Achter Auftritt


[352] Juliane. Damis. Valer.


JULIANE. Ach, Valer, welche glückliche Veränderung! –

DAMIS indem er sich auf dem Stuhle umwendet. Die Ehre, Sie hier zu sehen, Mademoisell, habe ich ohne Zweifel einem Irrtume zu danken? Sie glauben vielleicht in Ihr Schlafzimmer zu kommen – –

JULIANE. Dieser Irrtum wäre unvergeblich! Nein! mein Herr, es geschieht auf Befehl Ihres Herrn Vaters, daß ich diesen heiligen Ort betrete. Ich komme, Ihnen einen Kauf aufzusagen, und mich bei Ihrer Muse zu entschuldigen, daß ich beinahe in die Gefahr gekommen wäre, ihr einen so liebenswürdigen Geist abspenstig zu machen.

VALER. O wie entzückt bin ich, schönste Juliane, Sie auf einmal wieder in Ihrer Heiterkeit zu sehen.

DAMIS. Wenn ich das Gewäsche eines Frauenzimmers recht verstehe, so kommen Sie, ein Paktum aufzuheben, welches doch alle Requisita hat, die zu einem unumstößlichen Pakto erfordert werden.

JULIANE. Und wann ich das Galimathias eines jungen Gelehrten verstehen darf, so haben Sie es getroffen.

DAMIS. Mein Vater ist ein Idiote. Kömmt es denn nur auf ihn, oder auf Sie, Mademoisell, an, einen Vertrag, der an[352] meinem Teil fest bestehet, ungültig zu machen? – – Es wird sich alles zeigen; nur wollte ich bitten, mich jetzt ungestört zu lassen – – Wendet sich wieder an den Tisch.

VALER. Was für ein Bezeigen! hat man jemals einem Frauenzimmer, auf dessen Besitz man Anspruch macht, so begegnet?

DAMIS. Und ist man jemals einem beschäftigten Gelehrten so überlästig gewesen? Diese verdrüßliche Gesellschaft los zu werden, muß ich nur selbst meine vier Wände verlassen. Geht ab.


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 352-353.
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