VI.

1ES ist ein vnglück das ich sahe vnter der Sonnen / vnd ist gemein bey den Menschen. 2Einer dem Gott reichthum / güter vnd ehre gegeben hat / vnd mangelt jm keins / das sein hertz begert / Vnd Gott doch jm nicht macht gibt desselben zu geniessen /Sondern ein ander verzehret es / Das ist eitel vnd eine böse Plage. 3Wenn er gleich hundert Kinder zeugete /vnd hette so langes Leben / das er viel jar vberlebete /vnd seine Seele settiget sich des guts nicht / vnd bliebe on Grab1 / Von dem spreche ich / Das ein vnzeitige Geburt besser sey denn er. 4Denn in eitelkeit kompt er / vnd im finsternis feret er da hin / vnd sein name bleibt im finsternis bedeckt / 5Wird der Sonnen nicht fro / vnd weis kein Ruge weder hie noch da. 6Ob er auch zwey tausent Jar lebete / so hat er nimer keinen guten mut / Kompts nicht alles an einen Ort? [345b]


7EJm jglichen Menschen ist Erbeit auffgelegt /nach seiner masse / Aber das Hertz kan nicht dran bleiben. 8Denn was richt ein Weiser mehr aus weder ein Narr2? Was vnterstehet sich der Arme / das er vnter den Lebendigen3 wil sein? 9Es ist besser das gegenwertig Gut gebrauchen / Denn nach anderm gedencken / Das ist auch eitelkeit vnd jamer.

10WAs ists / wenn einer gleich hoch berhümbt ist /So weis man doch das er ein Mensch ist / Vnd kan nicht haddern mit dem das jm zu mechtig ist. 11Denn es ist des eitel dings zu viel / Was hat ein Mensch mehr dauon?


1 Des man gern los ist / vnd sein Begrebnis nicht ehret.

2 Sie sind beide Narren / der weise vnd der arme / Der weise wils mit seiner sorge ausrichten. So meinet der arme / O were ich in dem oder dem Stande / wie fein solt es zu gehen / Ja hinder sich.

3 Die wolleben vnd zeren.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
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