Bodmer, Die Synd-Flut

[35] Zürich


[Johann Jacob Bodmer:] Die Synd-Flut. Ein Gedicht, Erster und zweiter Gesang. Zyrich, bei Heidegger und Compagnie 1751. In groß Quart, 5 Bogen.


Der Verfasser dieses Gedichts wagt sich auf einen Teil des Feldes, welches der Verfasser des Noah, Hr.Bodmer, zu durchlaufen sich vorgenommen hat. Er hat sich in der wohlgesetzten Vorrede wegen dieses Unternehmens hinlänglich entschuldiget. In dem Äußerlichen ist dieses Gedicht dem vorhergehenden fast vollkommen gleich. Dem Innern nach kömmt es der Sprache eines Dichters etwas näher, ob es gleich auch hin und wieder ziemlich nach der Prose schmeckt. Wir werden sehen, wie ihm die Fortsetzung gelingen wird. Eine etwas seltsame, wir wollen nicht sagen, possierliche Stelle, wollen wir, zur Belustigung unserer Leser, hersetzen. Noah beklagt sich über die Aufführung der damaligen Menschen unter andern also:


Einige haben die zaertlichste Neigung zu Hunden, und andre

Halten sich gern zu den Affen, sie gehn mit ihnen vertraut um,[35]

Wie mit Brudergeschlechten, und nehmen ihr thun sich zum Beyspiel.

Der haengt ein Froeschebein an, ein andrer die Quaste vom Kuhschwanz,

Dieser den Schnabel des Hahnen, sie hyten des nichtigen Spielzeugs,

Wie des rechten Augapfels, beglaubt ihr Leben und Wolseyn

Sey an seine Bewahrung gebunden, und mit ihm verlohren. etc.[36]


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 3, München 1970 ff., S. 35-37.
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