576. Der Wohljäger.

[389] In frühern Zeiten lebte in Eutin ein bischöflicher Jäger, Namens Diederich Blohm. Der hatte nichts Lieberes im Himmel und auf Erden, als die Jagd. Tag und Nacht blieb er außer dem Hause und jagte. Endlich ward er krank und ward immer elender und elender, bis der gewisse Tod vor Augen war. Da ließ seine Mutter den Prediger an sein Bett kommen, um ihn zum Tode zu bereiten; aber der Kranke hieß ihn weggehen, und als der Prediger ihm Himmel und Hölle vorhielt, rief er spottend aus: »Ich will Gott gerne seinen Himmel lassen, wenn er mich dafür nur ewig jagen lassen wollte.« Nach diesen Worten starb Diederich Blohm. Als nun die Leiche zu Grabe gebracht und der Sarg eingesenkt ward, hörte man alsobald ein wildes Jagdgeschrei, Peitschengeknall, Pferdegewieher und Hundegebell mit lautem Getöse durch die Luft ziehen. Das kann man seit der Zeit bis auf diesen Tag noch oft an Abenden in der Gegend hören. Wenn man es daherbrausen hört, so sagen die Leute: »Dat is de Wohljäger.«[389]

Einst jagte er des Abends über das Dorf Meinsdorf hin. Da hörte ihn ein Mann und stimmte mit in das Jagdgeschrei ein. Sogleich kehrte der Wohljäger um und warf seinem Jagdgenossen einen Pferdeschinken in die Haustüre mit den Worten: »Hest du mit jaagt, schast du ok mit fręten.«

Im Jahre 1740 hing an einem Pfeiler der Stadtkirche zu Eutin noch eine Tafel; darauf war die Inschrift zu lesen: »Bittet Gott vor Diederich Blohm.«


Durch Herrn Schullehrer Kirchmann in Eutin.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 389-390.
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