204. Die verwünschten Burgen.

[135] Nordöstlich von Seligenthal, im Kreise Schmalkalden, zieht sich der romantische Grund der Selige hinauf und führt zu dem kolossalen Felsen des Haderholzsteines und dem, diesem gegenüber liegenden, Falkemersteine. Auf beiden sollen Burgen gestanden haben, deren Besitzer im tödlichsten Hasse mit einander lebten. Aber der Väter Gesinnungen theilten nicht die Kinder und der Junker vom Haderholzsteine liebte die Tochter des Herrn von der Falkenburg. Doch nur heimlich durften sie sich sehen und hatten unten im Thale eine verborgene Hütte, wo sie sich fanden. Leider blieb ihr Umgang nicht ohne Folgen, und in hohem Zorne stieß der Vater in dunkler Nacht die Tochter aus der Burg. Mühsam schleppte sie sich bis zur trauten Hütte, wo sie sterbend ein Knäblein gebar. So fand der Geliebte zwei Leichen, legte Hand an sich selbst und verblutete an der Seite seiner Lieben. Doch der Haß der Väter wurde darum nicht milder; bald kamen sie zum Streite und der Falkenberger wurde erschlagen. Auch der Alte vom Haderholzsteine lebte nicht mehr lange und starb aus[135] Gram über den Tod seines Sohnes. Die Geister der Geliebten aber verfluchten die Burgen ihrer Väter und diese wurden dadurch in Felsen verwandelt. Noch jetzt sieht der Volksglaube dort allnächtlich Lichter und weiße Gestalten. Sie suchen sich tanzend zu umringen, aber erreichen sich nimmer. Wenn aber die Mitternachtstunde schlägt, dann erlöschen die Lichter, die Gestalten eilen hinab und verschwinden unter dem Felsen, wo die Hütte gestanden hat.

Landau, Kurhessen 550. – Häfner u. Zilcher, Herrsch. Schmalkalden V, 57.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CXXXV135-CXXXVI136.
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