403. Die weise Frau Hertje.

[266] Anno 1400 is een Frauwensperson in Wiedingharde gewesen, mit Namen Hertje, ut Moder Liefe gesneden. Etlike willen seggen, se sy in Großharde gebaren, da se den ock entlich hen gerücket to Bredsted und allda gestorven, welke nachfolgende Dinge gewiessaget hef.

It wart een gülden Rink umme Wiedingharde kamen, de wart nene Bestant hebben.

Darna werden twe Dämme geschlagen, de enne van Tundern, de ander van Rüttebüll na Brunsot. Dar wert man söven Jaer an macken und wert vel kosten, aber nicht lange bestaen. Na de Tyt wert vel Schande und Laster int Lant kamen und neen Ere meer geachtet werden.

Darna wert een Diek ut Goßharde int Moer geschlagen, und na etliken Jaren en andern Diek ut dem Moer in Wiedingharde. De warden beide bestaen!

Wehe den Minschen, de den leven, wen de Lüde veer Arme kriegen und twe Paar Schö över de Vote dragen, und twe Höde up den Kop hebben, und wenn de Wörme ut de Kleder krupen!

Wehe den Minschen, de dar leven, wenn de grote Penninge kamen; wente wenn de grote Penninge gekamen, so wart dat grote Arge ock kamen.

Wehe den, de da leven, wen Geld von Geld geschlagen wert. De Tyt wart kamen, dat wenn einer Geld des Avents upnimt, so schal he it des Morgens nicht wedder ut geven konnen.

De Tyt nahet, dat Blomen vor allemans Düer kamen werden.

De Tyt wart kamen, dat de Prester wert sine Platte bedecken und seggen, he sy neen Prester.

[266] Und de Ridder wart syn Schwert vornemen und syn Finger up holden, he sy neen Edelman.

Und de Herren wert syn egen Mente versacken. De Tyt wart kamen, dat man de Minschen nich wart by eren Namen nömen, sondern beestwys nömen wart.

It wart de Koe den Buren afgeschattet warden, und wenn de Koe hinweg ist, wart he dat Kalf sülvest verbidden und wart neen Herde syn, de em verdädiget.

It wart enn Boem ut Niekarken ut den harden Steen wassen, darup wart een schwart Vagel witte Jungen toen (teen?).

Na de Tyt wart een grote Schlachtung gescheen by Flensburg in Harsledael, dat man bet över de Enkel im Blode wart gaen.

(Item Nynkarken wart een Vöerhues warden.

Item Nynkarken wart midden int Lant kamen.) It werden Frembde int Lant kamen in Wiedingharde und de Man dar int Haff jagen; so warden se na dem Huse lopen, de to plündern. So wart en olt Man mit en Bleß op den Kop seggen: »It is beter eerlich to fechten, als so schändlich to verdränken«, und wart ropen: »Holdet an, wi willen eerlich winnen.« So warden de Wiedingharder wedder um keren und verschlaen, alle de verstreuet sint.

De Tyt wart kamen, wenn de Buer syn Quick schall börnen, und wart sehen enen Man in bunten Kledern, so wart he von sinen Quick lopen to syn Naber un ropen »Kom und help my den Haveman to Dode schlaen.« Ach, Wiedingharde wart noch vergaen vor Verschwar. Wehe den jenen, de da leven, wenn Winter und Sommer sich vermengen.

De Tyt wart kamen, dat en wohl gekledeter Edelman wart lopende kamen to enen Buren by de Plog, mit enen grauen Rock, und bidden, dat he wolde mit ehm syn Rock verbüten. Wenn de Bargen daelgaen und Missteden upgaen, so wart et övel in de Welt staen.

It wart ock Detzbüll und Risum von den solten Water vergaen, und een Prester dat ganze Moer regeren. Als Lindholm de erste Karke is gewesen, also wart se ok de leste bliven.

It werden tom lesten alle disse Länder dorch Water vergaen und de Schipper wart to syn Stüermann seggen: »Höde di vor Holmer Sant!«


Hertje heft eenmael een holten Beker voll duppelt Schillings gehat. Densülven heft se Agatha, Godber Nissens Grotmoder, to verwaren gedaen. Als se densülven weddergekregen, heft se gesegt: »O Trön, und abermael gesegt, ik weet, dat du von dissen Gelde nicht meer geröret als dissen enen Penning, welken du heft umgekeret!«

Hertje is eenmael up Gottorp gefordert, damit man ehre Wahrseggungen ens möchte versöken. Als man se hät neddersitten heten, – und waren heemliken Eier under den Küssen – heft se geantwortet, se möchte nicht Eier utsitten.

Hertje is eenmael von enen Dotschläger gefraget worden, eft he synes Fiendes Toern und List entgaen möchte. »Ga he«, segt se, »unverzagt, recht entjegen und see he nicht torügge.« Und ist geschehen, dat he also unverletzt ist davon gekamen.


Heimreich ed. Falck II, 341. Vgl. I, 271. 180, II, 55. Es scheinen im 16. Jahrhundert ähnliche Prophezeiungen namentlich an den Nordseeküsten verbreitet gewesen zu sein. Neocorus kennt einige davon und die ostfriesischen Prophezeiungen in Haupts Zeitschrift für deutsches Altert. III, 457 haben viel verwandtes. In der Elbmarsch[267] soll man heute noch ganz ähnliches, z.B. das Eiersitzen, von einer weisen Frau erzählen. – Eine Sylter Prophezeiung lautet: Wan fif Fögeds (Landvögte) ön grä Rokker kum, da skell Söld fuargung fuar Fuarspreek (aus Mangel an Vertretung dem Untergang nahe kommen). Man da kumt en Föged ön en blö Rok, di skell dit Länd reddi me Help fan en Man üp Keidem Kleff. Durch Herrn Hansen. Über Stapelholm s. Bolten, Beschreibung S. 266 etc. – Vgl. Nr. 587.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 266-268.
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Plattdeutsche Legenden und Märchen: aus: Karl Müllenhoffs Sammlung (1845): Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
Legenden und Märchen von Ostsee und Schlei: aus: Karl Müllenhoffs Sammlung (1845): Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
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