und sprach im Scheiden:

Nun Thyrsis, nun verlaß ich dich!

Ich stürbe willig und mit Freuden,

Liebt eine dich so sehr als ich.


Ach, sprach er, mag dich das betrüben?

Belise, nur dein Tod ist schwer!

Kannst du mich selbst nicht länger lieben,

Bedarf ich keiner Liebe mehr.


Welchem von unsern neuesten zärtlichen Dichtern würde dieses kleine Lied nicht Ehre machen? – O wahrhaftig, das schlechte Buch ist rar, in welches sich gar nichts Gutes, auch nicht von ohngefähr eingeschlichen hätte! –

Doch wieder auf den Logau zu kommen. Von seinen Lebensumständen haben die Herren Herausgeber nur wenig entdecken können. Er war im Jahr 1604 geboren; er bekleidete die Stelle eines Kanzleirats bei dem Herzoge zu Liegnitz und Brieg, Ludewig dem vierten, und starb 1655. Sie erwähnen unter seinen Vorfahren des George von Logau auf Schlaupitz, eines der besten lateinischen Dichters in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. Auch unter seinen Nachkommen hätten sie einen Dichter, und zwar einen deutschen Dichter, finden können; nämlich den Herrn Heinrich Wilhelm von Logau und Altendorf, welcher 1737 ein »Poetisches Vergnügen« herausgab. Sie werden ihn auch ohne Zweifel gekannt, aber es nicht für anständig gehalten haben, neben einem so großen Ahnen, poetischen Andenkens, einen Enkel zu nennen, der weiter nichts als ein Reimer ist.

Logau hatte Anfangs nur eine Sammlung von zwei hundert Sinngedichten herausgegeben, die, wie er selbst sagt, wohl aufgenommen worden. Die Herausgeber vermuten nicht unwahrscheinlich, daß dieses im Jahr 1638 müsse geschehen sein. Sechzehn Jahr endlich darauf, trat die vollständige Sammlung ans Licht, welche sie bei ihrer Ausgabe[150] zum Grunde gelegt haben. – Und nun sehen Sie; Ihre Vermutung ist eingetroffen. Sie haben sie nicht von Wort zu Wort abdrucken lassen; denn drei tausend fünfhundert und drei und funfzig Sinngedichte können unmöglich alle gut, alle aufbehalten zu werden würdig sein. Sie haben ihren Dichter auf sein Dritteil herabgesetzt, und hören Sie doch, was sie dabei anmerken! »das ist unter allen Nationen, sagen sie, immer ein sehr vortrefflicher Dichter, von dessen Gedichten ein Dritteil gut ist.« – Der Ausspruch ist strenge; aber ich glaube doch, er ist wahr. Das ausgesuchte Dritteil haben sie alsdenn in zwölf Bücher verteilet, die durch ein Paar dazu bequeme Sinngedichte zum Anfange und zum Schlusse, in ein scheinbares Ganze verbunden werden. Der Anfang des ersten z.E. ist folgender.


An mein Buch

Daß mein Buch, sagt mir mein Muth,

Noch ganz böse, noch ganz gut.

Kommen drüber arge Fliegen,

Bleibt gewiß Gesundes liegen,

Und das Faule findet man;

Kommen aber Bienen dran,

Wird das Faule leicht vermieden,

Und Gesundes abgeschieden.

Und der Schluß des zehnten:


An den Leser

Leser, wie gefall' ich dir? –

Leser, wie gefällst du mir?


Nach dem Inhalte oder dem Tone der Sinngedichte, haben sie sich bei ihrer Abteilung zwar nicht gerichtet; doch scheint es mir, als ob sie es bei dem einzigen sechsten Buche hätten tun wollen. In diesem nämlich hat fast jedes Stück eine gewisse Feinheit, Naivität, Zärtlichkeit, ja nicht selten Schalkhaftigkeit; und Logau erscheint da ganz als unser deutscher Catull; wenn er nicht oft noch etwas besseres ist. Urteilen Sie selbst.


Ursprung der Bienen

Jungfern, habt ihr nicht vernommen,

Wo die Bienen hergekommen?[151]

Oder habt ihr nicht erfahren,

Was der Venus widerfahren,

Da sie den Adonis liebte

Der sie labt' und auch betrübte?

Wann im Schatten kühler Myrthen

Sie sich kamen zu bewirthen;

Folgte nichts als lieblich Liebeln;

Folgte nichts als tückisch Bübeln;

Wollten ohne süßes Küssen

Nimmer keine Zeit vermissen;

Küßten eine lange Länge,

Küßten eine große Menge,

Küßten immer in die Wette,

Eines war des Andern Klette.

Bis es Venus so verfügte,

Die dieß Thun sehr wohl vergnügte,

Daß die Geister, die sie hauchten,

Immer blieben, nie verrauchten;

Daß die Küsse Flügel nahmen,

Hin und her mit Heeren kamen,

Füllten alles Leer der Lüfte,

Wiese, Thal, Berg, Wald, Feld, Klüfte,

Paarten sich zum Küssen immer,

Hielten ohne sich sich nimmer,

Saßen auf die Menschentöchter,

Machten manches Mundgelächter,

Wenn sie sie mit Küssen grüßten,

Wenn sie sie mit Grüßen küßten.

Aber Neid hat scheel gesehen;

Und Verhängniß ließ geschehen,

Daß ein schäumend wilder Eber

Ward Adonis Todtengräber.

Venus, voller Zorn und Wüten,

Hat gar schwerlich dieß erlitten.

Als sie mehr nicht konnte schaffen,

Gieng sie, ließ zusammenraffen

Aller dieser Küsse Schaaren,

Wo sie zu bekommen waren,

Machte draus die Honigleute,

Daß sie gäben süße Beute

Daß sie aber auch darneben

Einen scharfen Stachel gäben,

So wie sie das Küssen büßen

Und mit Leid ersetzen müssen.

Sag ich dieses einem Tauben,

Wollt ihr Jungfern dieß nicht glauben:[152]

Wünsch ich euch, für solche Tücke,

Daß euch Küssen nie erquicke!

Glaubt ihrs aber, o so schauet,

Daß ihr nicht dem Stachel trauet!


Welch eine glückliche Fiction! Mit wie viel kleinen Bildern ausgezieret! In welch einer ungekünstelten, anständig tändelnden Sprache vorgetragen! Und auf welche ernsthafte Wahrheit angewandt! Hier sind noch einige aus diesem Buche.


Rückkunft vom Freunde, Ankunft zur Freundinn

Da, wo ich itzo war, da war mir herzlich wohl

Wohl wird mir wieder seyn, wohin ich kommen soll

Gunst ohne Falsch war hier, dort ist Lieb ohne List

Hier ward ich sehr geehrt, dort werd ich schön geküßt;

Beym Freunde war ich jetzt, zu; Freundinn komm' ich nun;

Hier that der Tag mir Guts, dort wird die Nacht es thun.


Auf die Pulchra

Dreyerley vergöttert dich: Daß du bist so wunderschön

Und so wunderkeusch; und daß beyde Ding beysammen stehn.


An einen Bräutigam

Wenn du die Braut ins Bette rufst, so wehrt sie sich beym Bitten

Nicht bitte! denn sie hat schon selbst viel vom Verzug erlitten.


Ich will Ihnen unterdessen nicht einbilden, daß alle beibehaltene Stücke von gleichem Werte sind. Die Herren Herausgeber erkennen es selbst; »aber genug, sagen sie, daß in dem unbeträchtlichsten noch stets etwas zu finden sein wird, warum es unsrer Wahl wert gewesen. Ist es nicht allezeit Witz, so ist es doch allezeit ein guter und großer Sinn, ein poetisches Bild, ein starker Ausdruck, eine naive Wendung und dergleichen.« – Und das muß man ihnen zugestehen! Der gute und große Sinn besonders, macht eine Menge von Logaus Sinngedichten, zu so vielen güldenen Sprüchen, die von allen Menschen ins Gedächtnis gefaßt zu werden verdienen.[153]


Einfältiges Gebet

Die Einfalt im Gebet ist großer Witz vor Gott;

Genug wer ihm vertraut und nennet bloß die Noth.


Freundschaft

Alten Freund für neuen wandeln,

Heißt, für Früchte Blumen handeln.


Kurz, es ist nichts weniger, als eine Übertreibung, wenn die Herausgeber sagen: »Es ist unwidersprechlich, daß wir in unserm Logau allein, einen Martial, einen Catull, und Dionysius Cato besitzen.«


XXVI. Den 29. Junius 1759
Vier und vierzigster Brief

Es war der bloße Logau, von welchem ich mich mit Ihnen in meinem vorigen Briefe unterhielt; und ich habe davon noch nichts erwähnt, wie sehr sich, auch außer der guten Wahl, die Herren Herausgeber um ihn, und zugleich um alle Liebhaber der deutschen Sprache, verdient gemacht haben.

Sie sind nämlich mit ihrem Dichter wie mit einem wirklichen alten klassischen Schriftsteller umgegangen, und haben sich die Mühe nicht verdrießen lassen, die kritischen Erythräi desselben zu werden. Ihren Anmerkungen über seine Sprache haben sie die Gestalt eines Wörterbuchs gegeben, und sie merken mit Grunde an, »daß ähnliche Wörterbücher über alle unsere guten Schriftsteller der erste nähere Schritt zu einem allgemeinen Wörterbuche unserer Sprache sein würden.

Die Sprache des Logau, sagen sie, ist, überhaupt zu reden, die Sprache des Opitz und der besten seiner Zeitverwandten und Landsleute. Und wenn Tscherningen hierin die erste Stelle nach Opitzen gebühret, so gebühret die erste Stelle nach Tscherningen unserm Logau. Das Sinngedichte konnte ihm die beste Gelegenheit geben, die Schicklichkeit zu zeigen, welche die deutsche Sprache zu allen Gattungen von[154] Materie, unter der Bearbeitung eines Kopfs erhält, der sich selbst in alle Gattungen von Materie zu finden weiß. Seine Worte sind überall der Sache angemessen: nachdrücklich und körnicht, wenn er lehrt; pathetisch und vollklingend, wenn er straft; sanft, einschmeichelnd, angenehm tändelnd, wenn er von Liebe spricht; komisch und naiv, wenn er spottet; possierlich und launisch, wenn er bloß Lachen zu erregen sucht.«

Von der Sprachenmengerei, die zu seinen Zeiten schon stark eingerissen war, zeigen sie, daß er völlig frei gewesen ist. Was er mit einem deutschen Worte ausdrücken konnte, das drückte er mit keinem lateinischen oder französischen aus; und er hat verschiedene aus andern Sprachen entlehnte Kunstwörter nicht unglücklich übersetzt. Z.E. Accentus durch Beilaut; Inventarium, durch Fundregister; Profil, durch Durchschnitt, und zwar nicht nur von Gebäuden, sondern auch von einem Gesichte, welches der Maler bloß von der Seite genommen hat; Anatocismus durch Wiederzins etc. Doch war er hierin kein übertriebener Purist; sondern er spottet vielmehr über die zuweitgehenden Neuerungen des Zesen, der damals zu gottschedisieren anfing.

Es unterscheidet sich aber seine Sprache von derjenigen, welcher sich itzt unsere besten Schriftsteller bedienen, vornehmlich in zwei Stücken; in gewissen Wörtern und Fügungen nämlich, die wir, es sei nun mit Recht oder mit Unrecht, haben veralten lassen, und in verschiedenen Eigentümlichkeiten, die er aus der besondern Mundart seiner Provinz beibehalten hat. Von jenen sagen die Herren Herausgeber: »Wir haben alle sorgfältig gesammlet, so viele derselben bei unserm Dichter vorkommen; und haben dabei nicht allein auf den Leser, der sie verstehen muß, sondern auch auf diejenigen von unsern Rednern und Dichtern gesehen, welche Ansehen genug hätten, die besten derselben wieder einzuführen. Wir brauchen ihnen nicht zu sagen, daß sie der Sprache dadurch einen weit größern Dienst tun würden, als durch die Prägung ganz neuer Wörter, von welchen es ungewiß ist, ob ihr Stempel ihnen den rechten Lauf sobald geben möchte. Noch weniger brauchen wir sie zu erinnern, wie ein veraltetes Wort auch dem ekelsten Leser durch das, was Horaz callidam[155] juncturam nennt, annehmlich zu machen ist.« – Und über die Provinzialsprache ihres Dichters erklären sie sich folgendermaßen: »Die Schlesische Mundart ist deswegen einer kritischen Aufmerksamkeit vor allen andern Mundarten würdig, weil wir in ihr die ersten guten Dichter bekommen haben. Die Vorteile, welche diese Männer an eigenen Wörtern, Verbindungsarten und Wendungen darin gefunden haben? verdienen, wo nicht für allgemeine Vorteile der Sprache angenommen, doch wenigstens gekannt und geprüft zu werden.«

Auf diese beiden Stücke haben sie also in ihrem Wörterbuche ihr vornehmstes Augenmerk gerichtet, von welchem ich Ihnen unmöglich anders einen nähern Begriff machen kann, als wenn ich einige Artikel daraus entlehne, und Sie von diesen auf die übrigen schließen lasse. Verschiedene allgemeine Anmerkungen, die in dem Wörterbuche selbst keine fügliche Stelle finden können, machen den Anfang. Z.E. Logau braucht sehr häufig das Beiwort in dem ungewissen Geschlechte als ein Hauptwort. Er sagt:


Seither ist unser Frey in Dienstbarkeit verkehret.

– – – Ein solches Klug,

Dafür ein keuscher Sinn Entsetz und Grauen trug.

– – – – –

Bey welchem freyes Wahr, der Freundschaft Seele wohnt.


Für Freiheit, Klugheit, Wahrheit. Die Vorteile, welche dieser Gebrauch besonders einem Dichter verschaffen kann, sind so groß, daß eine bescheidene Nachahmung wohl schwerlich zu mißbilligen wäre. Ich sage aber mit Fleiß, eine bescheidene Nachahmung; denn ich fürchte mich schon im voraus vor den kleinen Affen, die dergleichen substantive Neutra mit einer Verschwendung brauchen dürften, daß wir die wahren Substantiva davon ganz und gar nicht zu haben scheinen könnten. Was ich aber unserer Nachahmung, oder vielmehr unserer uneingeschränktesten Aufnahme für noch weit würdiger halte, ist folgender Gebrauch der Endsylbe, ley. Logau setzt nämlich diese Endsylbe, die wir itzt nur bei den teilenden Zahlwörtern dulden wollen, auch zu fast allen Arten von[156] Fürwörtern, und erlangt dadurch (wie man es nun nennen will) ein Nebenwort oder ein unabänderliches Beiwort von besonderm Nachdrucke. Z. E.


Zu etwas Grossem noch wird Sordalus wohl werden,

Denn seinerley Geburt ist nicht gemein auf Erden.


Wie kurz und bequem ist dieses seinerley; und wie weitschweifig müssen wir itzt dafür sagen: eine Geburt, wie seine war etc. Und so wie er seinerley sagt, sagt er, und andere Alte, auch dieserley, meinerley, deinerley etc.

Doch ich eile zu einigen Artikeln aus dem Wörterbuche selbst.


»Bieder, rechtschaffen, nützlich, tapfer.« Wir lassen dieses alte, der deutschen Redlichkeit so angemessene Wort mutwillig untergehen. Frisch führet den Passionsgesang: O Mensch, bewein dein Sünde groß etc. an, worin es noch vorkomme. Wir wollen nachfolgendes Sinngedicht unsers Logaus in dieser Absicht anführen (III. 37.):


Wer gar zu bieder ist, bleibt zwar ein redlich Mann,

Bleibt aber, wo er ist, kömmt selten höher an.


Biedermann ist zum Teil noch üblich. Bei ihm aber findet man noch andere dergleichen nachdrückliche Composita; als Biederweib, Biederherz, Biederwesen, Biedersinnen. Und welch ein vortreffliches Wort ist nicht das, welches in dem alten Lobliede auf den wendischen König Anthyrus vorkommt:


Sein Sinn war abgericht auf Biederlob und Ehre?


Biederlob ist hier das Lob, welches man als ein Biedermann von einem Biedermanne erhält.


Brunft. Sinng. 2164.


– – Denn wilder Thiere Zunft

Hegt nur zu mancher Zeit der süßen Liebe Brunft.


Und dieses ist auch das wahre eigentliche Wort, den Trieb gewisser wilden Tiere zur Vermischung anzuzeigen; derjenigen nämlich, welche dabei brüllen oder brummen. Unwissenheit[157] und Nachlässigkeit haben dieses Wort in Brunst verwandelt, welches von brennen gemacht ist; und haben dadurch Anlaß gegeben, mit diesem letztern schönen und edlen Worte einen unzüchtigen und ekeln Begriff zu verbinden. Noch ist es Zeit, diese nachteilige Vermischung wieder abzuschaffen. Brunst heißt fervor, ardor, und bedeutet so wenig etwas übeles, daß es die übele Bedeutung nicht anders als durch ein Beiwort erhalten kann. So sagt z. E. unser Logau: arge Brunst, geile Brunst etc. Brünstig aber, entbrünsten und andere dergleichen abgeleitete Wörter brauchen Opitz, Morhof in der besten Bedeutung von der Welt. Frisch in seinem Wörterbuch schreibt zwar: »Brunft sagt man nicht wohl von Wölfen, Luchsen und dergleichen, wie einige Jäger tun; sondern besser Brunst«. Allein man lasse sich nicht irre machen; denn Frisch hat hier offenbar unrecht; weil die Jäger von Wölfen und Lüchsen weder Brunft noch Brunst sagen, sondern beide rollen oder ranzen lassen. Siehe Döbels erfahrner Jäger.

Demmen. Dieses Zeitwort braucht Logau, dem ersten Ansehen nach, in zwei ganz verschiedenen Bedeutungen. Einmal heißt es ihm so viel als verdunkeln, demmericht machen. Sinng. 1667.


Gottes Wort leucht helle,

Gottes Wort lauft schnelle:

Wer denn will es demmen?

Wer denn will es hemmen?


Ein andermal bedeutet es schlemmen, prassen. Anh. 228.


In vollem Sause leben, nur schlemmen, demmen, zehren etc.


Frisch hat die erstere Bedeutung gar nicht, und aus der zweiten macht er ein besonderes Wort, das er vor sich und nicht unter Demmerung anführt. Es sind aber beide Bedeutungen so verwandt, daß auch mit der zweiten eigentlich der Begriff der Demmerung zu verbinden ist. Der Spate in seinem Sprachschatze sagt sehr wohl: Demmen proprie est, noctes conviviis vigilatas ducere, in tenebris perpotare. Statim autem ad quamcunque intemperantiam et helluationem transferri coepit.


[158] Flitte, die. Sinng. 644.


Des Nero Meistern nahm die Flitte

Sein Leben hin, wie sein Geblüte etc.


Flitte bedeutet ein Instrument, womit die Ader gelassen wird. Einige wollen, daß es aus dem griechischen Phlebotomum zusammen gezogen sein soll. Uns deucht es das Urwort von Flitze zu sein, welches einen Pfeil bedeutet, und wovon das Wort Flitzbogen noch in vielen Provinzen im Gebrauch ist. Übrigens ist dieses weder die Lanzette, noch der Schnäpper; sondern es ist das alte deutsche Laßeisen, ehe es durch Anbringung einer Schnellfeder verbessert und dadurch zu dem so genannten Schnäpper gemacht wurde. Siehe Heisters Chirurgie, S. 380.

Hinsichern, sich. (XIII. II.)

Wenn ein redlich frommer Christ hin sich sichert in das Grab. Ein Wort, welches Logau ohne Zweifel gemacht hat, und welches an diesem Orte ungemein nachdrücklich ist, indem es so viel sagen will, als: der Christ, der itzt in der Welt nirgends sicher ist, begibt sich in sein Grab hin, um daselbst gewiß sicher zu sein. Einige Neuere haben dergleichen Wörter ohne Unterschied getadelt, andere haben dergleichen bis zum Ekel gemacht. Dichter von gutem Geschmacke halten das Mittel, und gebrauchen solche Ausdrücke desto seltener, je glänzender sie sind. Ein Poet muß sehr arm sein, der seine Sprache nur durch ein einziges Mittel aufzustutzen weiß.

Noch, noch; sagt unser Dichter (I. 1. II. 12) für weder, noch. Die Fälle sind unzählig, wo das Sylbenmaß dem gewöhnlichen weder durchaus zuwider ist; und warum sollten wir es nicht auch noch heut in jenes bequemere noch verändern dürfen? Wenigstens klingt es nicht übel (II. 18.):


»Noch frech wagen,

Noch weich zagen etc.«


Aber ich will aufhören, abzuschreiben. Ich weiß gewiß, daß Sie den nun erst auferweckten Logau selbst vor die Hand[159] nehmen, und studieren werden, sobald Ihnen Ihre Umstände einen anhaltenden Fleiß wieder erlauben.


Ende des zweiten Teils

43

Biblioth.. d. sch. W. II. Bandes 2tes st. S. 366.

44

Als er in den Olympischen Spielen mit dem Rennpferde den Preis erhielt.

45

Pisa, der Name der Stadt, ohnfern welcher die Olympischen Spiele gehalten wurden. Pherenikus hieß das Rennpferd, auf welchem Hiero den Preis erhielt.

46

Der Name des Flusses, neben welchem die Rennbahn war.

47

Er verstehet den Teil von Griechenland, welcher nach dem Pelops, Peloponnesus genennt ward. Und diese einzige Erwähnung des Pelops veranlasset die ganze folgende weitläuftige Ausschweifung zum Lobe dieses Helden.

48

Die Fabel erzählt von dem Tantalus, des Pelops Vater, die Götter hätten in so sehr geliebt, daß sie ihn mit an ihre Tafel gezogen. Einst als Tantalus die Götter wieder bewirten wollen, habe er seinen Sohn, den Pelops, geschlachtet, und ihn denselben vorgesetzt. Keiner von den Göttern aber habe davon gekostet, außer Ceres die ein wenig zu heißhungrig, ein Stück von der Schulter verzehret habe. Die Götter hätten hierauf die übrigen Stücke in einen reinen Kessel geworfen, und den Pelops lebendig wieder herausgezogen, nachdem sie ihm eine helfenbeinerne Schulter, anstatt der verspeisten, gegeben. Dieser reine Kessel (καϑαρος λεβης) ist es, welchen unser Übersetzer, zwar schön, aber etwas zu undeutlich das heilende Erz nennt.

49

Daß Pindar hier auf den Tantalus kömmt, ist kein neuer Sprung. Sondern es dienet, um die Ursache anzugeben, warum Pelops gleichwohl wieder aus dem Himmel zurückgeschickt worden.

50

Wer bei dem Oenomaus, um dessen Tochter Hippodamia anhielt, mußte sich gefallen lassen, ein Wettrennen zu Wagen, mit ihr einzugehen. Der Vater versprach sie dem, der sie, oder vielmehr den Myrtilus, welcher sie allezeit führte, einholen würde. Wenn aber der Vater, der ihnen auf seinem Wagen nachfolgte, sahe, daß der Freier sie nun bald einholen möchte, tötete er ihn mit seinem Wurfspieße.

51

Den Hiero nämlich, auf welchen er nunmehr wieder zurück kömmt.

52

Ein Berg in der Gegend, wo die Olympische Spiele gehalten wurden. Er hatte von dem Saturnus seinen Namen, weil dieser mit dem Jupiter um die Herrschaft des Himmels auf ihm gekämpft.

53

Als er auf dem vierspännigen Wagen den Preis erhielt. Kamarina war eine Stadt in Sizilien. Der Dichter weihet dem Jupiter seinen Gesang, weil diesem die Olympischen Spiele heilig waren, deren alle vier Jahre wiederkommende Zeit er die zirkelnden Stunden des Zeus nennet.

54

Jupiter donnerte diesen Riesen, der den Himmel mit erstürmen wollte, zu Boden, und wälzte den Ätna über ihn.

55

Und diese Wahrheit erläutert er durch das folgende Beispiel. Erginus, der Sohn des Klymenus, war einer von den Argonauten und als diese auf Lemnos landeten, traf es sich, daß gleich die Königin Hypsipyla, zum Andenken ihres verstorbenen Vaters, Ritterspiele halten ließ. Als nun die Argonauten dazu eingeladen wurden, machte sich Erginus unter die bewaffneten Wettrenner; und weil er bereits graue Haare hatte, ob er gleich so alt noch nicht war, lackten die Lemnischen Zuschauerinnen über sein kühnes Unterfangen. Unterdes lief er doch, kam selbst dem Calais und Zetes, den Söhnen des Boreas, zuvor, und erhielt zum großen Erstaunen derer, die vorhin über ihn gelacht hatten, den Preis. – Ob es nötig sei, mit den Auslegern des Pindars, diesem Beispiele zu Folge anzunehmen, daß auch Psaumis, an den diese Ode gerichtet, in seinen jungen Jahren bereits graue Haare gehabt, weiß ich eben nicht.

56

Diese Ode ist bei dem Pindar, als eine Zulage gleichsam zu der vorhergehenden zehnten Ode, an eben diesen Agesidamus, anzusehen, dessen Sieg zu besingen der Dichter gleich anfangs versprochen hatte. Weil ihm aber dieses Versprechen entfalles war, und er es erst eine ziemliche Zeit nachher, mit der gedachten zehnten Ode erfüllte, so schrieb er diese eilfte noch oben darein, und nennte sie auch selbst τοκος, die Zinse.

57

Bei J. J. Schorndorf, in groß Oktav.

58

Im ersten Stücke der Sammlung vermischter Schriften.

59

An Introduction of the ancient Greek and Latin Measures into British Poetry; attempted in the following Pieces, viz. a Translation of Virgils first Eclogue; a Translation of Virgils fourth Eclogue; Jacob and Rachel, a pastoral etc. London 1737. 8vo

60

Cissides und Paches, in drei Gesängen, von dem Verfasser des Frühlings, Berlin bei Voß 1759.

61

Yet the scrupulous division of his Pastorals into Months, has obliged him either to repeat the same description, in other words for three months together; or when it was exhausted before, entirely to omit it: whence it comes to pass that some of his Eclogues (as the sixth, eighth and tenth for example) have nothing but their Titles to distinguish them. The reason is evident, because the year has not that variety in it to furnish every month with a particular description, as it may every season.

62

Der Herausgeber dieser Briefe nimmt hier Gelegenheit eine kleine Nachricht einzuschalten. Herr Dusch hat sich zum zweiten, dritten und viertenmale gegen unsere Kritik seiner Übersetzung des Pope mit vieler Bitterkeit verantwortet. Zum zweitenmale in dem Altonaer Reichspostreuter; zum drittenmale in gewissen neuen Briefen an Freunde und Freundinnen, und zum viertenmale in der Vorrede zu dem zweiten Bande seiner Übersetzung selbst. Besonders haben wir uns über seinen Brief in dem Reichspostreuter nicht genug verwundern können. Nachdem er darin einige kleine Nachlässigkeiten, die er begangen hat, die wir aber niemals der Rügung würden wert geschätzt haben, selbst angezeigt, sagt er unter andern: »Und nun möchte ich wohl meinen Prahler auffordern, mir in den beiden Stücken, der Vorrede nämlich und der Abhandlung von der Schäferpoesie, seinen Vorrat (von Fehlern) aufzuweisen.« – Wir haben uns zwar nie eines Vorrates von Fehlern eben in diesen beiden Stücken gerühmt. Aber dem ohngeachtet kann ich ihm hier melden, daß seine Aufforderungen angenommen worden. Es soll sich ehstens zeigen ob Fll. oder Herr Dusch der Prahler ist. In diesen Briefen zwar soll es nicht geschehen, weil wir den Platz zu etwas bessern brauchen können. Dem Leser unter dessen doch einen kleinen Vorschmack zu geben, können wir nicht unangemerkt lassen, daß selbst in dieser kleinen Stelle, welche eben aus der Abhandlung über die Schäferpoesie des Pope angeführet worden, Herr Dusch mehr als einen Fehler begangen hat. Z.E. Wie ungeschickt übersetzt er The scrupulous division durch die gar zu richtige Einteilung. Und to repeat the same description for three months together durch für drei Monate zusammen zu wiederholen. Wie links! Wie sinnlos! Hat Herr Dusch in seinem Wörterbuche nicht gefunden, daß together eben so wohl nach einander als zusammen heißen kann? (Einschaltung des Herausgebers O.)

63

Seite 291.

64

Seite 241.

65

Seite 66.

66

Seite 112.

67

Georg. lib. I. v. 209.

68

Georg. lib. IV. v. 425.

69

Seite 64.

70

Seite 179.

71

Seite 180.

72

Seite 274.

73

Seite 188.

74

Seite 187.

75

Seite 93.

76

Seite 221.

77

Seite 159.

78

S. den 36sten Brief.

79

Friedrichs von Logau Sinngedichte; zwölf Bücher. Mit Anmerkungen über die Sprache des Dichters herausgegeben von C. W. Ramler, und G. E. Lessing. Leipzig, 1759. in der Weidmannischen Buchhandlung. Ein Alphabet, 12 Bogen.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 5, München 1970 ff., S. 92-160.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Briefe, die neueste Literatur betreffend
Briefe,die neueste Literatur betreffend.Mit einer Dokumentationzur Entstehungs-und Wirkunsgeschichte

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Frau Beate und ihr Sohn

Frau Beate und ihr Sohn

Beate Heinold lebt seit dem Tode ihres Mannes allein mit ihrem Sohn Hugo in einer Villa am See und versucht, ihn vor möglichen erotischen Abenteuern abzuschirmen. Indes gibt sie selbst dem Werben des jungen Fritz, einem Schulfreund von Hugo, nach und verliert sich zwischen erotischen Wunschvorstellungen, Schuld- und Schamgefühlen.

64 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon