28. Der Teufel als Baumeister.

[23] Ein Bauer auf der Ellenbach, am Sandershäuser Berge bei Cassel, hatte so viel Getreide einzuernten, daß ers nicht wußte unterzubringen: seine Scheune war zu klein, eine größere zu erbauen, fehlte es ihm an Geld. Nachdenklich und sorgsam schritt er durch seine Felder; da trat ein altes graues Männchen auf ihn zu und fragte ihn nach der Ursache seiner Traurigkeit. Der Bauer gestand ihm seine Bekümmerniß. Das graue Männchen lächelte und sprach: »Eine Scheune wollte ich dir wohl schaffen, so geräumig, daß du alle deine Frucht in sie ernten kannst, und ehe morgen der Tag graut, soll sie fertig auf deinem Hofe stehen, wenn du mir verschreiben willst, was du noch an verborgenem Gut besitzest.« Der Bauer dachte an Schätze unter der Erde, die ihm nichts helfen konnten, so lange sie nicht gehoben waren, und ging den angebotenen Vertrag ein. Erst beim Abschiednehmen sah er einen Kuhfuß und einen Pferdefuß unter dem grauen Rocke vorragen. Nun kam der Bauer heim und erzählte seiner Frau, was ihm auf dem Felde begegnet war. »Ach Gott! was hast du gethan?« sagte die Frau, »ich trage ein Kind unter meinem Herzen, das hast du dem Bösen verschrieben!« Doch ließ sich die Sache nun nicht mehr ändern.

Als es Nacht zu werden begann, erhob sich auf dem Bauernhofe ein ungeheurer Lärm. Fuhrleute, Zimmerleute, Maurer arbeiteten unter einander; der Teufel, als Baumeister, leitete das ganze Werk, das sich mit unerhörter Schnelligkeit förderte; wenige Stunden, und die Scheune stand schon aufgezimmert, das Dach wurde gedeckt, die Wände ausgefüllt, nur einige Gefache lagen noch offen. Da schlich die listige Frau in ihres Mannes Kleidern über den Hof ins Hühnerhaus, schlug in die Hände und ahmte den Hahnkraht nach; alsbald erkrähten alle Hähne in der Runde.[24] Alle bösen Geister eilten brausend davon; nur ein Giebelfach der neuen Scheune stand leer. Einen Fuhrmann, der eben noch mit vier Füchsen einen großen Stein herangefahren hatte, ergriff der Teufel, dem er zu lange geblieben war, und zerschmetterte ihn mit Rossen und Wagen an der Scheune; seine Gestalt wurde zum Andenken auf derselben abgebildet und ist noch heute da zu sehen. Den Scheunengiebel hat keine Menschenhand schließen können, was man bei Tage zubaute, fiel über Nacht wieder ein. Der Teufel sieht auch die Scheune als sein Eigenthum an, weil er um den Preis betrogen worden; oft hörten die Leute in dunkler Nacht darin dreschen und haben doch nimmer die Drescher gesehen. – Der Berg, auf welchem der Graumann dem Teufel zuerst erschien, heißt Teufelsberg.

Grimm d. Myth. 977. – Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. XXIII23-XXV25.
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