3.

[62] De König wol to dem Hertogen sprak:

»Ach Broder, harteleve Broder,

Ach Broder, hartleveste Broder min,

Wo wille wi dat nu beginnen,

Dat wi dat frie, rike Ditmarschen Lant

Ane unsen Schaden mögen gwinnen?«


Sobalt dat Reinholt van Meilant vornam

Mit sinem langen gelen Barde,

De sprak: »Willn maken einen Baden bereit

Und schicken na der groten Garde.

Will uns de grote Garde Bistant doen,

Ditmarschen schal unse wol werden.«


Sobalt de Garde dise Märe vornam,

Se rüstede sik so mechtig sere;

Se rüste sik wol vöftein dusent Mann

Aver de grone Heide to trecken:

»Köne wi men des Königs Besoldung erwarven,

Unse Fröukens de schölen wol mede.«


De Trummenschleger de schlog wol an,

Se togen aver de grone Heide.

Und do de Garde tom Könige wol quam;

»Ach König, min lever Here,

Wor ligt doch nu dat Ditmarschen Lant,

Im Heven odr up schlichter Erden?«
[62]

Dem Könige befil de Rede nicht wol,

He dede balt wedderspreken:

»It is nicht mit Keden an den Heven gebunden,

It ligt wol an der siden Erden.«


Der Garde Herr sprak do mit Mot:

»Ach König, min lever Here,

Is it nicht gebunden an den Heven hoch,

Ditmarschen schal unse balt werden.«


He leet de Trummelen umme schlaen,

De Fenlin de leet he flegen.

Darmit togen se einen langen breden Weg

Bet se't Lant int Gesichte kregen:

»Ach Lendeken deep, nu bin ick di nicht wyt,

Du schalt min nu balde werden.«


Darmit togen se to hoger Wintbergen in,

Se legen dar men ene kleine Wile;

Se togen do vordan na Meldorp to,

Eren Avermot deden se driven.


Se steken des Königs Banner tom hogen Torne ut,

Den Ditmarschen dar to gramme.

Se hengeden er Schilt wol aver de Mur:

Daraver ist en nicht wol ergangen.


Se togen noch ein weinich wieder vort

Wol na der Hemmingsteder Velde:

Dar bleef ok de grote Garde geschlagen

Mit eren dapperen Helden.


Dat Wedder was nicht klar, de Weg was ok schmal

De Graven weren vull Water:

Nochten tog de Garde wieder fort

Mit einem trotzigem Mode.


He hadde einen Harnisch aver sinen Lief getagen,

De schinede van Golde so rode;

Daraver was ein Panzer geschlagen,

Darup dede he sik vorlaten.


Mit dem do sprank dar ein Landsmann herto

Mit einem langen Spere:

He stak so stark, dat drut ein Krumhake wart

Und hangede in dem Panzer so schwere.


Dem Landesmann ein ander to Hülpe quam.

Dat Sper wolden se wedder halen.

De Garde was stark, dre hadden vull Wark,

Eer se en konden aver:

Se togen en mit Sadel und Roß herdal

Wol in den depen Graven.


Dar wart ok der Holsten König geschlagen

Mit alle sinem groten Here:[63]

Dar lag do sin Perd, dar lag sin Schwert,

Darto de königlike Krone.

De Krone de schal uns Maria dragen

To Aken wol in dem Dome.


Hans Detleff, Mskr. Fol. 143 a. Uhland I, 444. Dahlmann Neocorus II, 565 teilt aus Peter Saxe noch ein Tanzlied mit, das vom vorhergehenden nicht verschieden ist. Es ist ganz dieses, nur zersungen und verstümmelt; statt Achen steht Schleswig und ein Schluß ist hinzugekommen mit einer gewiß unwahren Behauptung:


De uns de grote Guardie dot schlog,

Dat wil ik ju wol sagen:

Dat heft de grote Reimer van Wimerstede gedaen,

De heft de grote Guardie geschlagen.

De uns dat nie Liedlein sung,

Van nie heft he it gesungen,

Dat heft de grote Reimer van Wimerstede gedaen

Mit sinen langen gelen krusen Haaren.


Der im Liede kurz erwähnte Aufenthalt in Windbergen wird in einem Bruchstück Neocorus I, 522 ausführlicher beschrieben:


Dre Dage vor Sünte Valentin (14. Februar)

Tog Konink Hans to Wintbergen in

Mit dortich dusent Mannen.

He schlog de kleinen Kinder dot:

De Schilt vlot in dem Blode rot:

Dat mochte wol Gott erbarmen.


He tog to Meldorp in dat Blick,

He vörede dar vele Gudes mit sik,

Bi einem Aventsterne.


Die Handschrift läßt Raum für 5 oder 6 Strophen. – In Wintbergen soll am Tage vorher noch eine große Hochzeit gefeiert sein, nach der spätern Überlieferung Neocorus I, 460.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 62-64.
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