Vorrede auff die Offenbarung S. Johannis.

MAncherley Weissagung findet man in der Christenheit. Etliche weissaget also / das sie der Propheten schrifft auslegt / Dauon Paulus j. Cor. xij. xiiij. vnd an mehr orten sagt. Diese ist die nötigste / vnd man mus sie teglich haben / als die das wort Gottes leret /den grund der Christenheit legt / vnd den glauben verteidingt / Vnd summa / die das Predigampt regieret /erhelt / bestelt vnd ausricht.

ETliche weissagt von künfftigen dingen / die nicht zuuor in der Schrifft stehen / vnd diese ist dreierley. Die erste thuts mit ausgedrückten worten / on Bilde vnd Figuren / wie Moses / Dauid / vnd der gleichen Propheten mehr / von Christo weissagen. Vnd wie Christus vnd die Apostel / von dem Endechrist vnd falschen Lerern / etc.

DJe andere thuts mit Bilden / Aber doch setzt da neben auch die auslegung mit ausgedrückten worten /Wie Joseph die trewme auslegt / Vnd Daniel beide Trewme vnd Bilder auslegt.

DJe dritte / die es on wort oder auslegung / mit blossen Bilden vnd Figuren thut / wie dis Buch der Offenbarung / vnd vieler heiligen Leute / Trewme /Gesichte vnd Bilder / welche sie vom heiligen Geist haben. Wie Act. ij. Petrus aus Joel predigt / Ewre Söne vnd Töchter sollen weissagen / vnd ewre Jüngling sollen Gesichte sehen / vnd ewre Eltesten sollen Trewme trewmen. Vnd so lange solche Weissagunge vngedeut bleibet / vnd kein gewisse auslegung kriegt /ists eine verborgene stumme Weissagung / vnd noch nicht zu jrem nutz vnd frucht komen / den sie der Christenheit geben sol.

WJe denn auch diesem Buch bisher gegangen. Es haben wol viel sich dran versucht / Aber bis auff den heutigen tag / nichts gewisses auffbracht / Etliche viel vngeschickts dinges / aus jrem Kopff hin ein gebrewet. Vmb solcher vngewissen auslegung vnd verborgen Verstands willen / haben wirs bisher auch lassen liegen / sonderlich weil es auch bey etlichen alten Vetern geachtet / das nicht S. Johannis des Apostels sey /Wie in libro iij. Histo. Ecclesi. Cap. xxv. stehet / Jn welchem zweiuel wirs fur vns auch noch lassen bleiben. Damit doch niemand gewehret sein sol / das ers halte fur S. Johannes des Apostels / oder wie er wil.

WEil wir aber dennoch gerne die deutung oder auslegung gewis hetten / wollen wir den andern vnd höhern Geistern vrsachen nach zudencken geben / vnd vnser gedancken auch an tag geben / nemlich also. Weil es sol eine Offenbarung sein künfftiger Geschicht / vnd sonderlich künfftiger trübsaln vnd vnfal der Christenheit / Achten wir / das solte der neheste vnd gewisseste griff sein / die Auslegung zu finden /So man die ergangen Geschicht vnd vnfelle in der Christenheit bisher ergangen / aus den Historien neme / vnd dieselbigen gegen diese Bilde hielte / vnd also auff die wort verglieche. Wo sichs als denn fein würde mit einander reimen vnd eintreffen / So kündte man drauff fussen / als auff eine gewisse / oder zum wenigsten als auff eine vnuerwerffliche Auslegung. [395b]

Demnach / halten wir / wie der text zwar selbs sagt / das die ersten drey Cap. so von den sieben Gemeinen / vnd jren Engeln in Asia reden / nichts anders wöllen / denn einfeltiglich anzeigen / Wie dieselbigen dazu mal gestanden sind / Vnd vermanet werden / das sie bleiben vnd zunemen / oder sich bessern sollen. Vber das lernen wir draus / durch das wort / Engel /hernach in andern Bilden oder Geschichten / verstehen / Bischoue vnd Lerer in der Christenheit / Etliche gut als die heiligen Veter vnd Bischoue / Etliche böse / als die Ketzer vnd falsche Bischoue / welcher doch mehr in diesem Buch stehen / denn jener.

Jm. iiij. vnd. v. cap. wird furgebildet die gantze Christenheit / die solch zukünfftig Trübsal vnd Plagen leiden sol. Da sind. xxiiij. Eltesten fur Gotte (Das sind alle Bischoue vnd Lerer eintrechtig) mit dem Glauben gekrönet / die Christum das lamb Gottes mit den Harffen loben (das ist) predigen / vnd mit Reuchfassen dienen / das ist / im beten sich vben. Das alles zu trost / der Christen / Das sie wissen sollen / die Christenheit / solle dennoch bleiben in künfftigen Plagen.

Jm. vj. gehen an die künfftigen trübsaln / vnd erstlich / die leiblichen trübsaln / Als da sind verfolgung von der weltlichen Oberkeit / welche ist der gekrönete Reuter mit dem Bogen auff dem weissen Ros. Jtem /Krieg vnd Blut / welche ist der Reuter mit dem schwert / auffm roten Ros. Jtem / Thewrezeit vnd hunger / welche ist der Reuter mit dem Bogen auff dem schwartzen Ros. Jtem / Pestilentz vnd Drüse /welche ist der Reuter im Todsbilde auff dem fahlen Ros. Denn diese vier plagen folgen gewis allezeit /vber die vndanckbarn vnd verechter des worts Gottes / neben andern mehr verstörung vnd enderung der Oberkeiten / bis an Jüngstentag. Wie am ende des vj. Cap. gezeiget wird / Vnd die Seelen der Marterer solchs auch treiben / mit jrem geschrey.

Jm. vij. vnd. viij. ca. gehet an die offenbarung von geistlichen Trübsaln / das sind mancherley Ketzerey. Vnd wird aber mal vorher ein trostbilde gestellet / da der Engel die Christen zeichnet vnd den vier bösen Engeln wehret. Auff das man aber mal gewis sey / Die Christenheit werde auch vnter den Ketzern frume Engel vnd das reine wort haben. Wie auch der Engel mit dem Reuchfas / das ist / mit dem Gebet zeiget. Solche gute Engel sind die heigen Veter / Als Spiridon / Athanasius / Hilarius / vnd das Concilium Nicenum / vnd der gleichen.

DEr erste böse Engel ist / Tatianus mit seinen Encratiten / welche die Ehe verboten. Jtem / aus wercken frum sein wolten / wie die Jüden / Denn die lere von Werckheiligkeit muste die erste sein wider das Euangelium / bleibt auch wol die letzte / On das sie jmer newe Lerer vnd andern namen kriegt / als Pelagianer etc.

DEr ander ist / Martion mit seinen Kataphrygen /Manicheis / Montanis etc. Die jre Geisterey rhümen /vber alle Schrifft / vnd faren wie dieser brennend Berg / zwischen Himel vnd Erden. Als bey vns der Müntzer vnd die Schwermer.

DEr dritte ist / Origenes / der durch die Philosophia vnd vernunfft die Schrifft verbittert vnd verderbet hat / Wie bey vns die Hohenschulen bis her gethan.

DEr vierde ist / Nouatus mit seinen Katharen / welche die Busse versagten / vnd fur andern die reinsten sein wolten. Der art waren die Donatisten hernach auch. Vnser Geistlichen aber / sind schier alle vierley. Die Gelerten / so die Historien wissen / werden dis wol aus zurechen wissen / Denn es were zu lang alles zu erzelen vnd beweisen.

Jm ix. x. hebt sich der rechte jamer / denn bisher / die leibliche vnd geistliche trübsaln / fast ein schertz gewesen sind / gegen diese künfftigen Plagen. Wie auch der Engel am ende des viij. Cap. selbs anzeiget / Es sollen drey Weh komen / welche Weh sollen die andern drey / das ist / der fünfft / sechst / siebend Engel ausrichten / vnd da mit der Welt ein ende. Hie komen beide geistliche vnd leibliche Verfolgung zusamen / Derselbigen sollen drey sein / Die erste gros / die ander noch grösser / die dritte am allergrössesten.

SO ist nu das erste weh / der fünffte Engel / Arius der grosse Ketzer / vnd seine Gesellen / der die Christenheit so grewlich geplagt hat in aller Welt / das wol der Text hie sagt / Die fromen Leute weren lieber gestorben / denn solchs gesehen / vnd haben doch solchs müssen sehen vnd nicht sterben. Ja er spricht /der Engel aus der Hellen / genant Verderber / sey jr König / Als wolten sie sagen / Der Teufel reite sie selbs. Denn sie nicht allein geistlich / sondern auch leiblich mit dem Schwert die rechten Christen verfolget haben. Liese die Geschicht von den Arianern / so wirstu diese Figur vnd wort wol verstehen. [396a]

DAs ander Weh / ist der sechste Engel / der schendliche Mahmeth mit seinen Gesellen den Saracenen / welche mit Leren vnd mit dem Schwert der Christenheit grosse Plage angelegt haben. Neben vnd mit demselbigen Engel / da mit solch Weh deste grösser sey / kompt dazu der starcke Engel mit dem Regenbogen vnd bittern Buche / das ist / Das heilige Bapstum mit seinem grossen geistlichen schein / Die messen vnd fassen den Tempel mit jren Gesetzen /stossen den Chor hinaus / vnd richten eine Laruenkirche oder eusserliche Heiligkeit an.

Jm xi. xij. werden zwischen solchen bösen wehen vnd Plagen / zwey Trostbilde gestellet / Eins von den zweien Predigern / Vnd eins von der schwangern Frawen / die ein Kneblin / on des Drachen danck gebirt. Da mit angezeiget wird / Das dennoch etliche frume Lerer vnd Christen bleiben sollen / beide vnter den zwey vorigen Wehen / vnd dem dritten künfftigen Wehe. Vnd lauffen nu die letzten zwey Wehe mit einander / vnd greiffen zu gleich die Christenheit zur Letze an / vnd der Teufel da mit endlich dem Fass den boden ausstösset.

SO kompt nu im xiij. Cap. (auff die Posaunen des letzten vnter den sieben Engel / der im anfang des xij. Cap. bleset) desselbigen siebenden Engels geschefft /das dritte Wehe / nemlich / Das bepstliche Keiserthum vnd keiserliche Bapstum. Hie krieget das Bapstumb auch das weltlich Schwert in seine gewalt / vnd regiert nu nicht allein mit dem Buch im andern Wehe / sondern auch mit dem Schwert im dritten Wehe / wie sie denn rhümen / Das der Bapst beide geistliche vnd weltliche Schwert in seiner macht habe.

HJe sind nu die zwey Thier / Eins / ist das Keiserthum / Das ander mit den zweien Hörnern / das Bapstum / welchs nu auch ein weltlich Reich worden ist /Doch mit dem schein des namens Christi. Denn der Bapst hat das gefallen Römisch reich / wider auffgerichtet / vnd von den Griechen zu den Deudschen bracht / Vnd ist doch mehr ein Bilde vom Römischen reich / denn des Reichs cörper selbs / wie es gewesen ist. Dennoch gibt er solchem bilde Geist vnd Leben /das es dennoch seine Stende / Rechte / Glieder vnd Empter hat / vnd gehet etlicher masse im schwang. Das ist das Bilde / das wund gewesen / vnd wider heil worden ist.

WAs aber fur grewel / wehe vnd schaden solch keiserlich Bapstum gethan hab / ist jtzt nicht zu erzelen. Denn erstlich ist die Welt durch sein Buch vol worden aller Abgötterey / mit Klöstern / Stifften / Heiligen /Walfarten / Fegfewr / Ablas / Vnehe / vnd vnzeliche mehr stücke der Menschenlere vnd werck etc. Zum andern / wer kan erzelen / wie viel blut / mord / krieg vnd jamer / die Bepste haben angericht / beide mit selbs kriegen vnd mit reitzen die Keiser / Könige /Fürsten vnternander.

HJe gehet nu vnd leufft des Teuffels letzter zorn mit einander im schwang / Dort gegen morgen / das ander Wehe / Mahmeth vnd die Saracener / Hie gen abend Bapstum vnd Keiserthum mit dem dritten Wehe. Zu welchen als zur zugabe der Türcke / Gog vnd Magog auch kompt / wie im xx. Cap. folgen wird. Vnd also die Christenheit in aller Welt vnd zu allen seiten mit falschen Leren vnd Kriegen / mit Buch vnd Schwert / auffs allergrewlichst vnd jemerlichst geplagt wird / Das ist die Grundsuppe vnd die endliche Plage. Darauff folgen nu fast eitel Trostbilde / vom ende solcher aller weh vnd grewel.

Jm xiiij. cap. fehet an christus zu erst mit dem geist seines Mundes zu tödten (wie S. Paulus sagt) seinen Endechrist / Vnd kompt der Engel mit dem Euangelio wider das bitter Buch des starcken Engels. Vnd stehen nu widerumb Heiligen / auch Jungfrawen vmb das Lamb her / vnd predigen recht. Auff welch Euangelium folget des andern Engels stimme / Das die stad Babylon fallen sol / vnd das geistlich Bapstum vntergehen.

WEiter folget / Das die Erndte gehalten wird / Vnd die / so am Bapstum wider das Euangelium beharren /ausser der stad Christi / in die Kelter göttlichs zorns geworffen werden. Das ist / durchs Euangelium werden sie / als von der Christenheit abgesondert / verurteilt zum zorn Gottes. Welcher ist viel / vnd die Kelter gibt viel Bluts. Oder vieleicht mag noch wol etwa eine redliche straffe vnd vrteil furhanden sein / vber vnser Sünde / die ans der massen vnd vber reiff sind.

Darnach im xv. vnd xvj. ca. komen die sieben Engel mit den sieben Schalen / Da nimpt das Euangelium zu / vnd stürmet das Bapstum an allen enden /durch viel gelerte frume Prediger / vnd wird des Thieres stuel / des Bapsts gewalt [396b] finster vnselig vnd veracht. Aber sie werden alle zornig vnd weren sich getrost / Denn es gehen drey Frösche / drey vnsauber Geister aus des Thieres maul / reitzen da mit die Könige vnd Fürsten wider das Euangelium. Aber es hilfft nicht / jr streit geschicht doch zu Harmageddon. Die Frösche sind die Sophisten / als Faber /Eck / Emser etc. die viel gecken wider das Euangelium / vnd schaffen doch nichts / vnd bleiben Frösche.

Jm xxij. wird das keiserliche bapstum / vnd das bepstliche Keiserthum / gantz on anfang bis ans ende in ein Bilde gefasset / vnd gleich in eine Summa furgestellet / wie es nichts sey (Denn das alt Römisch reich ist lengest da hin) vnd sey doch (Denn es sind ja etliche Lender / vnd da zu die Stad Rom auch noch da) Solch Bilde wird hie furgestellet / Gleich wie man einen Vbeltheter öffentlich fur Gericht stellet / das er verurteilet werden sol. Auff das man wisse / wie dis Thier sol nu bald auch verdampt / vnd wie S. Paulus saget / durch die erscheinung der zukunfft vnsers HErrn zerstöret werden. Welchs fahen an / wie er im Text sagt / auch des Bapstums Schutzherrn / Die es also jtzt schützen / das die Geistlichen gar schier nacket sitzen werden.

Jm xviij. gehet nu an solche verstörung / vnd gehet die herrliche grosse pracht zu boden / vnd hören auff die Stifftreuber / vnd Pfründendiebe / die Cortisanen. Denn auch Rom darumb hat müssen geplündert /vnd durch jren eigen Schutzherrn gestürmet werden /zum anfang der endlichen verstörung.

Noch lassen sie nicht ab / süchen / trösten / rüsten / vnd wehren sich / Vnd wie er hie sagt im xix. Cap. Nu sie mit der Schrifft vnd Büchern nicht mehr können / vnd die Frösche ausgegeckt haben / Greiffen sie mit ernst dazu / vnd wollens mit gewalt ausfüren /Samlen Könige vnd Fürsten zum streit. Aber sie lauffen an / Denn der auff dem weissen Rosse / der Gottes wort heisset / der gewinnet / Bis das beide Thier vnd Prophet / ergriffen / in die Helle geworffen werden.

Jn des nu solchs alles gehet / kompt im xx. cap. auch her zu der Letzetranck / Gog vnd Magog / der Türcke / die roten Jüden / welche der Satan / so vor tausent jaren gefangen gewest ist / vnd nach tausent jaren wider los worden / bringet. Aber sie sollen mit jm auch bald in den fewrigen Pful. Denn wir achten /das dis Bilde / als ein sonderlichs von den vorigen /vmb der Türcken willen gestellet sey. Vnd die tausent jar anzufahen sind / vmb die zeit / da dis Buch geschrieben ist / vnd zur selbigen zeit auch der Teufel gebunden sey. Doch mus die Rechnung nicht so gnaw / alle minuten treffen. Auff die Türcken folget nu flugs das Jüngste gericht am ende dis Cap. wie Dan. vij. auch zeiget.

Zv letzt / am xxi. wird der endlilche trost gebildet /Das die heilige Stad sol vollend bereit / vnd als eine Braut zur ewigen Hochzeit gefüret werden. Das Christus alleine HErr sey / Vnd alle Gottlosen verdampt /sampt dem Teufel in die Helle faren.

Nach dieser auslegung / können wir dis Buch vns nütz machen / vnd wol brauchen. Erstlich zur tröstung / Das wir wissen / wie das kein Gewalt noch Lügen / keine Weisheit noch Heiligkeit / kein Trübsal noch Leid / werden die Christenheit vnterdrücken /Sondern sie sol endlich den Sieg behalten vnd obliegen.

ZVm andern / Zur warnung / wider das grosse fehrliche manchfeltige Ergernis / so sich begibt an der Christenheit. Denn dieweil so mechtig gewalt vnd schein / solte wider die Christenheit fechten / vnd sie so gar on alle gestalt vnter so viel trübsaln / Ketzereien / vnd andern gebrechen verborgen sein / Jst der vernunfft vnd natur vnmüglich die Christenheit zu erkennen / Sondern fellt da hin / vnd ergert sich an jr /Heisst das Christliche Kirche / welchs doch der Christlichen Kirchen ergeste Feinde sind. Vnd widerumb heisst das verdampte Ketzer / die doch die rechte Christliche Kirche sind. Wie bis her / vnter dem Bapstum / Mahmet / ja bey allen Ketzern geschehen ist. Vnd verlieren also diesen Artickel / Jch gleube eine heilige Christliche Kirche.

GLeich wie auch jtzt etliche Klüglinge thun / weil sie Ketzerey / zwitracht / vnd mancherley mangel sehen / das viel falscher / viel loser Christen sind /vrteilen sie flugs vnd frey / Es seien keine Christen da. Denn sie haben gehöret / das Christen sollen ein heilig / friedsam / eintrechtig / freundlich / tugentreich Volck sein / [397a] Dem nach meinen sie / es solle kein ergernis / keine Ketzerey / kein mangel / sondern eitel friede vnd tugent da sein.

DJese solten dis Buch lesen / vnd lernen die Christenheit mit andern augen / denn mit der Vernunfft ansehen. Denn dis Buch (meine ich) zeige ja gnug grewlicher vngehewre Thiere / schewsliche / feindselige Engel / wüste vnd schreckliche Plagen. Jch wil der andern grossen gebrechen vnd mangel schweigen /welche doch allzumal sind in der Christenheit vnd vnter den Christen gewest / Das freilich alle Vernunfft vnter solchem wesen / die Christenheit hat müssen verlieren. Wir sehen ja hie klerlich / was grausamer ergernis vnd mangel / vor vnsern zeiten gewest sind /Da man doch meinet / die Christenheit hab am besten gestanden / Das vnser zeit ein gülden jar gegen jene wol zu rechnen were. Meinstu nicht / die Heiden haben sich auch daran geergert / vnd die Christen fur mutwillige / lose / zenckische Leute gehalten?

ES ist dis stücke (Jch gleube eine heilige Christliche Kirche) eben so wol ein Artickel des glaubens /als die andern. Darumb kan sie keine Vernunfft /wenn sie gleich alle Brillen auff setzt / erkennen / der Teuffel kan sie wol zudecken / mit ergernissen vnd Rotten / das du dich müssest dran ergern. So kan sie Gott auch mit gebrechen vnd allerley mangel verbergen / das du must darüber zum Narren werden / vnd ein falsch vrteil vber sie fassen. Sie wil nicht ersehen /sondern ergleubt sein / Glaube aber ist von dem / das man nicht sihet / Ebre. xj. Vnd sie singet mit jrem HErrn auch das Lied / Selig ist / der sich nicht ergert an mir. Es ist ein Christ auch wol jm selbs verborgen / das er seine Heiligkeit vnd Tugent nicht sihet /sondern eitel vntugent vnd vnheiligkeit sihet er an sich. Vnd du grober Klügling / woltest die Christenheit mit deiner blinden vernunfft vnd vnsaubern Augen sehen.

SVmma / vnser Heiligkeit ist im Himel / da Christus ist / vnd nicht in der welt fur den augen / wie ein Kram auff dem marckt. Darumb las Ergernis / Rotten / Ketzerey / vnd gebrechen sein vnd schaffen / was sie mögen. So allein das wort des Euangelij bey vns rein bleibt / vnd wirs lieb vnd werd haben / So sollen wir nicht zweiueln / Christus sey bey vnd mit vns /wens gleich auffs ergeste gehet / Wie wir hie sehen in diesem Buch / das Christus durch vnd vber alle Plagen / Thiere / böse Engel / dennoch bey vnd mit seinen Heiligen ist / vnd endlich obligt. [397b]


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Das Leiden eines Knaben

Das Leiden eines Knaben

Julian, ein schöner Knabe ohne Geist, wird nach dem Tod seiner Mutter von seinem Vater in eine Jesuitenschule geschickt, wo er den Demütigungen des Pater Le Tellier hilflos ausgeliefert ist und schließlich an den Folgen unmäßiger Körperstrafen zugrunde geht.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon