Auf ein Ei geschrieben

[862] Ostern ist zwar schon vorbei,

Also dies kein Osterei;

Doch wer sagt, es sei kein Segen,

Wenn im Mai die Hasen legen?

Aus der Pfanne, aus dem Schmalz

Schmeckt ein Eilein jedenfalls,

Und kurzum, mich tät's gaudieren,

Dir dies Ei zu präsentieren,

Und zugleich tät es mich kitzeln,

Dir ein Rätsel drauf zu kritzeln.


Die Sophisten und die Pfaffen

Stritten sich mit viel Geschrei:

Was hat Gott zuerst erschaffen,

Wohl die Henne? wohl das Ei?


Wäre das so schwer zu lösen?

Erstlich ward ein Ei erdacht:

Doch weil noch kein Huhn gewesen,

Schatz, so hat's der Has gebracht.
[862]

Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 862-863.
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