Vierzehnter Auftritt


[334] Chrysander. Damis. Valer. Anton.


CHRYSANDER mit einem Zeitungsblatte in der Hand. Nun, nicht wahr, Herr Valer? mein Sohn ist nicht von der Heirat abzubringen? Sehen Sie, daß nicht sowohl ich, als er auf diese Heirat dringt?

DAMIS. Ich? ich auf die Heirat dringen?

CHRYSANDER. St! st! st!

DAMIS. Ei was st, st? Meine Ehre leidet hierunter. Könnte man nicht auf die Gedanken kommen, wer weiß was mir an einer Frau gelegen sei?

CHRYSANDER. St! st! st!

VALER. O brauchen Sie doch keine Umstände. Ich sehe es ja wohl; Sie sind mir beide entgegen. Was für ein Unglück hat mich in dieses Haus führen müssen! Ich muß eine liebenswürdige[334] Person antreffen; ich muß ihr gefallen, und muß doch endlich, nach vieler Hoffnung, alle Hoffnung verlieren. Damis, wenn ich jemals einiges Recht auf Ihre Freundschaft gehabt habe – –

DAMIS. Aber, nicht wahr, Valer? einer Sache wegen, muß man auf die Berlinische Akademie recht böse sein? Bedenken Sie doch, sie will künftig die Aufgaben zu dem Preise, zwei Jahr vorher, bekannt machen. Warum denn zwei Jahr? war es nicht an einem genug? Hält sie denn die Deutschen für so langsame Köpfe? Seit ihrer Erneuerung habe ich jedes Jahr meine Abhandlung mit eingeschickt; aber, ohne mich zu rühmen, länger als acht Tage habe ich über keine zugebracht.

CHRYSANDER. Wißt ihr denn aber auch, ihr lieben Leute, was in den Niederlanden vorgegangen ist? Ich habe hier eben die neuste Zeitung. Sie haben sich die Köpfe wacker gewaschen. Doch die Alliierten, ich bin in der Tat recht böse auf sie. Haben sie nicht wieder einen wunderbaren Streich gemacht! – –

ANTON. Nun, da reden alle drei etwas anders! Der spricht von der Liebe; der von seinen Abhandlungen; der vom Kriege. Wenn ich auch etwas Besonders reden soll, so werde ich vom Abendessen reden. Vom Mittage an, bis auf den Abend um sechs Uhr, zu fasten, sind keine Narrenspossen.

VALER. Unglückliche Liebe!

DAMIS. Die unbesonnene Akademie!

CHRYSANDER. Die dummen Alliierten!

ANTON. Die vierte Stimme fehlt noch: die langsamen Bratenwender!


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 334-335.
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