Gesang auf die Geburt des Bacchus

[1405] Mich senget dürrer Durst! – füll Knabe,

Den goldnen Becher hier.

He! lieblich teilst du Evan deine Gabe;

Wie bist du Freudenvater mir![1405]

Füll wieder! – Wonnequell – Geschenke

Der Götter! süßer Wein!

Ein jeder Tropfen, seliges Getränke,

Von dir, schließt einen Himmel ein.

Wo irr ich – Evan – in Corycens Grotte

Umtanzen die Bacchiden mich –

Begeistert, heilig, tauml ich voll vom Gotte;

Die schöne Sonne hüpft um mich!

Hüpft fröhlich auf. – Es fliehen meine Sinnen,

Und meine Seele schwimmt in Glanz:

Mein sträubend Haar durchbebt die Glut der Bacchantinnen;

Ich seh, ich seh dich Vater ganz!

Wie kindisch du im lichten Maientraume,

Einst unter goldnem Nymphenchor,

Gebunden lagst von Reben, an den Baume,

Und schnell die Traube wuchs hervor:

Und Nissa ließ in goldne Schalen träuflen,

Der freudenschwangern Beere Saft;

Voll Lust auf dich nun staunt, und länger nicht will zweifeln,

Du seist ein Gott an Kraft.

Geheiligt durch den Wein, der Aug und Lippen

Bald angeflammt, sieht sie nun den Silen,

Zehntausend Thyrsusträger – hoch auf Wolkenklippen

Die Götter um dich stehn.

Prophetisch dann, mit hingestorbnen Blicken,

Und seelenvollem Haar,

Herunter heult voll dithyrambischen Entzücken.

Heilig! heilig! heilig! – O Bromius gebar

O Evan! stolzer Evan – Jacche!

Aus Zeus' Umarmung – eingehüllt

Vom roten Blitz an Dyrcens Quell dich Bacche,

Des mächt'gen Vaters Ebenbild

Der goldnen Schlangen Tochter Semele – die Götter

Stolzierten vom Olymp den Tag –

Neunmal umleuchtet Zeus in einem Donnerwetter

Den Erdball der im trunknen Schlummer lag.[1406]

Dem Jubel neigt die Erde ihre Ohren,

Das Sonne, Mond und Himmel singt,

Vom stolzen Knaben, der kaum neugeboren,

Schon unter Rebenlauben springt.

Froh hören's die Gestirne, die da glänzen

Im Himmelmeer; da dreht

In mystisch heilig labyrinth'schen Tänzen,

Sich jeder taumelnde Planet.

Da taumeln Wälder, finstre Grotten hüpfen;

Heil dir! heut küsset dich die Lust,

O Welt! das erstemal; verjünget mußt du hüpfen,

Der Freudenschöpfer ruht an deine Brust.

Und heilige Gebürge, jauchzen, springen

Vom Hymnus, Heil dir Tag

Des Taumels! – und hundertzüngig singen

Heil dir! die Täler nach.
[1407]

Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1405-1408.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Haffner, Carl

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus ist eine berühmtesten Operetten von Johann Strauß, sie wird regelmäßig an großen internationalen Opernhäusern inszeniert. Der eingängig ironische Ton des Librettos von Carl Haffner hat großen Anteil an dem bis heute währenden Erfolg.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon