[19] Der Schaw-Platz bildet ab das Keiserliche Geheime Zimmer des Solimanns.
Soliman. Achmath. Hali Bassa über das Meer.
SOLIMAN.
Ist kein Verfolgungs-Schiff noch nicht zurükke kommen?
HALI.
Man hat das minste noch mein Keiser nicht vernommen.
SOLIMAN.
War Rusthans Schiff-Armee zur See besegelt wol?
HALI.
Vol Volk vol Zeug / wie man in solchen fällen sol.
SOLIMAN.
Sätzt jhm kein Nachdruk nach?
HALI.
Es ist in See gelauffen
Was nur in Ankkern lag: der gantze Krigs-Schiff-hauffen
Fast fiebzig Segel stark.
SOLIMAN.
Vmb das die Mänge sie
Zu mehrer Tregheit reitz / und uns der Feind entflieh.
HALI.
Entflihe? wem? wohin? des Keisers langen Händen?
Aus Solimans Gebitt? der bis zur Erden enden
Mit Sieg und Schrekken herscht.
SOLIMAN.
Ja herscht! Wenn Ibrahms Flucht
Den Blitz des Bosphors trotzt.
HALI.
Er findet / was er sucht
Wenn Ibrahms bluttig Kopff auf Osmanns hoher Pforte[19]
Zum Schimpf gespist wird sein.
SOLIMAN.
Was freveln deine Wortte?
Aufwigler! ist dir wol darzu dein Keiser gut /
Das Er / was jhm ein Knecht vorschwatzt / gehorchend thut?
Daß du? dem / dem wir Reich und Leben schier zu dankken
Aufbürdest eignen Haß.
HALI.
Der Argwohn der Gedankken
Verläscht durch dise Flut / wenn es mir Sklaven nicht
Bei dir verfänglich ist / daß er den Feind versicht
Vnd für des Badens Heil beim großen Sulthan bittet.
SOLIMAN.
Hat dir Verwägenheit gantz dein Gehirn zerrüttet?
Welch Wahnwitz bleht dich auf? ha unverschämter Hund.
Verdrüßlicher Fasall; vermag dein frecher Mund
Dem greifen Soliman Gesätze fürzumahlen?
Du darfst Mir! sol dein Kopff mir deinen Frefel zahlen?
Du darfst Mir! aber schweig. Was ist denn Achmaths Rath
Das Soliman hirbei zu thun und lassen hat?
ACHMAT.
Mein Keiser heischt zu vihl.
SOLIMAN.
Pflichtschuldigkeit ein mehres.
ACHMAT.
Darf Ich als Sklaf und Knecht mißbrauchen des Gehöres
Des weisen Solimanns?
SOLIMAN.
Des Solimanns / der dir
Zu reden uhrlaub gibt.
ACHMAT.
Wol denn! weil Osman Mir
Zu urtheiln freigestellt / (wie wol an ein Entschlüssen
Des Kefers / sich nicht wird der Adler binden müssen)
So gibt Mir die Vernunft bewegungs-Gründ in Mund /
Zwar nicht fürs Flüchtgen Recht zu sprechen kurtz und rund
Doch für sein Heil zu flehn. Hat Ibrahm sich versündigt
An seiner Majestät? ists Ibrahm; dem verkündigt
Des milden Fürsten Hold / des grossen Reiches Rath
Des leichten Pöfels Gunst / der siegende Soldat
Der grossen thaten Ruhm / das Kriegs-erlegte Persen /
Der Straffe Minderung. Man folg jhm auf der Fersen
Mit Heer und Schiff-Flott nach / man stell ihn ernstlich dar
Fürs strenge Hals-Gericht: wird der Soldaten schaar
Wird der auf-rührsche Kopf der wüttenden Gemeine
Sehn unbestürtzt vergehn den / welchem auf die Beine
Zuvor der Keiser half: sol er gefässelt stehn /
So wird der Länder Ruh / des Keisers Sig eingehn.[20]
SOLIMAN.
Die Vnhold ärgsten Zorns / der Eifer ernster Rach
Des Grimmes Mörder-galm / die undanks-reiffe Sache
Der freche Trotz der uns steif in den Ohren ligt /
Die Blut-sucht des Gemüts / die aller Gunst obsigt
Vnd allen Libreitz tilgt / das frevelnde Verbrächen /
Mus billichen das Beil und nur den Strang gut sprächen.
Vndankbar Mensch! den wir vom Staub ans Licht gebracht
Vom Kerkker in Palast; hastu den Arm veracht
Den Arm der aus Metall zum Purper dich gezogen?
Vnd mein gantz Hertz gekränkt / das Ibrahm dir bewogen
Mehr als mir selber war. Nein red es mir nicht ein:
Es kostet Ibrahms Hals / nein Achmath nein ach nein.
Man träte was uns trit; Komm Hali nicht zurükke /
Es sei / daß Rustahn denn den bluttgen Kopf uns schikke
Wo Ibrahim entwischt und nicht den Zorn kan kühln
Sol Sulthans strenger Fus mit euern Köpffen spiln.
Rustahn. Soliman. Ibrahim. Isabelle. Hali. Achmath.
Die Gefangenen. Die Janitscharen.
RUSTAHN.
Großmächtigster Monarch / der Donner herber Rache
Des rechten Himmels schlus / der für den Sulthan wache
Vnd seine Hoheit hält / der für des Ossmanns Kron
Selb-selbst zu Felde zeucht / hat den verwägnen hohn
Des frechen Ibrahims / durch seinen Knecht gerochen /
Durch Rustahns strängen Arm. Ich war erst aufgebrochen
Vom Bizantiner Port / als unsers Keisers heis
Vnd ernstes dräw-Geboth / der starkken Rudrer fleis
Mehr als verdoppelte. Die steiffen Winde pfiffen
Die Segel günstig an / und sprächen unsern Schiffen
So Rachch als Nach-satz gut / der Flüchtgen Jagt-Schiff kam
Vns gehling ins Gesicht / als schon der Feind wahr-nam
Bei Sest und Abid uns entwischend zu entkommen:
Da unsre Losung man im Blokk-Haus erst vernommen[21]
Und ihre Flucht verschnitt. Als ihr der Paß verrannt
Hilt unsre Gegen-Part aus zwang verzweifelnd stand.
Des Ibrahms festes Schiff ward bald von uns besprungen /
Dem wir aufs Keisers Wort die Waffen abgedrungen
Die Fässel angelägt / in welchen Soliman
Der frechen Hunde Trotz mit Ernste straffen kan.
SOLIMAN.
Mit Ernst und nach verdihnst. Was hat dich so vermässen
Vndanckbar Mensch! gemacht? hastu wer du vergäßen
Vnd Bosphors Sonne sey? Was hat dich angesträngt
Zu flihn den man umb sonst zu flihn sich unterfängt.
Hat Stambul dis umb dich / der aus dem Mord-getümmel
Der Henkker dich zum glantz zu seiner Hoheit Himmel
Mit gröstem Ruhm erhob; hat Ossman dis umb dich
Hat Ossman dis verdihnt / der von dem throne sich
Zu deines Kerkkers Schimpff / zur fässel Schand ernidrigt
Trew-Loser! hat sich ie ein Sklaff ein Knecht gewidrigt
Zu herrschen über den dem er gehorchen mus?
Zu träten dessen Haupt dem er doch unterm fuß
Verschmachtend dihnen sol. Schien dir Stambuldens König
Schien Ossman dir zu schlecht / schien Ossman dir zu wenig
Zu üben der dich übt / und der zwar Keiser hies
Doch der dich mehr als Herrn mehr sein als Keiser lies.
Mehr sein als Keiser! könt Ich Mich mehr vergeringern?
War dir die Hand zu schwer die dich mit linden Fingern
So sanft in Schlaff einwiegt? die Sonne zu Bizanz
Zu dunkkel? die dir gab als seinem Monde Glantz?
Was flohstu? hatte dich die Ehrfucht so vergiftet?
Was für ein Mordstükk war auf unsern Hals gestiftet?
Was für ein Fallstrikk war auff Stambuls Reich und Haus
Vnd Kron und thron geställt? ha; ietzt iß selber aus
Was du dem Soliman für Gift hattst eingebrokket;
Hat Karl zu seinem dihnst hat Karl dich hin-gelokket?
Kirrt dich Venedig weg / und der Geneser Rath?
Daß du was Ossmanns Stul trotz Christ trotz Persen hat[22]
Für Kräfft und Heimligkeit verräthrisch mögst entdäkken.
Kom Karl / kom kom / dein Kopflf sol bald die Zähne bläkken /
Vnd kreischen an der Sonn / wo schon die Blut-Fahn stäkkt
Die iden Christen-Hund und Krig und Tod entdäkkt /
Dir Marter / ach / und Angst.
IBRAHIM.
Ha! Ibrahm wirds nicht schäuen
Ich will noch so behertzt den harten Knoten käuen
Der Mich bald strängeln wird; ich wil mit Hertzens-Lust
Dem stumpffen Dolch bestehn auf der zernarbten Brust;
Ich wil das scharffe Beil / ich wil die Schwerdter küssen /
Den Henkker der mich bald wird säbeln oder spissen /
Auf des Tirannen Wortt / so standhaft / so behertzt:
Als Ich dem Zelebes der deine dräuung schertzt'
Vnd deine Wortte schimpft' und deinem heer obsigte
Den kahlen Kopff abhihb / den ihre Hoheit krigte
Gesihlt in Sand und Blutt geworffen für den Thron!
Ich wil mit so viel Muth erdulden Schmach und Hohn
Als Ich Chach Tachmas Volkk Chach Tachmas heer bezwungen;
Vnd den bestürtzten Pers' aus gräntz und land verdrungen.
Dis wil Ich! ohne frag ob unrecht oder recht
Dein Ibrahim vergeh / dein Ibrahim / der schlecht
Für Stambuls füssen ligt; Nur dis / mein Keiser schmertzet
Dis jammert mich / mein Fürst / daß der / der nie gestertzet
Aus Ossmans Lib und dinst mus Mammelukke seyn
Und Ertzt-verräther heist / und Aufruhr führen ein.
Daß der / der Persens Kron auff Ossmanns Haar gehäuffet
Nach Solimans Verdacht / auf Ossmann schwerdter schleiffet /
Und auf Bizanz erherbt / und auf den stul erhitzt
Den er (es weis es Gott!) mit Rath und That geschützt.
Gott weis / der alles weis / daß Ibrahm nichts gesponnen
Auf Ossmans grosses Reich / das Ibrahm nichts gesonnen
Verfänglichs / großer Fürst / daß Ibrahm durch die flucht
wo Gott soll mein Zeuge sein / nur sein Gemahl gesucht
Zu flüchtgen aus gefahr / und diesen zu entrinnen
Die noch voll Haß voll Neid auf Ibrahm Nätze spinnen;[23]
Vnd ihn beim Soliman durch süsses Häuchel-Gifft
Verschneiden ie und ie. Ist wer der sicher schifft
Wenn die ergrimten wind' erboßter Mißgunst brausen
RUSTHAN.
Ich hör aus Ibrahms Halß erlogen Antwort sausen
Umb Solimans Gehör. Beschönestu noch dis
Was hell und Sonnen-klar? Zausch Bassa schreibt gewis
An Ossmanns hohe Pfort / es sei zu Wien ankommen
Ein Türckscher Bottschaffter / den Karl so angenommen
Als keines Sulthans nicht / mit dem er Tag für Tag
Geheim zu Rauhe geh: von wem er kommen mag
Wird unser Bottschafft selbst vom Keiser nicht entdäkket /
Wer weis ob Ibrahim verräthrisch nicht verstäkket
Lig unter dieser Däkk / ob er nicht heimlich Ränkk
Auf unsers Keisers Stul auf Stambuls Reich erdänkk
Und nach der Krone steh. Auch hat nach wenig stunden
Nach unsrer Rükkunft sich viel Volkks zur See gefunden
Das nicht gar weit von Sest die Ankker eingesänkkt /
Und wie in einer Schlacht der Schiffe Rei umbschränkkt.
Kan der Verräther sie nicht ihm bestellet haben?
Denn als die unfrigen vom Schloffe Feuer gaben
Ging alles nach gehöul und heuserm Krigs-Geschrei
Mit vollem Segel durch / als wenn ihr Anschlag sei
Ein Schelm-stükk zu begehn / entdäkket durch die Wache.
Was meinet Soliman!
IBRAHIM.
Ha! ungereimte sache.
O gantz unscheinbar Schein! O Anklag ohne Grund.
Hat dein verschlagnes Hertz / hat dein zwey-Züngicht Mund
Was glätter nicht gewust die Lügen zu besalben?
Doch was bekümmerstu dich / Vogel / meinet-halben
Arg-listger Schaden-froh! was geht es Ibrahm an
Was Wien und Sest vermeld? gesätzt auch / daß was dran!
Daß Karl / wiewol es falsch mit Mir Verständnüß habe /
Das Ibrahim nach Kron und Ossmanns Königs-stabe
Ein geitzigs Auge wärff / hett er zum Aufruhrs-Brand
Ins Keisers Haupt-stad nicht mehr Mittel an der Hand[24]
Als fern von Stambuls Sitz in weit-entlägnen Ländern
Durch der Soldaten Gunst die kein Gelükkssturm ändern
Aus Ibrahms dihnsten wird. Die gantze Heers-kraft siht
Auf mich und diesen Arm. Was hätt ich mich bemüht
Zu flihn für Soliman und aus des Keisers Händen?
RUSTAHN.
Dort desto sicherer dein Schelm-stükk zu vollenden.
IBRAHIM.
Auf was für weis' und weg?
RUSTAHN.
Durch Krigs- und Waffen-Macht.
IBRAHIM.
Hat ie ein Thor ein Kind so alber ding für-bracht?
Gesätzt / Karl führe was auf Ossmans pfort im Schilde!
Bedörft er mich darzu? Was nützet es gefilde
Bereichern mit Gehöltz? Karl hat wol andre Karl!
Doch allzu sorglichs thun! Karl wird umb diese Perl
Sich stürtzen in die See? Karl wird sich so verbrännen?
Laß ein gerüstet Heer den Bosphor rings umbrennen
Und für Bizanz sich ställn / laß das geharnschte Meer
Mit schiffen schwanger stehn? hat man zur gegen-wehr
Nicht Zeug nicht Volk zur Hand? der schon den Pers' geschlagen
Würd er von Keiser Karln geringern Ruhm wegtragen?
Doch Karl dankkt selber Gott daß er zu fride bleibt
Nun sein ein-heimscher Krig sein eigne Kräfft auf-reibt.
Hett auch ein Christen-Schif / (das du doch leugest) gestern
Den engen Pont erreicht / sie würden sich den Sestern
Für Maul und Nase stelln. Mein Vnschuld bricht an Tag /
Mein Kläger spricht für Mich / weil Rustahn mir nichts mag
Gereimtes bürden auf?
SOLIMAN.
Was spricht für dein entführen?
Wer spricht für deinen Raub? kont es dir Hund gebühren
Zu stehlen was für uns / zu nehmen was uns lieb /
Zu rauben was nicht dein? Ha? un-gestümer Dieb!
Vnd du auch loses Weib! Bezauberin der Sinnen!
Vn-keuscher Huren-Balg? hat Ossmann dich nicht können
Beställn in seinen dihnst? brach Ossmanns Gunst und hold
Nicht dein verstoktes Hertz? ent-liefstu / als Er wolt
Aus Koth aus Asche dich auf Stul und Eh-bett haben?
Last hören / was der Balg uns wird für Antwort gäben /[25]
Last hörn auf was für Ahrt / sie wird verreden sich.
Last hören / was sie spricht.
ISABELLE.
Die Tugend spricht für Mich /
Die Vnschuld / Ehr und Recht.
RUSTAHN.
Hihr geht Gewalt für Rechte.
SOLIMAN.
Trug für dem Keiser dich dein Hertze zu dem Knechte?
ISABELLE.
Mein Keiser / es trug Mich für dem / den seine Brunst
Mich nur zu üben zwang / und der durch seine Gunst
Mir blossen Haß anboth / zu meinem Eh-gemahle.
Ich zog die Tugend für in der Erköhrungs-wahle
Und sties den Ehr-geitz aus. Zwar Ossmann wies den Glantz
Deß Purpurs / aber Ich nahm Ibrahms Tugend-Krantz.
SOLIMAN.
Nihm itzt den Hänkkers-strang.
ISABELLE.
Der Mich doch nicht beraube
Des Vnschuld-Krantzes kan. Hielt Ossmann Trew und Glauben
Was er dem Ibrahim eh er in Persen zog
Mit Hand und Mund versprach?
SOLIMAN.
Was ists / das Ich dir log?
ISABELLE.
Mein Keiser / er verhies vertraulich Mich zu schützen.
SOLIMAN.
Heist dises nicht geschützt auf Throne heissen sitzen?
ISABELLE.
Auf Throne; wol / wenn fi nicht Folter-bänkke sein.
SOLIMAN.
Wenn fi erwünschte Luft.
ISABELLE.
Ach! wenn Ach und Pein /
Läst uns umb rechte Flucht den Grimm der Sulthan blikken?
SOLIMAN.
Weil jhr die hold ausschlugt.
ISABELLE.
Versprach Mir doch / zu schikken
Mich ihre Hoheit heim / wo ja in einer Schlacht l
Mein Ibrahim kähm umb: sol nun er Friden bracht
Und mit sighafter Hand aus Persen heimgekehret /
Vns beiden / Mir und Ihm der Heimzug sein verwehret?
SOLIMAN.
Verwehrt! nun er verschertzt; als ihr so frech und kühn
Zoht un-beuhrlaubt weg.
ISABELLE.
Wir musten also zihn
Weil die Vergünstigung vom Sulthan nicht zu hoffen.
SOLIMAN.
Steht Zung und Läster-Maul dir nur zum schmähen offen?
Wer schreibt dem Soliman zu thun und lassen für?
Dem unrecht recht mus sein / und der gesätze dir
Nach seiner Wülkühr schreibt. Ist eine Satzung stärkker
Als Ossman der sie sätzt? Schleus in absondre Kerkker
Den Ibrahm ein und Sie / die andern schmide man[26]
Zum Rudern in Metal auf den Galeen an /
Laß weder aus noch ein ihmanden von dem Pövel /
Daß der Gemeine Grimm nicht etwann einen Frevel
Und Auf-ruhr unterfang auf Ossmanns thun und Haus.
Stekkt eine Todten-Fahn an Sieben-Thürmen aus.
Isabelle. Ibrahim. Rustahn. Achmat. Hali.
Die Janitscharen. Die Gefangenen.
ISABELLE.
O Vrtheil herbster Rach; o un-aus-sprächlichs wütten;
O stränger Aus-spruch; ach; kan wol der Blut-hund schütten
Mehr Elend über uns? kan uns der Soliman
Kan uns des Abgrunds Fürst was grimmigers thun an?
Als bei so trübem Glükk uns von einander scheiden /
Als kurtz für unserm Tod uns nicht beysammen leiden?
O daß der Blut-hund uns nicht balde strängeln läst!
O daß das Unthier uns nicht bald den letzten Rest
Im ersten sturme gab! O das man selbst nicht rännet
In Rusthans sebeln eh / als er uns zwei zertrännet
Die nur ein Hertze sind! daß man zugleiche nicht
Vergehn und leben kan; Ist was / das schärffer sticht
Kan wem sich herberer die Glükkes-gall erherben /
Als wenn man gerne stirbt / und doch nicht kan ersterben?
Zu was für Marter hebt / zu was für Hänkkers-kwal
Er beide langer auf? sinnt über strang und Pfal
Er neue Marter aus? Kommt hauet mich in stükke;
Zerfleischt die Glider uns; Ich schätz Mirs für ein glükke /
Ihr thut mir einen dihnst / kommt stost mich in die brüst /
Bis blutt und Seel aus-sprütz ich sterbe wi ein Christ.
IBRAHIM.
Ich gleichfals sonder schuld! bekomm ich dis zu Lohne!
Hat dieser dis umb dich verdihnt / der Persens kröne
Dir willig über-ließ? der Ossmans Erb und Sitz
Frei-müthig unter-schob den Nakken zu der Stütz
Als er schon wakkelnd hing und halb-zersplittert knakte /
Als Phrat und Tigers Greiff nach Stambuls Monden hakkte[27]
Die Blut-gewaschne Klau.
RUSTAHN.
Offt nimmt sich unser an
Ein Mörder / nur darumb daß er uns tödten kan.
Ein stoltzer dihnt / daß er zur Zeit hersch auf dem Throne.
Doch dir fehlts! lerne nun: Daß oft der blitz nicht schone
Der Wolkke die ihn zeugt / indem dein Schelm-stükk dich
Das uns galt / selber stürtzt!
IBRAHIM.
Wol! er erdrükke mich
Mein Fall fällt ihn und euch / mein Kerkker wird ihn stürtzen.
RUSTAHN.
Du kanst durch fluch und dräun dir sein die Marter würtzen!
IBRAHIM.
Dein Auf-hatz ist die Würtz.
RUSTAHN.
Gäbt seiner Läster-Zung
Und schmach nicht mehr Gehör. Er ist gehört genung!
IBRAHIM.
Gehört doch nicht erhört / beschuldigt nichts erwiesen
Verdammet!
RUSTAHN.
Führt sie hin / und iden unter diesen
Schlißt auf die Ruder-Bank.
ISABELLE.
O wort / das wie der blitz
Durch Mark und Adern dringt! O wort / das einen Ritz /
Durch beider Seelen reist! o Donner-Keul der Hertzen!
IBRAHIM.
Mein Hertz ich bin der Brunn und Vrsprung eurer schmertzen!
ISABELLE.
Ich euers Vntergangs! O das man uns wie sie
Eh ins Metall verdamm / und an die Ketten zih
Als von einander trenn!
IBRAHIM.
O un-glükkhaffte Libe!
Libt Ibrahm sie mein Hertz / daß Ibrahm sie betrübe;
Verflucht / daß ich gelibt! verflucht / verflucht bin ich!
Doch / was gedänkk ich / ach! räwt ihrer Libe mich?
RUSTAHN.
Fort / fort / hier ist nicht Zeit daß man die zeit verschertze.
ISABELLE.
Ade! mein Leben!
IBRAHIM.
Ach! ade!
ISABELLE.
Mein Licht!
IBRAHIM.
Mein Hertze!
ISABELLE.
Mein Aufenthalt! ade! wir scheiden / ach! mein Licht!
Wir scheiden / gutte Nacht!
IBRAHIM.
Allein / mein Hertze nicht
Mein Hertze nicht / mein Sinn!
ISABELLE.
Ade! zu gutter letzte!
IBRAHIM.
Ich lib und ob man mich auf lichten Schweffel sätzte!
ISABELLE.
Ich lib / und ob ich stürb / ach Jammer! ich vergeh!
IBRAHIM.
Noch einen kuß / mein Schatz!
ISABELLE.
Noch einen küß! ade!
Achmat. Hali Bassa.
ACHMAT.
Ist Hali so behertzt / dis traur-spiel ohne schmertzen
Und Thränen anzuschaun?
HALI.
Es geht mir tiff zu Hertzen[28]
Und macht mich höchst bestürtzt / wenn ich den Fürsten stehn
In Stein und Eisen seh / und ins Gefängnüß gehn
Den ehe gestern noch Bizanz mit Furcht und Zittern
Und Ehr-Erbittung prieß.
ACHMAT.
So werden von gewittern
Die Gipffel stets erschällt / wenn dis zu friden bleibt
Was in den Thälern kreucht. Das elend mahlt und schreibt
Sein Tag-Regiester vol mit eitel Fürsten-Namen.
Wie daß dir vor so tif nicht in Gedankken kamen
Die thaten Ibrahims? So siht man auf das Licht
Des Sonnen-Rads so sehr bei heiterm Wetter nicht
Als wenn ein Finsternüß den hellen Blitz versehret
Und ihr Gesicht umbhüllt. Dis itzge Beyspihl lehret
Was mir und dir für-steht. War dir nicht kurtz zuvor
Kaum ein scharff Wortt entfahrn / wie schon des Keisers Ohr
Sich höchst verletzt befand.
HALI.
Sich stets in Fürsten schikken
Wird Mir / und dir / und nicht dem hundersten gelükken.
ACHMAT.
Wol / dis ent-schuldigt ihn / und spricht den Ibrahm los.
Wenn mans beim lichten siht ist nicht die Schuld so gros
Als sie die Miß-gunst macht / die / (kan ich anders rathen)
Uns auch noch stürtzen wird. Vermögen Ibrahms Thaten
Nicht dis zu läschen aus / was ihm zwar was Verdacht
Doch keine Schuld auf-halßt / und ihn zwar scham-roth macht
Doch durch kein Recht verdammt. Was werden unsre taugen?
Die nur ein Schatt und Schimpff und Schertz in Ossmanns Augen?
Der Fürste räumt zu vihl Platz für die Miß-gunst ein /
Du sihst beim Sulthan den am Brette wider seyn /
Der nichts als Vn-glükk stift und nur zum Schaden wachet /
Der durch Schmarutzen nur der Mord-Lust Feur auf-sachet /
Das vor schon ohne Wind und neuen Zunder glimmt /
Und den der nicht mit ihm in seine Pfeiffe stimmt /
Verdächtigt und verhaßt / wenn er ihn hinterm Rükken
Verschneidet wie er weis.
HALI.
Doch kan man solchen strükken
Durch Vnschuld wol entgehn.
ACHMAT.
Die reinste Vnschuld läscht
Oft diesen Flekk nicht aus / und der verdihntste wäscht[29]
Sich nicht vom Arg-wohn rein.
HALI.
Man glaubet oft nicht ehe
Doch arg-wohnt man / biß daß der Fürste gar vergehe.
All unschuld bricht wol aus.
ACHMAT.
Uns lehrt des Bassen fall
Das unschuld oft verdirbt.
HALI.
Sprichstu den Ibrahm all
Von dem Verbrechen los?
ACHMAT.
Von diesem / das den Kerker
Wo nicht den Strang / verdihnt.
HALI.
Sein Frevel ist vihl stärker
Als ich und du vermeint.
ACHMAT.
Nicht stärker als verdihnst'
Als Tugend.
HALI.
Vndank nimmt den vorigen Gewihnst
Der ersten Wohl-that weg.
ACHMAT.
Kanstu ihn Vndank zeihen?
HALI.
Zwar ich nicht / Ossmanns Gunst.
ACHMAT.
Wird zwang sich zu befreien
Für Laster aus-geschrien?
HALI.
Was zwang ihn zu der flucht?
ACHMAT.
Sein Wol-stand sein Gemahl.
HALI.
Hett ers durch bitt ersucht.
ACHMAT.
Umbsonst man hett es ihm unfehlbar abgeschlagen.
HALI.
Wer kont ihm dis gewiß von so vihl Zweiffeln sagen?
ACHMAT.
Die Brunst die Solimann zur Isabellen trug.
HALI.
Stand nicht die Ehr ihm ob die selbe Brunst ausschlug?
ACHMAT.
Der Ehre Feuer war im Liebes-Rauch erstikket.
HALI.
Sie glam noch in der Asch und ward hieher erblikket.
ACHMAT.
Itzt ist noch Strumpff noch Stiel nicht übrig mehr von ihr.
HALI.
Wer weis ob nicht ein Funk erst wider komm herfür.
ACHMAT.
Kein Funke kan wo er nicht Nahrung hat verbleiben.
HALI.
Wer weis es / bis der Wind die Asche wird zerstäuben.
Wie leicht kan Zelebes dem Keiser fallen ein /
Vnd Tauris / die durch Ihn allein bezwungen sein.
ACHMAT.
Vergäbens! nichts nicht ist / das also bald verrauchet / |
Und aus dem Sinn uns fällt / als Wohlthat: man gebrauchet
Ihr als des Rosen-Zweigs / der länger nicht belibt
Als weil er blüht und raucht.
HALI.
Des Ibrahms Gutthat gibt
Noch Soliman Geruch.
ACHMAT.
Du glaub es. Ich besorge
Daß man dem Ibrahim den Tod und Strang nur borge.
Vmbsonst siht der / auf den so mancher Sturmwind geht
Sich nach dem Hafen umb. Wer auf der Schippe steht
Stürtzt leichtlich Kopff und Hals. Auf den ein Fürst gewändet[30]
Vihlfältge Wohlthat an / in eben selbem endet
Und fürchtet Er Sie auch. Des Neides Augen sind
Auf das Gelükk ein Luchs / auf die verdihnste blind.
Der Menschen Eifer ist geahrtet mehr zum schälten /
Zur Rach / als die verdihnst und Wohlthat zu vergälten.
HEI.
Getrost? die Sturm-Well hat oft in den Port verfätzt /
Der Nord-Wind hat oft mehr als lauer West ergätzt:
Der Dorn ward oft zur Ros' und unser Schmertz zum Schertze /
Der Fall erhöht' uns oft.
ACHMAT.
Du machst mir schier ein Hertze!
Es sei / daß sein Gemahl Ihm denn im wege stünd
Und Ossmann neue bränd aus ihrer Kält empfind.
Ich fürcht auch Roxelan und Rustahn wird die länge
Wol schwerlich feiern mehr / bis Ibrahm wird die gänge
Des trauten Mustaffa noch auch gegangen sein.
Doch bricht des Ibrahms Halß bricht Ossmanns Thron auch ein.
Chor der Leibeigenen Christen.
Satz.
Die in erhitzter Schlacht
Behertzt für Gott und Land die hand-voll Jahr beschlossen /
Die mit versprütztem Blutt auch Seel und Geist vergossen
Und Türkk und Tod verlacht /
Kan man so billich nicht betrauern /
Als uns die wir allhier in dises Kerkers Felsen
Das Vrtheil unserm Kopff und Mord-Spruch unsern Hälfen
Erwarten / und fürm Tod uns schauern.
Wird man uns auf Galeen schmiden?
In sidend-heissem Oele fiden?
Wird man uns braten an dem Pfal?
Wird man in Mörseln uns zerstossen?
Wird man umb unsre Köpfte lossen?
Wird man uns spissen an den Stal?
Wird man uns köpffen oder wird man uns erwürgen?[31]
Wird man uns unsern Leib zersegen?
Auf Holtz-stöß und auf Röste legen?
Mit glüend-rothen Kohln und warmer Asch umbschürgen?
Wil man uns Därm und Lung und Eingeweid aus-reissen?
Vnd umb das blutge Maul die fetten Hertzen schmeissen /
O höchster! kanstu sehn
So deine Christen schmähn?
Gegen-Satz.
O Ja er siht es wol!
Vnd hat ein wachsam Aug auf dise die uns tretten
Und Ihn durch uns verschmähn. Doch weis Er / wenn er retten
Und wenn er helffen sol!
Der Akkers-Mann haut Strauch und Dörner
Nicht eh ab / als bis er davon die Frucht beisammen:
Der Mohre wirfft nicht eh in das gestrüttig Flammen
Als er des reiffen Weirauchs Körner
Hat abgelesen von den ästen:
Also hilft Gott zwar den gepresten /
Doch stürtzt er nicht Tirannen eh
Ob sie zwar jhm ein Dorn in Augen
Vnd uns aus-ädern und aus-saugen
Als bis von jhnen Nutz entsteh
Als bis Er / wenn wir uns an jhm sich oft versündigt
Durch Sie als Dihner seiner Rachche
Als Bohten seiner muntern Wachche
Hat seines Eifers Grimm und heissen Zorn verkündigt.
So dihnen Schlang' und Molch' und Nattern oft den Aertzten /
Und ist ihr ärgstes Gifft für Gifft nur am bewährtsten.
Doch kurtz nach dem gebrauch
Stürtzt er Tirannen auch.
Satz und Gegen-Satz.
Beherscher über uns / und über unsre Fässel
Wie lange peitscht uns deine Rutt
Wie lange brennstu uns mit diser Jammer-Nessel;[32]
Wie lange wäscht in warmem Blut
Der wilde Bluthund sich der dir vertrauten Christen /
Kan deine Lang-Muth noch die Rachche länger fristen?
Erbarm dich über die
Die Hand-voll Volcks / o Gott; gerechter Richter wachche;
Die für dir auf dem Knie
In Türckschen Banden schrein und winseln: Rachche! Rachche!
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140 Seiten, 7.80 Euro
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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro