Vier und zwanzigstes Kapitel.
In welchem der Leser nach Belieben Abschied von Seiner Gnaden nehmen kann.

[169] »Hör er mal, Manister Fix Aviseninspekter, druck er mir mal 'n Dingschen, wo in steht, daß ich alle Tage um 4 Uhr Nachmittags an jedermann öffentlich Audienz geben will. Kann sichs von dem Manister Lektoris man aufschreiben lassen.«

Zu dienen Ihr Hochadlichen Gnaden.

»Hör er mal, und laß er das an alle meine Unterthanen austheilen. Sollen man alle zu mir kommen, wer was zu klagen oder zu bitten hat.«

Ja Ihr Gnaden.[169]

Darinn ahmte der Junker dem Pabste nach, von dem ihm aus der Zeitung vorgelesen war, daß er um 4 Uhr jedermann vor sich ließe. Ihm dünkte dieß sehr gut für sein Land und Leute. Als ihm der Zettel gebracht und vorgelesen wurde, der sich mit den Worten anfieng: Seine Hochwohlgebornen Gnaden u.s.w. rief er: »Halt da! streicht das man aus, und setzt Exlens für hin. Das ist kürzer, und da ich in das Minnastückschen doch Graf war, kann das man mein Titel bleiben. Nicht wahr, Manister Ordinari, brauche mir da keinen Schrupel über zu machen?«

Ganz und gar nicht, Eu'r Excellenz.

Hier könnten wir für diesesmal unsre Nachrichten von dem ehrlichen Edelmanne im Pommerlande beschließen, und was mehr von ihm zu sagen ist, (das denn ein wenig mehr ins Große läuft, da Seine Excellenz bey aller Ihrer Großmuth und – Grillen bey weiten ihre Einkünfte nicht verzehrten, und, da der Ueberschuß sich sehr gehäufet hatte, denselben zum Ankauf mehrerer Güter verwendeten;) auf ein andres Büchlein versparen: aber der Orden, den er stiftete, scheint uns so merkwürdig, daß wir ihn nicht wollen verlohren gehen lassen, wenn wir ja vor Vollendung des andern Büchleins aus dieser Welt scheiden müßten; denn mit einem ältlichen und schwächlichen Autor ist es, wie mit jedem Menschen, oftmals bald gethan.

Wir machen hier zwar einen Sprung bis in die letzten Tage Seiner Excellenz, aber das ziehen wir uns dermalen gar nicht zu Gewissen, da wir in diesem unsern ersten Siegfriedbuche uns überall an die Chronologie nicht sehr gefesselt haben.

Der Edelmann hörte demnach kurz vor seinem Ende, da er schon so alt war, daß er mit dem Kopfe wackelte, daß ein doppelter Orden, ein silberner verguldeter, und ein bloßer silberner, mit[170] verhältnißmäßigen monatlichen Einkünften, für brave Soldaten gestiftet sey. Diese Idee gefiel ihm herzlich. Er künstelte mit seinem Konseil gar lange daran, sie nachzuahmen. Endlich erfand er für verdiente Leute einen lakirten und einen nicht lakirten Orden. Die Mitglieder des ersten hatten monatlich einen Tag frey Danziger und Knaster; und dir des zweyten, einen Tag frey Bier und Kardues.

Und hiermit rekommandiret sich Junker Siegfried von Lindenberg, bis aufs Wiedersehen, dem günstigen Leser zu geneigtem Andenken.

Quelle:
Johann Gottfried Müller: Siegfried von Lindenberg. Hamburg 1779, S. 169-171.
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Siegfried von Lindenberg. Komischer Roman