Fünfter Auftritt.


[40] Möller allein, dann der Buchjäger.


MÖLLER. Und wenn nichts aus der Hochzeit würde da mit der Löhlein, so hat Stein und Sohn doch einmal durchgegriffen. Die Galle hat mir's umgewendet, wenn er allemal der erste war – Dasmal bin ich zufrieden mit meinem Alten und will seine Nase gern einstecken. – Aber was poltert nur da draußen herum? In der Thür. Ein Glück, daß die durch die Zimmer gingen. Es ist der Buchjäger. Und in welchem Zustand! Ist das auch ein Mensch! Er bringt den betrunkenen Buchjäger hereingeführt.

BUCHJÄGER erst noch in der Szene. Wo ist der Stein? Heda, Kerl! der Stein! Seid Ihr's, Möller?

MÖLLER mit Gönneransehn. Daß Ihr's seid, darüber kann man nicht im Zweifel sein. Was wollt Ihr hier?

BUCHJÄGER indem ihn Möller auf einen Stuhl setzt. Bedanken, man muß sich doch bedanken. Holt mir den Stein. Bedanken –'s ist einmal Mode so.

MÖLLER. In diesem Zustand?

BUCHJÄGER indem ihn Möller mit Anstrengung auf dem Stuhl niederhalten[40] muß. Zustand? Was geht Euch der Zustand an? Daß ich mich bedanken will, das ist Zustand gnug. Laßt mich mit dem Zustand zufrieden. Ist er drin? Was?

MÖLLER. Da drin ist niemand. Seid froh, daß niemand drinnen ist. Euch ist nicht zu helfen. Ihr wollt einmal auf keinen grünen Zweig kommen. Eure Gönner können keinen noch so klugen Streich für Euch machen, ohne daß Ihr selber gleich einen hundertmal so dummen draufsetzt, der alles wieder verdirbt. Den Herrn reut's schon, daß er Euch die Stelle gegeben hat, und Ihr gebt ihm auch gleich –

BUCHJÄGER. Ihr dummer Kerl Ihr, das Ihr seid. Mit Eurer Gönnerschaft, das Ihr seid. Wenn Ihr nicht den Stein und den Ulrich auseinanderbringen wolltet der Löhlein wegen! Und wenn ich so dumm wär' wie so ein verwetterter, vermöllerter, vergönnerter Kerl. Basta. Daß ich einen Tag Förster bin? Denn zwei Tag' dauert's nicht, bis die zwei Kesselflicker wieder einig sind; hernach ist's wieder aus mit meiner Försterschaft. Ihr denkt, weil Ihr keinen Durst habt, seid Ihr ein honetter Kerl? Einen Tag weiß ich's – einen Tag bin ich's – Tu – Turbationsförster nämlich – und den Tag hab' ich angewandt, Bruderherz – an Ulrichs Andres – angewandt, Bruderherz. Komm, Bruderherz, denn ich bin fidel, Bruderherz. Du vermöllerter Gönner du! Fällt ihm um den Hals.

MÖLLER schamhaft und äußerst verlegen sich seiner erwehrend. Aber was denken Sie denn? Wenn's jemand sähe! So schämen Sie sich doch! Sich in der Autorität gewaltsam zurechtrückend. Mit Ulrichs Andres habt Ihr was vorgehabt? Was?

BUCHJÄGER. Vorgehabt, vorgehabt, den hab' ich vorgehabt, wißt Ihr? von wegen gestern, wißt Ihr? und von wegen der Galle auf seinen Alten, wißt Ihr? Seinen weißen Katzenbart, der Alte, soll er zerreißen vor Wut, wenn er's hört –

MÖLLER. Aber was mögt Ihr nur mit dem Andres angestellt haben?[41]

BUCHJÄGER. Was? Nichts. Werdet's Zeit genug erfahren. Was? Durst, Durst, das ist mein Jammergeschrei, das ist mein Siechtum, mein Elend, das ist mein Gichtbruch, daran muß ich noch umkommen in meinen jungen Jahren. Wo ist der Stein?

MÖLLER. Jetzt kommt Ihr mit auf meine Stube und trinkt eine Tasse schwarzen Kaffee, damit Ihr vernünftig werdet. Ich muß dann nach dem Hochofen; da nehm ich Euch mit bis an die Mühle am Heimlichen Grund. Und Ihr geht vollends heim. Man muß Euch die Hände binden, wenn Ihr Euer Glück nicht wegjucken sollt.

BUCHJÄGER indem ihn Möller abführt. Wo ist er? Heda! Wo ist er? Der Stein?



Im Jägerhaus.


Quelle:
Otto Ludwig: Werke. Leipzig und Wien [1898], S. 40-42.
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