Der Jäger

[673] Drei Tage Regen fort und fort,

Kein Sonnenschein zur Stunde;

Drei Tage lang kein gutes Wort

Aus meiner Liebsten Munde!


Sie trutzt mit mir und ich mit ihr,

So hat sie's haben wollen;

Mir aber nagt's am Herzen hier,

Das Schmollen und das Grollen.
[673]

Willkommen denn, des Jägers Lust,

Gewittersturm und Regen!

Fest zugeknöpft die heiße Brust,

Und jauchzend euch entgegen!


Nun sitzt sie wohl daheim und lacht

Und scherzt mit den Geschwistern;

Ich höre in des Waldes Nacht

Die alten Blätter flüstern.


Nun sitzt sie wohl und weinet laut

Im Kämmerlein, in Sorgen;

Mir ist es wie dem Wilde traut,

In Finsternis geborgen.


Kein Hirsch und Rehlein überall!

Ein Schuß zum Zeitvertreibe!

Gesunder Knall und Widerhall

Erfrischt das Mark im Leibe. –


Doch wie der Donner nun verhallt

In Tälern, durch die Runde,

Ein plötzlich Weh mich überwallt,

Mir sinkt das Herz zu Grunde.


Sie trutzt mit mir und ich mit ihr,

So hat sie's haben wollen,

Mir aber frißt's am Herzen hier,

Das Schmollen und das Grollen.


Und auf! und nach der Liebsten Haus!

Und sie gefaßt ums Mieder!

»Drück mir die nassen Locken aus,

Und küß und hab mich wieder!«


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 673-674.
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