Fünf und zwanzigstes Kapitel.
Mein moralisches Kapitel.

[171] Predigen mag ich nicht gern. Es ist auch meines Amtes nicht. Aber in jedes Büchlein das ich schreib, mogte ich doch gern hie und da eine gute Lehre in ein und andern Winkel verstecken, und eine Decke von Filet davor hängen, daß, wer am Mittage ohne Licht sehen kann, was hinter dem Vorhang war, leicht finden konnte. So hab ich es auch in diesem Buche zu machen mich besten Vermögens bestrebet. Da diese Art aber manchen Leuten die durch ein bischen Filet nicht sehen können, nicht recht seyn muß, weil sie wo nicht Predigten, doch eine Hauptlehre worauf jedes Theil des Ganzen zielt, wie alle Radii eines Cirkels ins Centrum, verlangen, welche am Ende des letzten Kapitels ein bischen Handgreiflich angezeiget seyn soll: so muß ich diesen Leuten wohl in etwas zu Gefallen seyn, und eine mit dürren deutlichen Worten ausgedruckte Lehre hersetzen, obwohl sie aus meinem Buche in keine Wege herzuleiten ist, und weder jedes – noch überall ein einziges Kapitel auf dieselbe, wie der Radius auf das Centrum zielet.[171]

Diese meine Lehre lautet aber also:

Rauche nicht stracks auf die Mahlzeit Tobak, sonst ziehst du die Indigestionen zu.

Nun sage mir kein Mensch mehr, daß man aus meinen Schriften nichts lernen könne!

Quelle:
Johann Gottfried Müller: Siegfried von Lindenberg. Hamburg 1779, S. 171-172.
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Siegfried von Lindenberg. Komischer Roman