314. Die Schenke zu Sannerz.

[233] In Sannerz bei Schlüchtern besteht eine Schenke, welche vormals die Fürstäbte von Fulda in Erbleihe gaben und die eine Art von Bannrecht hatte, indem alle Einwohner des Dorfes gezwungen waren, ihre Ehren- und andere Zechen, Hochzeiten, Kindtaufen etc. darin zu halten. Bei der Kirchweihe waren alle Bauernsöhne und Knechte verpflichtet, dem öffentlichen Tanze vor dem Wirthshause beizuwohnen. Jeder Nachbar, die Wittwen und zur Miethe wohnenden Personen nicht ausgenommen, mußte am Kirmesmontage mit seiner Familie und seinen Gästen sich in der Schenke einfinden,[233] bei günstiger Witterung einen Tisch mitbringen, vor der Schenke im Freien aufstellen, daran essen und unfehlbar zwei Maß Wein trinken.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCXXXIII233-CCXXXIV234.
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